Sieg ohne Jubel
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Sozialisten gewinnen Kommunalwahlen in Venezuela –
Von REDAKTION, 09. Dezember 2013 –
Begleitet von starken Sicherheitsvorkehrungen haben die Venezolaner am Sonntag in den Regionen Bürgermeister und Stadtverordnete gewählt. Obwohl es sich um eine Kommunalwahl handelte, wurde das Votum im Vorfeld allenthalben als Stimmungstest für den neuen Staatschef Nicolás Maduro gewertet. Der 51-jährige Sozialist hatte nach dem Tod seines Vorgängers Hugo Chávez die Präsidentschaftswahl im April äußerst knapp mit eineinhalb Prozentpunkten vor dem Oppositionspolitiker Henrique Capriles Radonski gewonnen, der das Ergebnis nach wie vor nicht anerkennen will.
Die Kommunalwahl war das erste offizielle Kräftemessen zwischen den beiden Lagern seit der Präsidentschaftswahl. Die Opposition hatte sich erhofft, am Sonntag die Mehrheit der regierenden PSUV (Vereinigte Sozialistische Partei Venezuelas) zu brechen. Das ist ihr nicht gelungen. Im Gegenteil fiel der Abstand zwischen dem Oppositionsbündnis und der Regierung wesentlich deutlicher aus als noch im April.
Laut Angaben des Nationalen Wahlbüros errangen die Sozialisten knapp fünfzig Prozent der Stimmen, während das Oppositionsbündnis Mesa de la Unidad Democrática (MUD) 43 Prozent der Wählerstimmen auf sich vereinigen konnte.
Demnach stellt die PSUV in mindestens 196 von insgesamt 335 Gemeinden den Bürgermeister, die MUD gewann in mindestens 53. Die restlichen Wahlbezirke waren beim gegenwärtigen Stand noch nicht ausgezählt. Anders als noch nach der Wiederwahl von Hugo Chávez im Oktober 2012 blieben Jubelfeiern des Regierungslagers trotz des deutlichen Vorsprungs nach der Kommunalwahl aber aus.
Denn der Wahlsieg birgt für die Sozialistische Partei einen bitteren Beigeschmack: Ihr ist es nicht gelungen, der Opposition die beiden größten Städte des Landes, Caracas und Maracaibo, zu entreißen. Obwohl sie dort prominente Personen des öffentlichen Lebens als Kandidaten ins Rennen schickte, gelang es ihr nicht, in traditionell der Opposition nahestehenden Wählerviertel einzudringen. In vier der fünf größten Städte des Landes unterlag sie den Kandidaten der Rechten.
„Ökonomischer Krieg“
Dennoch dürfte die Enttäuschung auf Seiten der Herausforderer Maduros schwerer wiegen. Die Hoffnungen der Opposition auf einen Wahlsieg gründeten vor allem auf der wachsenden Unzufriedenheit der Bevölkerung aufgrund der schlechten Wirtschaftslage. Die Inflation galoppiert bei vierzig bis fünfzig Prozent, immer wieder kommt es zu Engpässen bei Grundnahrungsmitteln und damit verbundenen Hamsterkäufen sowie zu Stromausfällen.
Die Regierung macht Unternehmer, die der Opposition nahestehen, für die Misere verantwortlich und bezichtigt sie der Sabotage. Sie würden durch das Horten oder Aufkaufen von Waren für Engpässe sorgen, und mittels Preisspekulation die Inflation in die Höhe treiben. Präsident Maduro spricht von einem „ökonomischen Krieg“, den die Opposition gegen das Land und seine Regierung führe. Auch in mehreren großflächigen Stromausfällen, die unter anderem die Hauptstadt Caracas erfassten und für stundenlanges Chaos sorgten, sehen die regierenden Sozialisten Akte der Sabotage.
Erst vor einer Woche sorgte ein laut Energieminister Jesse Chacón „seltsamer Stromausfall“ für stundenlange Unterbrechungen der Energieversorgung. Laut Chacón seien durchtrennte Stromleitungen in einem Schlüsselbereich des Verteilernetzes entdeckt worden. (1) Präsident Maduro sprach bereits im September von einem „elektrischen Putsch“ seitens der extremen Rechten.
