Weltpolitik

Jewish Claim Conference: Holocaust-Entschädigungsfond um Millionen betrogen

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Von REDAKTION, 10. November 2010 –

In den USA ist ein Millionenbetrug mit deutschen Holocaust- Entschädigungen aufgedeckt worden. Mit Hilfe von Mitarbeitern der Jewish Claim Conference (JCC) sollen mindestens 42 Millionen Dollar ergaunert worden sein. Selbst die Ermittler sind fassungslos.

Auf den ersten Blick schien alles ganz einfach: Die Betrüger schalteten Anzeigen in russischsprachigen Zeitungen in den USA. Meist waren es Juden aus Osteuropa, die sich daraufhin meldeten. In ihrem Namen stellten die Betrüger Anträge auf deutsche Entschädigungszahlungen für Holocaust-Opfer. Wurde ein Antrag bewilligt, so wurde der ausgezahlte Betrag geteilt. Im Zentrum des Skandals stehen keine gewöhnlichen Kriminellen, sondern Mitarbeiter der hoch angesehenen New Yorker Jewish Claim Conference.

In New York wurden am Dienstag 17 Tatverdächtige des Betrugs angeklagt – darunter sechs Angestellte der gemeinnützigen „Conference on Jewish Material Claims Against Germany“, wie die New York Times meldete. Die renommierte Organisation hilft jüdischen Opfern des Nazi-Regimes seit Jahrzehnten, Anträge auf Hilfsgelder zu stellen. Über 16 Jahre hinweg sollen die Angeklagten mit falschen Ausweisdokumenten und frisierten Akten 42 Millionen Dollar (rund 30,5 Mio Euro) an Entschädigungen erschlichen haben.

Mehr als 5500 gefälschte Anträge sollen nach Informationen des Fernsehsenders MSNBC bei zwei Entschädigungsfonds gestellt und bewilligt worden sein. Die Rechnung klingt zynisch: Wer vorgab, im Ghetto gelebt zu haben oder mindestens 18 Monate in einem Arbeits- oder Konzentrationslager der Nazis gesessen zu haben, konnte mit einer monatlichen Zahlung von 411 Dollar (300 Euro) rechnen.

Die vermeintlichen Opfer rekrutierten die Betrüger nach Medienberichten in Brighton Beach in Brooklyn – auch bekannt als „Little Odessa“. Die Claims Conference hat offensichtlich noch keinen Überblick, wie groß der Betrug tatsächlich war: „Manche der älteren Empfänger hatten keinen Anspruch auf die Gelder, obwohl sie sicherlich während des Krieges gelitten haben. Wir versuchen das in Ordnung zu bringen“, sagte Greg Schneider, Geschäftsführer der Claims Conference.

Vier der Angeklagten haben sich nach MSNBC-Angaben schon schuldig bekannt. Alle 17 Tatverdächtigen werden wegen „Betrugs unter Nutzung des Postdienstes“ angeklagt, einige wegen Falschaussage und Geldwäsche. „Jeder der Angeklagten spielte eine Rolle bei der Erschaffung, Stellung und Abwicklung der betrügerischen Anträge – und bei der Teilung der Beute“, teilte die leitende FBI-Ermittlerin Janice Fedarcyk mit.

„Wenn es irgendeine Institution gab, von der man annahm und hoffte, dass sie immun gegenüber Habgier und Betrug sein würde, dann war das die Claims Conference, die jeden Tag tausenden armen und älteren Opfern der Naziverfolgung half. Traurigerweise ist diese Opfer-Organisation jetzt selber ein Opfer von Betrügern geworden“, sagte Staatsanwalt Preet Bharara. Aufgeflogen war der Betrug, weil Angestellten der „Claims Conference“ die Lebensgeschichte mehrerer Antragsteller zu ähnlich erschien. (1)

Norman Finkelstein hatte Veruntreuungen von Geldern durch die JCC schon lange angemahnt

Als der US-amerikanische Politologe Norman Finkelstein, selbst Sohn von Holocaustüberlebenden, bereits in seinem im Jahr 2000 erschienenen Buch Die Holocaustindustrie die Veruntreuung von Opfergeldern durch die Jewish Claim Conference in Millionenhöhe thematisierte, reagierten sowohl die JCC als auch westliche Historiker und Politiker empört und warfen Finkelstein Rechtsextremismus und Antisemitismus vor. So entgegnete Karl Brozik, damaliger Direktor der JCC Frankfurt, auf Finkelsteins Vorwürfe unter anderem: Für Individualentschädigungen bestimmte Gelder seien von der JCC zu keinem Zeitpunkt zweckentfremdet worden und die Zahlen der überlebenden Zwangsarbeiter von etwa 135.000 beruhten auf den zuverlässigsten und besten verfügbaren Quellen.

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Vor dem Hintergrund der nun zutage getretenen Veruntreuungen in Millionenhöhe, die möglicherweise nur die Spitze des Eisberges darstellen, wird die Kritik an dem US-Wissenschaftler bei der in den letzten Jahren mehr als hitzig geführten „Finkelstein-Debatte“ immer fadenscheiniger.


(1) dpa – 10.11.2010

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