Weltpolitik

Israels Wohnungsbauminister fordert jüdische Übernahme der Palästinenser-Gebiete

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Von JONATHAN COOK, 20. Juli 2009 –

Vergangene Woche, als er seine Pläne offenlegte, fundamentalistische Juden in großer Zahl im Norden Israels anzusiedeln, um die, wie er sagte, "arabische Übernahme" der Region zu verhindern, forderte der israelische Wohnungsminister Ariel Atias eine strikte Trennung zwischen den jüdischen und den arabischen Bevölkerungsteilen des Landes.

Atias erklärte, er betrachte es als "nationale Aufgabe", ultra-orthodoxe Juden – oder Haredim -, erkennbar an der förmlichen schwarzen und weißen Kleidung – auf arabischem Gebiet anzusiedeln, und kündigte seine Pläne an, darüber hinaus die erste allein von Haredim bewohnte Stadt des Nordens zu gründen. Die neue Siedlungsinitiative verfolgt laut Atias den Zweck, in der Vergangenheit gescheiterte Versuche des Staates wieder aufzunehmen, den hauptsächlich von Arabern bewohnten Norden des Landes zu "judaifizieren" bzw. dort eine jüdische Mehrheit zu schaffen.

Analysten halten die Ankündigung für ein beunruhigendes Anzeichen dafür, dass die Haredim, die dem Zionismus aufgrund ihrer strikten Bibel-Auslegung traditionellerweise eigentlich ablehnend gegenüberstehen, sowohl in Israel als auch in den besetzten palästinensischen Territorien zügig für das Judaifizierungsprogramm gewonnen werden können. Atias, von der ultra-orthodoxen Shas-Partei, zieht damit ein Modell heran, das in den letzten zehn Jahren bereits in der Westbank mit Erfolg entwickelt wurde, indem man die Haredim – die Gruppe mit der höchsten Geburtenrate in Israel – darin unterstützte, sich in separaten Siedlungen niederzulassen, die sich rasch in große Teile palästinensischen Territoriums hineingefressen haben.

Einige Bürgermeister von Städten im Norden Israels haben sich mit der Bitte an Atias gewandt, er möge ihnen helfen, den jüdischen Charakter ihrer Gemeinden in ähnlicher Weise zu "retten" und Haredim zu rekrutieren, damit die Zahl der Juden im Norden steigt.

Atias stellte seine neue Kampagne am Donnerstag vor, als er auf einer Konferenz der israelischen Anwaltsvereinigung in Tel Aviv zum Thema Landreformpläne das Wort ergriff. Er teilte den Delegierten mit: "Es mag gegen unser Mitgefühl verstoßen, aber ich bin der Meinung, dass es unpassend (für Juden und Araber) ist, zusammenzuleben." Priorität habe für ihn, setzte er hinzu, die "Ausbreitung" der arabischen Bürger zu verhindern, die ein Fünftel der Bevölkerung des Landes ausmachen und sich zum großen Teil auf ihre überfüllten Gemeinden in zwei nördlichen Regionen, Galiläa und Wadi Ara, beschränken müssen. Mit Bezug auf Galiläa, wo die arabischen Bürger die knappe Mehrheit der Bevölkerung stellen, erklärte er: "Wenn wir so weitermachen wie bisher, dann werden wir Galiläa verlieren. Dort breiten sich Bevölkerungsgruppen aus, die sich nicht vermischen sollten." Atias eröffnete zudem, dass ihn Bürgermeister mehrerer Städte des Nordens, in denen arabische Bürger damit begonnen haben, in jüdische Nachbarschaften zu ziehen, gefragt hätten, wie sie ihre Städte "retten" können.

Einer von ihnen, Shimon Lankry, der Bürgermeister des Ortes Acre, in dem es letztes Jahr zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen den Volksgruppen gekommen ist, hat sich noch in der vergangenen Woche mit dem Minister getroffen. "Er forderte mich auf: ‘Bring mir eine Fuhre Haredim, und wir werden die Stadt retten’", berichtete Atias. "Er erzählte mir, dass Araber in jüdischen Häusern leben und sie (die Juden) zahlenmäßig verdrängen." Die Haredim haben eine Geburtenrate – geschätzt auf acht Kinder pro Frau -, die doppelt so hoch ist wie die der muslimischen Bevölkerung und werden in wachsendem Maße als nützliche demographische Waffe betrachtet, die Erosion der jüdisch-israelischen Mehrheit zu stoppen.

