Iran sucht Verhandlungslösung im Atomkonflikt
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Britischer Experte hält Kompromiss für möglich –
Von REDAKTION, 11. April 2012 –
Im Vorfeld der internationalen Atomgespräche am kommenden Wochenende in Istanbul hat die iranische Führung Kompromissbereitschaft signalisiert. „Wir haben neue Initiativen und hoffen auf eine konstruktive Haltung der anderen Seite“, sagte Irans Chefunterhändler, Said Dschalili, am Mittwoch im Staatsfernsehen. An der an diesem Samstag beginnenden Gesprächsrunde nehmen der Iran sowie die fünf Veto-Mächte des UN-Sicherheitsrates – USA, Russland, Frankreich, Großbritannien und China – sowie Deutschland teil.
Der britische Iran-Experte Shashank Joshi hält schon die Tatsache, dass der Iran überhaupt an den Verhandlungstisch zurückkehrt, für ein deutliches Entgegenkommen. Das sagte der Wissenschaftler vom Londoner Institut für Verteidigungs- und Sicherheitsstudien RUSI im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa. Außerdem hätten die USA die Bereitschaft signalisiert, dem Iran eine begrenzte nukleare Option zuzugestehen. Dies könne im Ergebnis bedeuten, dass der Iran weiterhin Uran anreichern darf, auf einen Anreicherungsgrad von 20 Prozent und auf mehr aber verzichtet. Für den Bau von Atomwaffen wären 80 Prozent notwendig.
„Ich glaube, mittelfristig ist eine Lösung möglich“, sagte Joshi. Diese könnte so aussehen, dass die iranische Urananreicherungsanlage in Ghom aktiv bleibt. Dafür könnte sich der Iran bereiterklären, das Lagern von auf 20 Prozent angereichertem Uran aufzugeben. Zudem könnte der Iran einen Teil des bereits existierenden Materials außer Landes schaffen. So eine Übereinkunft wäre nicht nur im iranischen, sondern auch im Interesse des Westens, vor allem der USA.
Der Sicherheitsexperte meinte, wenn die USA einem Kompromiss zustimmten, der auch von den anderen fünf beteiligten Ländern bei den Sechser-Gesprächen getragen werde, könne Israel den Kompromiss nur schwer zerstören. „Wie zornig Netanjahu auch immer über eine Einigung sein mag, die nicht die komplette Aufgabe der Anreicherung im Iran vorsieht – er hat dann keine Wahl.“ Netanjahu versuche, den US-Präisdenten in die Ecke zu stellen, sagte er weiter: „Aber Obama hat durchaus Möglichkeiten, zurückzuschlagen.“ Falls die Gespräche jedoch vollkommen scheitern würden, sieht Joshi die Wahrscheinlichkeit eines israelischen Angriffs auf den Iran signifikant steigen.
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Unterdessen hat sich die SPD dafür ausgesprochen, die Türkei als weiteres förmliches Mitglied in den Verhandlungskreis über das iranische Atomprogramm aufzunehmen. „Die Bundesregierung sollte sich hier einen Ruck geben und eigenes Statusdenken zurückstellen“, sagte der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rolf Mützenich, der dpa. Eine solche Aufwertung der Türkei werde dem wachsenden Einfluss Ankaras gerecht und könne die Abstimmung aller Akteure erleichtern.
Mützenich verwies darauf, dass sowohl die USA als auch der religiöse Führer Irans die Regierung in Ankara mehr und mehr in den Verhandlungsprozess einbezogen hätten. Gleichzeitig habe die Türkei als Nachbar Irans großes Interesse an einem Erfolg. „Die auch förmliche Einbindung der Türkei in die Verhandlungen könnte daher manches erleichtern und Irritationen so klein wie möglich halten“, zeigte sich der SPD-Außenpolitiker überzeugt.