Russland erweitert seinen Einfluss mit neuer Zollunion
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Von REDAKTION, 6. Juli 2010 –
Nach zähen Verhandlungen haben Russland und die zentralasiatische Republik Kasachstan sowie Weißrussland den Start einer neuen Zollunion vereinbart. Am Montag unterzeichneten die Präsidenten der drei Länder in der kasachischen Hauptstadt Astana den noch ausstehenden Vertrag über ein Zollgesetzbuch. Die Zollunion tritt heute in Kraft. Das russische Staatsfernsehen übertrug die Zeremonie direkt und unterstreicht damit die Bedeutung des Vertrags. Fast 20 Jahre nach dem Zerfall der UdSSR gilt das Dreier-Bündnis als Teil der Strategie Moskaus, frühere Sowjetrepubliken wieder enger an sich zu binden.
Ein jüngst beigelegter heftiger Streit über offene Gasrechnungen zwischen der weißrussischen Regierung und dem russischen Konzern Gazprom hatte zu einer Verzögerung der Ratifizierung des Vertrags geführt. In der neuen Zollunion, in der insgesamt 160 Millionen Menschen leben, sollen nach Vorbild der Europäischen Union schrittweise Handelsbarrieren zwischen den Mitglieds-Staaten abgebaut werden. „Wir laden weitere Länder zum Beitritt ein“, sagte Kremlchef Dmitri Medwedew in Astana. Interesse an einem Beitritt signalisierten die Staatsoberhäupter der zentralasiatischen Republiken Kirgistan und Tadschikistan, die in Kasachstan am Gipfel der eurasischen Wirtschaftsunion teilnahmen.
Weißrussland hält aber weiter an seiner Forderung fest, alle Exportzölle zwischen den drei Ländern sofort zu streichen. „Russland und Kasachstan gehen dagegen davon aus, dass diese Zölle erst mit der Schaffung eines einheitlichen Wirtschaftsraums spätestens 2012 wegfallen“, so Russlands Vizeregierungschef Igor Schuwalow in Astana. Die Welthandelsorganisation WTO fürchtet, dass sich mit der Zollunion der seit Jahren geplante Beitritt Russlands zu dem Bündnis weiter verzögern könnte. Russland, Kasachstan und Weißrussland hatten zwar 2009 beschlossen, jeweils getrennt mit der WTO zu verhandeln. Die drei Länder wollen ihre Position aber eng miteinander abstimmen.
In den USA dürfte man die Zollunion mit Sorge betrachten, schließlich steht sie der von Washington seit dem Fall der UdSSR verfolgten Politik im Weg, Russland von den ehemaligen Sowjetrepubliken zu isolieren und diese wirtschaftlich und militärisch in westliche Bündnisse zu integrieren. Während die Zollunion zwischen Russland, Weißrussland und Kasachstan die Integration dieser Länder beschleunigen wird, ist die Integration ehemaliger Sowjetrepubliken in westliche Bündnisse ins Stocken geraten. Es dürfte kein Zufall sein, dass ausgerechnet jetzt US-Außenministerin Clinton in vier ehemaligen Sowjetrepubliken sowie in Polen Station machte. Dort unterzeichnete sie ein Abkommen über die Stationierung eines „Raketenabwehrsystem“, welches – unter dem Vorwand, die atomare Bedrohung aus dem Iran abzuwehren – ganz offensichtlich gegen Russland gerichtet und der Strategie geschuldet ist, nukleare Erstschlagkapazität zu erlangen.(1)
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Neben Aserbaidschan und Armenien besuchte Clinton auch die Ukraine, welche sich nach der Wahl von Janukowitsch im Februar dieses Jahres gegen einen NATO-Beitritt ausgesprochen und sich Russland wieder angenähert hat. Clinton bemühte sich um Schadensbegrenzung und sprach davon, dass die Tür zur NATO weiter offen stehe und forderte die Ukraine zu einer „gleichgewichtigen“ Politik gegenüber den USA und Russland auf. Zuletzt machte Clinton halt in Georgien. Dort gab sie Georgiens Präsident Saakaschwili Rückendeckung für dessen aggressive Politik gegenüber Russland und den abtrünnigen Republiken Abchasien und Südossestien. Clinton forderte Russland auf, sein Militär aus Südossestien und Abchasien abzuziehen. Russland kam den abtrünnigen Republiken zu Hilfe, nachdem Georgien im August 2008 mit Rückendeckung der USA ohne Vorwarnung mitten in der Nacht Südossestien überfiel. Mit Unterstützung der USA und der EU weigert sich Saakaschwili seitdem, Gewaltverzichtsabkommen mit den beiden Republiken abzuschließen. Doch Saakaschwilis Drängen nach militärischer Wiederaufrüstung kam man in Washington bisher nicht nach. Dort fürchtet man offenbar, dass der Heißsporn Saakaschwili militärische Abenteuer unternehmen könnte, die letztlich Russlands Position in der geostrategisch wichtigen Region stärken könnte, wie es nach dem Überfall auf Südossestien im August 2008 der Fall war.
(1) Siehe dazu: http://www.linksnet.de/de/artikel/20577