Atias Bemerkungen zogen unverzüglich eine Verurteilung von seiten der arabisch-israelischen Abgeordneten nach sich. Mohammad Barakeh, der Vorsitzende der Kommunistischen Partei, äußerte gegenüber der populären israelischen Website Ynet: "Rassismus breitet sich in der gesamten Regierung aus, und Minister Atias bringt dies nur von neuem zum Ausdruck." Das von Atias vorgeschlagene Schlüsselprojekt sieht die Entwicklung einer riesigen Haredi-Stadt mit 20.000 Wohnhäusern vor, mit Basis in einer bereits existierenden kleinen Gemeinde in Harish im Wadi Ara, einem Gebiet in der Nähe der Westbank. Harish wurde in den frühen 1990er Jahren vom damaligen Wohnungsminister Ariel Sharon als Teil einer umfassenden Siedlungskampagne in Israel und in den besetzten palästinensischen Gebieten gegründet.

Harish und ein Dutzend Gemeinden, die als "Nullpunkte" bekannt sind, wurden mit dem Ziel auf der Grünen Linie – der Grenze zwischen Israel und der West Bank von vor 1967 – gebaut, um ihre politische Bedeutung zu schmälern. Die meisten dieser Gemeinden lagen jedoch in dichtbesiedelten arabischen Gebieten und waren für Israelis nicht attraktiv. Bis vor kurzem hat die Siedler-Population es abgelehnt, sich in Israel anzusiedeln, und es zog sie entweder auf palästinensisches Gebiet in der Nähe von Jerusalem oder in Siedlungsposten tief in der Westbank.

Cesar Yehudkin von Bimkom, einer Gruppe israelischer Stadtplaner, die den Planungen der Regierung kritisch gegenübersteht, erklärte, das Ziel von Harish sei es, einen großen Landstrich im Wadi Ara zu besetzen, um das "natürliche Wachstum" arabischer Orte zu verhindern. "Harish ist eine attraktive Option für eine schnelle Entwicklung, denn die Infrastruktur für eine große Stadt ist bereits vorhanden", erläuterte er. Atias erzählte der israelischen Anwaltsvereinigung, Harish sei eine wichtige Möglichkeit, die "illegale arabische Ausbreitung" zu stoppen, und die Haredin seien "die einzigen", die bereit seien, dort zu leben."

Die israelischen Medien deckten vor zwei Wochen ähnliche Pläne von Shimon Gapso auf, dem Bürgermeister von Ober-Nazareth, einer jüdischen Stadt, die vor 50 Jahren in der Region Galiläa gegründet wurde, um das Wachstum der arabischen Nachbarstadt Nazareth zu begrenzen. Er kündigte an, dass im kommenden Jahr 3.000 Häuser für die Haredim gebaut werden, um die jüdische Dominanz in der Stadt zu stärken, die einen stetigen Zuzug von Arabern aus Nazareth und den umgebenden Dörfern erlebt hat, die dringend einen Platz zum Leben suchten. Nach den strengen Planungsvorschriften für arabische Gemeinden dürfen Araber nur an wenigen Plätzen legal bauen, und Überprüfungskomitees sorgen dafür, dass sie von Hunderten jüdischen ländlichen Gemeinden ferngehalten werden, sagte Yehudkin.

Gapso, der der Yisrael-Beiteinu-Partei des Außenministers Avigdor Lieberman nahesteht, hat sich über die "demographische Bedrohung", die Araber darstellen, die nach Ober-Nazareth ziehen, beklagt. Kürzlich unterbreitete er den isaelischen Medien: "Als ein Mann Großisraels halte ich es für wichtiger, Galiläa zu besiedeln als Judäa und Samaria (die Westbank)… Ich bitte die Siedler inständig, hierherzukommen. Mit Rückendeckung von Eli Yishai, dem Innenminister und Shas-Vorsitzenden, haben sich rund 600 ultra-orthodoxe Familien bereits verbindlich verpflichtet, in der neuen Nachbarschaft Ober-Nazareth zu leben.

Im Rahmen einer ähnlichen Judaisierungskampagne kündigte die Organisation Nefesh B’Nefesh, die jüdische Migranten nach Israel bringt, im Dezember ein Programm an, das neuen Immigranten finanzielle Anreize bietet, sich in Nordisrael anzusiedeln.


Der Artikel erschien im Original bei The Electronic Intifada unter dem Titel Minister calls for Jewish takeover of Palestinian areas in Israel am 6. Juli 2009.

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Der Autor: Jonathan Cook ist ein britischer Schriftsteller und Journalist. Er lebt in Nazareth, Palästina / Israel, wo er die Nazareth Presse-Agentur (Nazareth Press Agency) gründete.

Übersetzung: Ellen Rohlfs

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