Afrika wird ausverkauft
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Studie warnt Staaten davor, kommunales Eigentum an ausländische Investoren zu verscherbeln –
Von REDAKTION, 1. Februar 2012 –
Wissenschaftler haben vor neuen Unruhen in Afrika wegen eines Ausverkaufs fruchtbarer Gebiete und Wälder an ausländische Investoren gewarnt. Der Kaufrausch ignoriere oft die Rechte der einheimischen, armen Bevölkerung in Afrika, heißt es in der am Mittwoch in London veröffentlichten Studie der Organisation Rights and Resources Initiative (RRI). (1)
Die Regierungen verscherbeln Ländereien und Wälder, auf die arme Bauern traditionelle Eigentumsrechte erheben, an ausländische Investoren, die nach neuen Anlagemöglichkeiten für ihr Kapital suchen. Da die Bauern deshalb verarmen, ist in den betroffenen Staaten die Grundlage für Auseinandersetzungen gelegt, die in bewaffnete Konflikte zu münden drohen. Wenn der Ankauf von Wäldern und landwirtschaftlichen Flächen nicht aufhöre, steige die Wahrscheinlichkeit von sozialen Unruhen und lokalen Konflikten, betont die in Washington ansässige Vereinigung.
Regierungen und Investoren müssten „die angestammten Rechte von Millionen armer Menschen anerkennen, die seit Jahrhunderten in diesen Gebieten leben und arbeiten“. Die Analyse in 35 afrikanischen Staaten habe gezeigt, „dass lokale Eigentumsrechte an Land bei der gegenwärtigen Kauforgie wiederholt und tragisch ignoriert werden“, betont der RRI-Direktor Jeffrey Hatcher in einer Presse-Mitteilung vom Mittwoch. (2) Dabei nutzten die Staaten formalrechtlich ungeklärte Eigentumsverhältnisse.
428 Millionen Menschen in Afrika südlich der Sahara seien von diesen gefährlichen Entwicklungen im ländlichen Raum betroffen. Besonders hervorgehoben wird Liberia. Dort werden unter Umgehung gesetzlicher Bestimmungen Wälder gegen die Interessen der Einheimischen verkauft. Nur neun der 35 Länder bekamen in den Studien bescheinigt, überhaupt in rechtlicher Hinsicht Respekt vor den Interessen der lokalen Bevölkerung zu zeigen. Dazu gehören Uganda, Tansania, Burkina Faso und Süd-Sudan.
Aber selbst dort würden die bestehenden Gesetze in der Praxis wenig beachtet. Auch in Staaten, die Ländereien von traditionellen Dorfgemeinden formal als Privateigentum anerkennen, müssen die Menschen damit rechnen, ungefragt und ohne Entschädigung enteignet zu werden.
Landrechtsexperten weisen darauf hin, dass die Angehörigen indigener Völker und traditioneller Gemeinschaften sich in der Regel nicht generell gegen Maßnahmen zur ökonomischen Entwicklung sperren. Sie setzen sich vor allem deswegen zur Wehr, weil sie in die entsprechenden Projekte nicht als Akteure mit einbezogen werden. Gegen die ihnen zugeschriebene Rolle als Opfer einer imperialistischen Politik revoltieren sie. Der schiere Überlebenskampf drängt sie zur Wahl von gewaltsamen Mitteln.
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(1) http://www.rightsandresources.org/documents/quarantined/turningpoint.php
(2) http://www.rightsandresources.org/documents/quarantined/files/turningpoint/RRI%20Press%20Release_Land%20Rush_FINAL%203.pdf