Weltpolitik

Todesstrafe: Neue Hoffnung für Mumia Abu-Jamal

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Von THOMAS WAGNER, 20. Januar 2010 –

Der Oberste Gerichtshof der USA hat am Dienstag das gegen den 1982  verurteilten Bürgerrechtler  und Journalisten Mumia Abu-Jamal gefällte Todesurteil nicht bestätigt. Stattdessen verwies es den Fall an das  3. Bundesberufungsgericht in Philadelphia zurück. Dort soll geprüft werden, ob die Geschworenen ausreichend über die Berücksichtigung mildernder Umstände belehrt worden waren. Erst danach soll das Bundesgericht den Fall neu entscheiden.

Robert R. Bryan, Abu-Jamals Hauptverteidiger, erklärte am Mittwoch in einer ersten Stellungnahme gegenüber der Tageszeitung junge Welt: „Die Entscheidung ist nicht schlecht, weil wir Zeit gewonnen haben. Wir gehen einen Schritt zurück und verhandeln erneut über das Todesurteil vor einem unteren Gericht.“ Die Gefahr für Mumia Abu-Jamals Leben sei aber längst nicht gebannt, denn er sei nach wie vor zum Tode verurteilt und sitze im Todestrakt.

Annete Groth, die menschenrechtspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Deutschen Bundestag, sagte zu der Gerichtsentscheidung: „Das Urteil hat Mumia Abu-Jamal zwar Zeit verschafft, aber das Todesurteil nicht aufgehoben, obwohl die rassistischen Hintergründe und die massive Beeinflussung von Zeugen in dem Verfahren hinreichend bekannt sind.“ Weil Mumia Abu-Jamal weiterhin im Todestrakt um sein Leben kämpfen müsse, habe ihre  Fraktion mit dem  Antrag „Nein zur Todesstrafe in den USA – Hinrichtung von Mumia Abu-Jamal verhindern“ (Bundestags-Drucksache 17/236) eine Initiative gestartet, um dem Deutschen Bundestag die Möglichkeit zu geben, sein Nein zur Todesstrafe deutlich zum Ausdruck zu bringen. Darüber hinaus werde man in den nächsten Wochen Gespräche mit den anderen Fraktionen führen, um einen interfraktionellen Antrag einzubringen.

Im Jahr 1981 war der schwarze Radiomoderator und Aktivist Abu-Jamal während einer Polizeikontrolle von einer Polizeikugel schwer verletzt worden. Er sprang seinem Bruder bei, der von einem Polizisten misshandelt wurde. Es kam zu einem Schusswechsel, bei dem der Polizeibeamte tödlich getroffen wurde. Mehrere Zeugen hatte einen Unbekannten flüchten gesehen, der in den Schusswechsel verwickelt war. Abu-Jamal hatte sich selbst stets als unschuldig bezeichnet.

Gegen das kurz darauf verhängte Todesurteil wandten Menschenrechtsorganisationen schon damals ein, dass es in vielerlei Hinsicht den internationalen Mindeststandards zur Gewährleistung eines fairen Prozesses nicht entsprach. Außerdem wurden Vorwürfe laut, Geschworene und Justiz seien rassistisch voreingenommen gewesen.

Mittlerweile sitzt der heute 54 Jahre alte Journalist, der für die junge Welt eine wöchentliche Kolumne schreibt, seit 28 Jahren im Todestrakt. Von dort meldete er sich am 9. Januar 2010 per R-Gespräch auf der diesjährigen Rosa-Luxemburg-Konferenz in Berlin zu Wort und erzählte mehreren Tausend gebannt lauschenden Zuhörern, was es heißt, dort eingepfercht zu sein:

„Ich habe schon vor Jahren darüber geschrieben, dass es so ist, als würde man sein Leben in einem Schlafraum oder Badezimmer verbringen, sehr klein, vielleicht sechs Quadratmeter groß. Da hältst du dich 22 Stunden am Tag auf, denn zwei Stunden am Tag haben wir Hofgang, aber ich nenne das den „Käfig“, weil das mehr ein Käfig ist als ein Hof. Stellt euch also einfach vor, ihr seid 24 Stunden am Tag in einem Raum eingesperrt – und das über viele Jahre. Das ist die Situation, das ist die Realität. Du machst alles dort, essen, schlafen, lesen, singen, machst deine Gymnastik, eben alles, was ein Mensch so macht.“(1)

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Mumia Abu-Jamals Fall erregt bis zum heutigen Tag  große Aufmerksamkeit in der Weltöffentlichkeit. Er wurde zu einer Symbolfigur im Kampf gegen die Todesstrafe in den USA. In Paris ist sogar eine Straße nach ihm benannt worden. Erst am Montag richteten mehr als 7000 Unterzeichner einer Petition einen Appell zur Rettung Abu-Jamals an den US-Präsidenten Barack Obama. Zu den Unterzeichnern gehören auch prominente Intellektuelle wie der Schriftsteller Günter Grass sowie  Danielle Mitterrand, die Witwe des früheren französischen Präsidenten François Mitterrand.

(1) http://www.jungewelt.de/2010/01-15/031.php?sstr=mumia

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