Um den schwindelerregenden Preissteigerungen und den Versorgungs-Engpässen Einhalt gebieten zu können, wurde Maduro vergangenen Monat mit knapper Billigung des Parlaments für ein Jahr mit Sondervollmachten ausgestattet, die es ihm gestatten, Dekrete mit Gesetzeskraft ohne Parlamentsbeteiligung zu erlassen. Als eine der ersten Maßnahmen wurden die Preise für bestimmte Warengruppen festgesetzt. Händler, die darüber verkaufen wollen, machen sich strafbar. Infolge des Dekretes besetzten Soldaten die Elektronikkette „Daka“ und ordneten den Verkauf der Güter zu „gerechten Preisen“ an. Tausende Venezolaner machten von dem Angebot spontan gebrauch. Die Vorwürfe der Opposition, die PSUV wolle sich damit Zustimmung bei den Wählern erkaufen, kam nicht überraschend – der Vorwurf wird stets und ständig erhoben, sobald die Regierung Maßnahmen einleitet, die nicht den Profitinteressen einer kleinen Minderheit von Besitzenden dienen.
Dennoch müssen sich die regierenden Sozialisten den Vorwurf gefallen lassen, dass diese Maßnahmen an einer nachhaltigen Problemlösung vorbeigehen und nur kurzfristig für Erleichterung unter den von der Inflation gebeutelten Venezolanern sorgen.
Neben der wohl auch von oppositionellen Kräften beförderten Wirtschaftsmisere bereitet der linken Regierung vor allem diejenige Fraktion unter ihren Widersachern Kopfzerbrechen, die auf einen gewaltigen Umsturz setzt – und über beste Kontakte in die Machtetagen der USA verfügt.
Bereits seit dem Machtantritt von Hugo Chavez 1998 bastelt die extreme Rechte an Umsturzszenarien, die der Logik der Strategie der Spannung folgen. Dazu zählen vornehmlich der missglückte Militärputsch im April 2002 und der Ölstreik im Dezember desselben Jahres. Zudem wurden diverse in ihren Reihen geschmiedete Attentatspläne vereitelt. Darunter die „Operation Daktari“ im Jahr 2004, bei der vierhundert Paramilitärs aus Kolumbien nach Venezuela eingeschleust werden sollten, um Mordanschläge auf führende Repräsentanten des Staates durchzuführen. (2)
Im August dieses Jahres sprach Innenminister Miguel Rodríguez Torres von „umfangreichen Beweisen“, dass ein Attentat auf Maduro nach dessen Amtsantritt geplant war. (3)
Traditionell schreckt das als verlängerter Arm Washingtons agierende rechte Spektrum Venezuelas nicht vor der Anwendung von Gewalt zurück. Auch der derzeitige Oppositionsführer Henrique Capriles hat bereits seinen geringen Respekt vor den demokratischen Entscheidungen der Bevölkerung tatkräftig unter Beweis gestellt, als war er während des Putschs 2002 an der Entführung des Innen- und Justizministers Ramon Rodriguez Chacin und der Plünderung seines Hauses beteiligt war. (4) Seine knappe Niederlage bei der Präsidentschaftswahl im April dieses Jahres nutzte Capriles, um unter der Behauptung eines Wahlbetrugs die Spannung im Land zu schüren. Der Oppositionsführer arbeitet eng mit der US-Botschaft zusammen, sein Wahlkampf wird mit Millionenbeträgen von Einrichtungen finanziert, die der US-Regierung nahe stehen. (5)
Vor der Kommunalwahl erklärte Capriles, „wenn die Regierung am 8. Dezember gewinnt, wird sich das Chaos, das wir erleben, noch verschärfen“ – aus seinem Mund klingt es eher nach einer Drohung als nach einer Vorhersage.
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Anmerkungen
(1) http://amerika21.de/2013/12/95104/stromausfall-sabotage
(2) http://www.jungewelt.de/2013/08-02/032.php
(3) ebd.
(4) http://www.hintergrund.de/201210132278/politik/politik-eu/wer-ist-capriles-radonski.html
(5) ebd.