Deutschland und die NATO bei Kriegsplanung ertappt
Haben sich deutsche Luftwaffengeneräle strafbar gemacht, als sie am Telefon über einen Angriff auf russische Ziele sprachen? Als sie überlegten, wie man die deutsche Beteiligung daran verschleiern könnte? In Deutschland wird die Debatte bestimmt vom neuerlichen Vergehen Russlands, seine Feinde auszuspionieren. Dahinter stehen jedoch weitaus brisantere Fragen.
Die deutsche Militärführung mag sich bei ihren internen Gesprächen über Einsatzpläne gegen Russland dumm angestellt haben. Die Sicherheit ihrer Kommunikationstechnik ist zwar unprofessionell und lächerlich, aber das ändert nichts an der Brisanz dessen, was besprochen wurde.
Generalleutnant Ingo Gerhartz und seine Offiziere erörterten ernsthaft die technischen und propagandistischen Mittel, um Russland mit ballistischen Langstreckenraketen anzugreifen. Kurzum: Ein NATO-Mitglied wurde auf frischer Tat ertappt, als es eine Kriegshandlung gegen Russland ausbaldowerte.
Nachdem russische Medien den Mitschnitt des Gesprächs veröffentlicht hatten, wurde es von deutscher Seite als Hirngespinst und Versuch russischer Desinformation abgetan, um der Regierung von Olaf Scholz zu schaden.
Doch diese Nebelkerze aus Berlin wird nicht aufgehen. Unbestreitbar ist, dass deutsche Kommandeure darüber nachgedacht haben, wie man die ukrainische Offensivfähigkeit „optimieren“ könnte, um mit dem deutschen Langstrecken-Marschflugkörper Taurus russische Ziele zu treffen. Die Waffe wurde angeblich noch nicht an das ukrainische Regime geliefert, weil einige deutsche Politiker befürchten, dass dies den Krieg mit Russland eskalieren könnte. Aus dem Mitschnitt geht hervor, dass die deutschen Militärs darüber enttäuscht sind, dass die Politiker die Lieferung der Taurus nicht veranlassen.
Luftwaffengeneral Gerhartz macht seinen Untergebenen unmissverständlich klar: „Wir führen jetzt einen Krieg mit viel modernerer Technik als unsere gute alte Luftwaffe.“
Da haben wir es: Der oberste deutsche Befehlshaber sagt unmissverständlich: „Wir führen jetzt einen Krieg.“[1]
Er enthüllt auch, dass amerikanische, britische und französische Militärs bereits tief in die Logistik und Planung der Angriffe der ukrainischen Streitkräfte verstrickt sind.
Aus zahlreichen anderen Quellen wissen wir, dass NATO-Truppen vor Ort in der Ukraine gegen die russischen Streitkräfte kämpfen. Amerikanische HIMARS- und Patriot-Raketensysteme sowie britische Storm-Shadow- und französische Scalp-Marschflugkörper werden mit militärischer Beteiligung dieser NATO-Mitglieder eingesetzt.
Was das deutsche Militär-Leak jedoch offenbart, ist das Ausmaß, mit dem die Führung versucht, die Beteiligung Deutschlands an einem Krieg mit Russland zu verschleiern. Die verschlungenen Diskussionen darüber, wie eine Beteiligung der Bundeswehr umschifft werden kann, zeigen, dass sich die deutsche Militärführung der Tragweite dessen, was sie organisiert, voll bewusst ist. Sie diskutieren die Einleitung eines verdeckten Krieges gegen Russland. Dies kommt dem Verbrechen einer Angriffshandlung gleich und birgt die Gefahr, einen regelrechten Krieg auszulösen, der zweifellos zu einem nuklearen Flächenbrand eskalieren könnte.
An einer Stelle der Unterredung spricht Generalleutnant Gerhartz von der Notwendigkeit, die direkte militärische Beteiligung Deutschlands an der Lieferung von Taurus-Raketen an die Ukraine zu verschleiern.
Ich verstehe, wovon Sie sprechen. Die Politiker könnten besorgt sein über die direkte, enge Verbindung zwischen Büchel (dem deutschen Luftwaffenstützpunkt, Anm. Red.) und der Ukraine, die zu einer direkten Verwicklung in den Ukraine-Konflikt führen könnte. Aber in diesem Fall können wir sagen, dass der Informationsaustausch über MBDA (den deutschen Taurus-Hersteller, Anm. Autor) stattfindet und wir ein oder zwei unserer Spezialisten nach Schrobenhausen (Sitz von MBDA, Anm. Red.) schicken. Das ist natürlich ein Trick, aber politisch kann es anders rübergebracht werden. Wenn Informationen über den Hersteller ausgetauscht werden, hat das nichts mit uns zu tun.[1]
Dies ist ein selbstbelastender Beweis dafür, dass das deutsche Oberkommando an einer Verschwörung zur Ausweitung des Krieges gegen Russland beteiligt ist. Der einzige Vorbehalt besteht darin, nicht öffentlich als Kriegstreiber identifiziert zu werden. Mit größtem Zynismus sucht die deutsche Militärführung nach einer Möglichkeit, die Tat plausibel zu leugnen.
