Weltwirtschaft

HeidelbergCement: Beteiligung an Israels Siedlungsbau

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Nach öffentlichem Druck will das Unternehmen Steinbrüche in der Westbank verkaufen

Von ADRI NIEUWHOF, 16. Juli 2009 –

HeidelbergCement, einer der weltweit größten Hersteller von Baumaterial, ist wegen seiner Aktivitäten in den besetzten Gebieten zum Ziel einer rechtlichen Aktion in Israel geworden. Die Tochtergesellschaft, Hanson Israel, stellt Transportbeton , Zuschlagstoffe und Asphalt für Israels Bauindustrie her und betreibt einen Steinbruch in der besetzten Westbank.

Im März hat die israelische Menschenrechtorganisation Yesh Din eine Petition beim israelischen Obersten Gericht eingereicht und einen Stopp der illegalen Aktivitäten in den Steinbrüchen, einschließlich des Hanson-Israel Nahal Raba Steinbruchs, in der Westbank gefordert. Die Anwälte, die Yesh Din vertreten, forderten das Gericht auf, „diesen eindeutig illegalen Aktivitäten ein Ende zu setzen, die eine deutliche und hässliche koloniale Ausbeutung des Landes, das wir an uns gerissen haben, darstellen.“

Yesh Dins Anwälte behaupten, dass diese Praxis an die Besatzungen in alten Zeiten erinnert, als es noch keine Kriegsgesetze gab und der Sieger das besetzte Land ausplünderte, seine Wirtschaft und Bewohner versklavte und die natürlichen Ressourcen der Besiegten ins eigene Land holte. Im Mai ordnete Israel ein Einfrieren der Erweiterung bei den von Israelis betriebenen Steinbrüchen und Kiesgruben in der Westbank an. Das Justizministerium bat das Gericht, die Anhörung um sechs Monate zu verschieben, um die rechtliche Position der Steinbrüche zu studieren. Zusätzlich zu ihren Steinbruch-Aktivitäten bei Nahal Raba berichtete die israelische Frauenkoalition für Frieden (Bat Shalom) auf der Website Who Profits from the Occupation ? (‚Wer profitiert von der Besatzung?’), dass Hanson zwei Beton-Werke in den Siedlungen Modiin Illit und Atarot und ein Asphalt-Werk südlich der Elkanasiedlung hat.

Vor fünf Jahren bestätigte der Internationale Gerichtshof in seiner offiziellen Entscheidung das Recht auf Selbstbestimmung des palästinensischen Volkes, dass Israel eine Besatzungsmacht in den palästinensischen Gebieten sei und die Illegalität des Siedlungsbaus, die den Bau von Industriegeländen in den Siedlungen einschließt.

Transnationale Gesellschaften wie HeidelbergCement werden vom Völkerrecht aufgefordert, sich den internationalen Regeln unterzuordnen, die von gemeinsamer Verantwortung und Achtung vor den Menschenrechten getragen werden.

2003 definierte die UN-Unterkommission zur Förderung und zum Schutz der Menschenrechte Normen zu den Verantwortlichkeiten transnationaler Körperschaften und anderer Geschäftsunternehmen in Bezug auf Menschenrechte. Die Normen sind innerhalb der allgemeinen Verpflichtung entworfen, dass Staaten als erstes die Verantwortung haben, dafür zu sorgen, dass die Menschenrechte nach dem internationalen und dem nationalen Gesetz respektiert und geschützt werden. Dies schließt auch transnationale Körperschaften und andere Geschäftsunternehmen ein und auch die Rechte und Interessen der einheimischen Bevölkerung und anderer verletzlicher Gruppen.

Hanson-Israels Beton- und Asphaltwerke in den besetzten Gebieten sind – genau wie die Siedlungen – konträr zum internationalen Recht. Israels Abbau von palästinensischen natürlichen Ressourcen, vor allem für den israelischen Markt, verletzt auch das internationale Recht. Durch Hanson-Israels Tätigkeiten in der besetzten Westbank ist HeidelbergCement an Israels Verletzungen des internationalen Rechts beteiligt und die Gesellschaft handelt gegen die Rechte und Interessen des einheimischen palästinensischen Volkes.

