Aufrüstung für den Cyber-War: Die USA wollen „robuste internationale Beziehungen“
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Die neue Cyber-Strategie der USA setzt auf eine größere Kontrolle der Verbündeten und auf militärische Gewalt –
Von REDAKTION, 15. Juli 2011 –
Bei einer schweren Cyber-Attacke auf das Pentagon hätten ausländische Computerhacker große Mengen sensibler Daten gestohlen. Das sagte der stellvertretende US-Verteidigungsminister William Lynn bei der Vorstellung der neuen Cyber-Strategie am Donnerstag (Ortszeit) in Washington, 24.000 Dokumente seien bei dem Angriff im März entwendet worden.
Die Täter seien im Auftrag eines fremden, bisher nicht genannten Geheimdienstes in die Rechner einer Vertragsfirma des Pentagons eingedrungen. Der Datenklau habe dazu geführt, dass wahrscheinlich ein geplantes Waffensystem zumindest in Teilen umgestaltet werden müsse. Nun will die US-Regierung die Investitionen in die Cyber-Abwehr verstärken, sagte Lynn in einer Rede vor der vom Pentagon finanzierten National Defense University in Washington. „Wir müssen mehr tun, um unsere digitalen Lagerstätten für Innovationen zu schützen.“
Dazu veröffentlichte das US-Verteidigungsministerium am Donnerstag ein Strategiepapier mit dem Titel „Department of Defense Strategy for Operating in Cyberspace“. Zum Kern der neuen Strategie gehört eine enge Zusammenarbeit mit dem Ausland. Das Verteidigungsministerium werde „zunehmend robuste internationale Beziehungen“ aufbauen, um eine „kollektive Selbstverteidigung“ zu ermöglichen, heißt es in dem Dokument. Das klingt wie die Begründung für einen noch stärkeren Zugriff der ohnehin weltweit aktiven und zum Teil militarisierten US-Geheimdienste auf sensible Daten und die Sicherheitsstrukturen von anderen Staaten.
Das Pentagon wolle dazu mit einer wachsenden Zahl internationaler Partner unter anderem gemeinsame Warnsysteme und Trainingsprogramme aufbauen. Die Strategie soll von der im vergangenen Jahr gegründeten Spezialeinheit „Cyber Command“ umgesetzt werden. Dazu sollen die Soldaten besser ausgebildet werden, auch mit Hilfe von konkreten Abwehrübungen und Kriegssimulationen. Im Mai war aus dem Pentagon verlautet, dass schwere Hackerangriffe aus dem Ausland als Kriegshandlung eingestuft würden, die auch Gegenschläge mit konventionellen Waffen erforderlich machen könnten. Darauf geht der veröffentlichte Teil der neuen Strategie freilich ebenso wenig ein wie auf die Möglichkeit, offensive Cyberkriege gegen Feinde zu führen.
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Der stellvertretende Generalstabschef der US-Streitkräfte, James Cartwright, sagte im Wall Street Journal am Freitag, dass künftige Dokumente auch erklären würden, wie die USA bei Hackerangriffen zurückschlagen werden. „Es gibt derzeit keine Bestrafung für Attacken auf uns. Wir müssen einen Weg finden, um das zu ändern.“
Die deutsche Regierung hat bereits im Februar im vorauseilenden Gehorsam gegenüber dem mächtigen Verbündeten in Übersee eine eigene „Cyber-Sicherheitsstrategie“ vorgelegt und danach ein Cyber-Abwehrzentrum in Bonn eingerichtet. „Deutschland wird permanent cyber-attackiert“, sagte Hartmut Isselhorst vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationspolitik (BSI), das die Federführung des Abwehrzentrums hat. Über deutsche Pläne, bei entsprechenden Angriffen mit militärischer Gewalt zurückzuschlagen, ist bisher nichts bekannt geworden. Im Rahmen von der von den USA geforderten Arbeitsteilung ist das vielleicht auch gar nicht vorgesehen.