Der ehemalige russische Präsident Dmitrij Medwedjew, heute stellvertretender Vorsitzender des Nationalen Sicherheitsrates, hatte Recht, als er zu den durchgesickerten Mitschnitten sagte, sie zeigten, dass Deutschland einen Krieg gegen Russland plane.
Berlin wies Medwedews Behauptung als „absurd“ zurück. Absurd ist es, wenn Berlin glaubt, das Gespräch seiner militärischen Führer könne als bloßes Geplänkel und theoretisches Kriegsspiel abgetan werden.
In dem 38-minütigen Gespräch tauschen sich der Kommandeur der Luftwaffe und seine Untergebenen explizit über die Lieferung von bis zu hundert Taurus-Raketen, die tief in das russische Territorium eindringen können, an die ukrainischen Regierungstruppen aus. Die deutsche Führung bezeichnete den Taurus als „Superwaffe“. Konkret nannte sie die Zerstörung einer wichtigen Brücke im Osten, vermutlich der Brücke von Kertsch, die das russische Festland mit der Krim verbindet.
Die deutsche Rakete hat eine Reichweite von über 500 Kilometern, doppelt so weit wie die britische oder französische.
Es sieht so aus, als ob die Bundeswehr die Aufgabe übernehmen würde, Russland in der Tiefe seines Territoriums zu treffen. Berichten zufolge drängt London Berlin, die Taurus-Raketen zu liefern. Trotz der Peinlichkeit, dass das Geheimgespräch durchgesickert ist.
Am 4. März wurde berichtet, dass in der südwestrussischen Provinz Samara in der Nähe der Stadt Tschapajewsk eine Eisenbahnbrücke zerstört wurde. Der Ort liegt südöstlich von Moskau und etwa 1.000 Kilometer von den Frontlinien des von der NATO unterstützten Kiewer Regimes in der Ukraine entfernt. Der Angriff war offenbar ein Präzisionsschlag.
Wie die deutschen Kommandeure in ihren Gesprächen feststellten, ist die Zerstörung einer Brücke eine der schwierigsten Luftoperationen, die Präzisionsfähigkeiten und eine ausgeklügelte Umgehung des Radars erfordert. Das Gespräch fand am 19. Februar statt. Die undichte Stelle wurde am ersten Märzwochenende bekannt. Medienberichten zufolge will die Bundesregierung die Lieferung der Raketen nicht genehmigen. Aber bei all dem, was hinter dem Rücken der Öffentlichkeit geschieht, wer weiß, ob und wann diese Waffen freigegeben werden? Sind sie schon geliefert worden?
Sollte sich bestätigen, dass die Brücke bei Tschapajewsk von einer Rakete getroffen wurde, dann scheint der Krieg der NATO gegen Russland eine neue, unheilvolle Schwelle erreicht zu haben.
Einige westliche Medien kommentierten, dass die russische Veröffentlichung des abgehörten Telefonats der Luftwaffe den deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz in Verlegenheit bringen sollte, um eine Lieferung von Taurus-Raketen an die Ukraine definitiv auszuschließen. Solche Spekulationen setzen allerdings voraus, dass Scholz seine militärischen Befehlshaber unter Kontrolle hat. Doch wahrscheinlich sind diese nicht ihm, sondern der Besatzungsmacht in Deutschland – den USA – unterstellt.
Anmerkung
[1] Das ist eine sinngemäße Wiedergabe des Gesprächsausschnitts. Der exakte Wortlaut ist entweder dem Mitschnitt zu entnehmen oder dem Transkript. Beides auf der Plattform free21.
Der Autor
Finian Cunning hat einen Master-Abschluss in Agrarchemie und arbeitete als wissenschaftlicher Redakteur für die Royal Society of Chemistry, Cambridge, England, bevor er eine Karriere im Zeitungsjournalismus begann. Finian ist auch Musiker und Songwriter. Fast zwanzig Jahre lang arbeitete er als Redakteur und Autor in großen Nachrichtenmedien wie The Mirror, Irish Times und Independent.
Übersetzung und Bearbeitung: Hintergrund.
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Der Artikel erschien im Original am 3. März bei Strategic Culture Foundation unter dem Titel: Germany and NATO Caught Red-Handed in War Planning.