Die UN-Normen für transnationale Handelsgesellschaften sind eine zuverlässige Anleitung zu kooperativer sozialer Verantwortung. Institutionelle Investoren und Vermögensmanager bestehen in zunehmendem Maß auf gemeinsamer sozialer Verantwortung als Voraussetzung für anhaltende Investitionen. Da Staaten ihren Verpflichtungen nicht nachkommen, Israel für seine Verletzungen des Völkerrechts verantwortlich zu machen, kann wirtschaftlicher Druck als Mittel angewandt werden, um Firmen, die Israels Verletzungen des Völkerrechts unterstützen, zur Rechenschaft zu ziehen.

Z.B. hat Anfang 2008 die holländische ASN Bank von der irischen Baufirma Cement Roadstone Holding (CHR), einem Konkurrenten von HeidelbergCement, ihre Investitionen zurückgezogen. CHR besitzt 25% der israelischen Mashav-Gruppe, der Holdinggesellschaft für Nesher Cement. Nach Angaben der israelischen Koalition der Frauen für Frieden lieferte Nesher Zement für Israels Mauer, die Checkpoints und die illegalen Siedlungen in den besetzten Gebieten. Aktivisten in Irland forderten, dass CRH seine Aktivitäten einstellt, die Israels Besatzung begünstigen.

Die größer werdende globale Bewegung für Boykott, Rücknahme der Investitionen und Sanktionen gegenüber Israel hat den bedeutenden Investor, den Staatlichen Pensionsfonds Norwegens, unter Druck gesetzt, sich selbst von den Gesellschaften zu trennen, die von der israelischen Besatzung Palästinas profitieren. Im Mai sandten 20 israelische Organisationen einen Brief an den Pensionsfund und baten um Rücknahme der Investitionen an 15 Unternehmen, einschließlich der HeidelbergCement.

Nachdem eine anhaltende Kampagne folgte, die zu einem Ende der Komplizenschaft des französischen Transportgiganten Veolia mit Israels Verletzungen der palästinensischen Rechte aufrief, wurde im vergangenen Monat berichtet, dass die Gesellschaft plant, ihre Beteiligung an einem Strassenbahnprojekt in Jerusalem aufzugeben, das praktisch die illegale Situation von Israels Siedlungen normalisieren würde.

Obwohl Veolias Zentrale in Paris sich nicht dazu äußerte, sagte die Kommunikationsmanagerin der Gesellschaft in Schweden, Gunhild Sällvin, der schwedischen Nachrichten-Agentur TT am 14. Juni, dass die harte Kritik an Veolias Beteiligung am Projekt und der Verlust mehrerer größerer Kontrakte „wahrscheinlich einer der Gründe hinter der Entscheidung ist“, sich aus der Beteiligung zurückzuziehen.

So wie Veolia scheint HeidelbergCement zu versuchen, seine israelische Tochtergesellschaft zu verkaufen. Das israelische Geschäftsmagazin Globes berichtete im Mai, dass die Mashav-Gruppe und die Engelinvest-Gruppe Interesse gezeigt haben, Hanson Israel zu erwerben. Wenn Mashav Hanson kauft, kann die irische Firma CHR damit rechnen, unter wachsenden Druck gesetzt zu werden, um ihre Investitionen bei der Mashav-Gruppe zurückzuzienen. Sie wird dann wahrscheinlich ein ähnliches Ende finden wie die Veolia.

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Der Artikel erschien im Original am 13. Juli 2009 unter dem Titel HeidelbergCement tries to sell West Bank mines as legal, boycott pressures grow bei The Electronic Intifada

Übersetzung: Ellen Rohlfs, redaktionell überarbeitet von Hintergrund

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