EU-Politik

Gipfelkonferenz der Völker lehnt die neoliberale Politik der Europäischen Union entschieden ab

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Von MANOLA ROMALO, 17. Mai 2010 –

Als Gegengewicht zum „VI Gipfel der Europäischen Union mit Lateinamerika und der Karibik“ (UE-ALC), tagt die „Gipfelkonferenz der Völker“ („Cumbre de los Pueblos“) zum vierten Mal. In diesem Jahr findet das Treffen vom 14. bis 18. Mai in Madrid statt.

Die „Gipfelkonferenz der Völker“ ist vom Netzwerk „Enlazando Alternativas“ (Alternativen knüpfen) organisiert, das zum vierten Mal – nach Guadalajara (Mexiko, 2004), Wien (Österreich, 2006) und Lima (Peru, 2008) – soziale Bewegungen mobilisiert.

Am zweiten Tag erteilten die Versammelten dem neoliberalen Modell der Europäischen Union eine klare Absage. Gegen den Willen der Völker will die EU ihr neoliberales Modell durchsetzen, indem sie versucht die sogenannten „Freihandelsabkommen“ nach Südamerika und in die Karibik zu exportieren.      

Auf dieser Tagung protestieren ca. 400 politische und soziale Organisationen aus Lateinamerika, der Karibik und Europa dagegen.  „Wir wollen die Rolle der Europäischen Union  in der Welt enthüllen. Ihre  neoliberalen Ziele vernichten das Leben, die sozialen- und die Umweltrechte der Menschen“,  sagte Mónica Vargas, Sprecherin des Forums „Alternativen knüpfen“ am ersten Tag. Ziel des alternativen Gipfels sind „ Ideen zusammenzubringen, Solidarität von unten aufzubauen und alternative Politikformen zu verbinden um gemeinsame Wege für Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit und Gleichheit zu entwickeln“, betonte Várgas.

In Lateinamerika und der Karibik organisieren soziale Bewegungen zusammen mit progressiven Regierungen – zum Beispiel aus Venezuela, Bolivien und Ecuador – den politischen Widerstand gegen diese EU-Pläne.

Das alternative Forum führt seine Aktivitäten in Madrid zusammen mit dem „Permanenten Tribunal der Völker“ („Tribunal Permanente de los Pueblos, TPP“). Wegen Menschrechtsverletzungen hat der TPP in Madrid über 30 europäische Konzerne angeklagt. „Am Freitag und Samstag haben wir Sachverständige, Zeugen, Bauernorganisationen angehört; sie  haben Fakten vorgebracht, die die Verletzungen von Menschenrechten seitens der europäischen Firmen aufzeigen“, erklärte am Samstag Alirio  Uribe, TPP-Geschworener, gegenüber dem TV-Sender Telesur, Caracas. (1)  

Ziel  des Tribunals ist auch festzustellen,  welche Verantwortung die Europäische Union hat, indem sie den angezeigten Konzernen politische Vorteile zukommen lässt.  Unter den Konzernen die wegen Verletzung der Menschenrechte und der nationalen Gesetze angeklagt sind, befinden sich u.a.: Bayer, Britisch Petroleum, Continental, Endesa – Enel, Nestlé, Pluspetrol, Repsol-YPF, Telefónica, Pfizer, Syngenta und Thyssen Krupp.  (2) Indem Politiker und  Institutionen der Europäischen Union die Straflosigkeit der Konzerne bei der Verletzung von Menschenrechten garantieren, machen sie sich zu deren  Komplizen. Geschworene der TPP sind u.a. die bekannte US-Anwältin Judith Chomsky, Expertin für Straftaten der Multinationalen, und Carlos Taibo, Professor für Politikwissenschaft an der Autonomen Complutense Universität von Madrid.  

Bis Sonntag hat das Forum eine dezidierte Absage dem von der EU betriebenen Export des neoliberalen Kapitalismus nach Lateinamerika erteilt.  „Wir debattieren Alternativen zum neoliberalen und militaristischen Modell“, sagte Tom Kucharz, Sprecher des alternativen Forums am Samstag.  Ziel ist, durch eine internationale Kampagne 2015 einen verbindlichen Prozess vor einem ordentlichen Gericht zu erreichen. „Wir wollen den Verbrechen der internationalen Konzerne ein Ende machen und die Verantwortlichen ins Gefängnis bringen.“ (Attac-Deutschland kann sich davon inspirieren lassen – im Falle einer energischeren Neuauflage des  „Bankentribunals“ vom 10-11. April in Berlin.) (3)  Am Montag wird das Tribunal auf einer Pressekonferenz die Menschenrechtsverletzungen dieser Konzerne und die Beschwerden sozialer Organisationen präsentieren.

Ab Montag werden sich europäische Regierungen mit Vertretern aus Lateinamerika und der Karibik treffen. Im Rahmen des Freihandelsabkommen sollen die Zugangsbedingungen für europäische Konzerne und deren Produkte auf den einheimischen Märkten durchgesetzt werden. Handelsabkommen zwischen reichen, industrialisierten Ländern und ärmeren bedeuten stets Nachteile für Letztere: Mit industriellen und/oder landwirtschaftlichen Massenimporten können einheimische, meist kleine und mittlere Produzenten nicht konkurrieren. Das Ergebnis?  Sie werden verdrängt und verschwinden.

Boliviens Präsident Evo Morales wird am Montagnachmittag auf dem Rückweg von Rom, wo er eine Papstaudienz hat, an dem  „Gipfel der Völker“ teilnehmen.

Aus Protest gegen die Teilnahme von Porfirio Lobo, dem illegitimen Präsidenten von Honduras an der offiziellen EU-Regiegungskonferenz, wird Venezuelas Präsident Hugo Chávez nicht nach Madrid kommen. So kann er auch nicht an dem alternativen “Gipfel der Völker” teilnehmen.

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Der Ökonom Rafael Correa, Ecuadors Präsident, kommentierte am Freitag die Maßnahmen, die die griechischen Krise (angeblich) lösen sollten, als  „Fehler“. Er will dem griechischen Staatschef Yorgos Papandreou vor Ort seine Einschätzung mitteilen: „Es werden die orthodoxen Maßnahmen des Internationalen Währungsfonds (IWF) angewendet, welche normalerweise die Krise vertiefen anstatt sie zu lösen. Oder sie lösen sie auf makroökonomischer Art, indem sie das Wesentliche, den Menschen und das Entwicklungsniveau, vernichtet.“


Quellen:
1. Als alternativen TV-Sender gegen kommerzielle Desinformationsmedien aus Lateinamerika, Europa und der USA wurde Telesur 2005 gegründet. Er sendet 24 Stunden am Tag, ohne kommerzielle Werbung. Partner sind die Regierungen aus: Argentinien, Bolivien, Cuba, Ecuador, Nicaragua, Uruguay und Venezuela. Sein Sitz ist Caracas. http://www.telesurtv.net/noticias/canal/senalenvivo.php
2. http://www.rebelion.org/docs/105936.pdf
3. http://www.jungewelt.de/2010/04-15/058.php

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