Weltpolitik

Netanjahus Agenda

Hinweis: Die Bilder sind aus den archivierten Hintergrund-Texten vor 2022 automatisch entfernt worden.

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Ein Kommentar von MOSHÉ MACHOVER, London, 15. November 2012 –

Israels Operation „Rauchsäule“ auf dem Gaza-Streifen weist verblüffende Parallelen zu dem „Cast Lead“-Massaker im Dezember 2008/Januar 2009 auf. Beide Angriffe wurden kurz vor Parlamentswahlen gestartet. Im Februar 2009 erhielt Kadima, die führende Partei in der Regierungskoalition, die „Cast Lead“ angeordnet hatte, die Mehrheit der Parlamentssitze, war aber nicht fähig, eine Koalition zu schmieden – das hatte die Bildung der gegenwärtigen Regierung zur Folge, die von Netanjahu und seiner Likud-Partei angeführt wird. Nun scheint Netanjahu das Prozedere zu wiederholen, in der Hoffnung, seine Ausgangspositionen für die Neuwahlen im Januar zu verbessern.

Der Mathematiker, Philosoph und politische Aktivist Moshé Machover kommentiert für Hintergrund die Eskalation des Gaza-Konfliktes. Machover lehrte als Professor sowohl an israelischen als auch an britischen Universitäten.

Ebenso gingen beiden Angriffen eine Serie von unauffälligen israelischen Provokationen voran, wie die Erschießung von einem palästinensischen Teenager beim Fußballspielen, der in die Reichweite eines IDF-Scharfschützen geraten war, oder das Versenken eines Fischerbootes vor der Küste Gazas. Diese sorgfältig kalibrierten Zwischenfälle finden außerhalb des Gesichtsfeldes der israelischen und westlichen Medien statt, aber eine ausreichende Menge davon führen irgendwann zu Vergeltung in Form von ungezielten Raketen-Abschüssen – blindlings aus Gaza nach Israel. Darüber wird dann weithin berichtet, und das ermöglicht es Israel, für sich in Anspruch zu nehmen, seine massiven Angriffe seien Vergeltung – anstatt andersherum.

In beiden Fällen hat Israel ein Waffenstillstandsabkommen verletzt, das von Ägypten vermittelt worden ist. Diesmal wurde die Waffenruhe, die am Montag vereinbart worden war, durch das Attentat auf den Hamas-Militärchef Ahmed al- Dschabari gebrochen. Es wurde konzipiert, um die Spirale des Todes in Gang zu setzen, und ihm folgte eine heftige Bombardierung, die noch anhält, während ich diese Zeilen schreibe.

Aber die arabische Welt hat sich seit 2009 radikal verändert; sie ist viel explosiver geworden und viel weniger berechenbar. Das heißt, dass das lokal begrenzte Feuer sich zu einem regionalen Flächenbrand ausbreiten kann. Auch das kann Netanjahus verdeckter Agenda dienen: Ein langwieriger regionaler Krieg bildet den Nebelschleier für eine breit angelegte ethnische Säuberung gegen die Palästinenser in den seit 1967 besetzten Gebieten. Das ist ein langfristig angelegter Plan, der von allen nennenswerten zionistischen Parteien unterstützt wird. Er wurde entwickelt, um den zionistischen Widerspruch zu lösen: Dem hartnäckigen Widerstand gegen die Gründung eines souveränen palästinensischen Staates – wie klein auch immer und in welchem Teil Palästinas von vor 1948 auch immer – auf der einen Seite und auf der anderen Seite der größeren „demographischen Gefahr“, der Entstehung einer arabischen Mehrheit in ihrem Land, die sie abwenden wollen. Er wird zu einer „Ein-Staat-Lösung“ in zionistischem Stil führen: Ganz Palästina wird in ein Großisrael mit einer vorherrschenden jüdischen Mehrheit umgewandelt.  

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Moshé Machover
ist ein israelischer Sozialist und Gründungsmitglied der antizionistischen Organisation Matzpen. Kürzlich ist eine Sammlung seiner Essays unter dem Titel Israelis and Palestinians: Conflict and Resolution bei Haymarket Books erschienen.

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