EU: Keine Förderung illegaler israelischer Siedlungen
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Von REDAKTION, 17. Juli 2013 –
Für Ärger zwischen der Europäischen Union und Israel sorgt eine neue EU-Regel, die die Förderung israelischer Siedlungen in den 1967 im Sechstagekrieg eroberten und seitdem besetzen Gebieten ausschließt. Dass die EU im Einklang mit vielen anderen Staaten diese Siedlungen für illegal hält und sie auch nicht unterstützen will, ist nicht neu. Angekündigt hatten die EU-Außenminister das im Dezember vergangenen Jahres.
Dank der neuen Regelung könnten Israel Fördergelder in dreistelliger Millionenhöhe entgehen. In den vergangenen viereinhalb Jahren hat allein die EU für Forschungsprogramme nach Angaben des Sprechers der EU-Botschaft in Jerusalem, David Kriss, mehr als 100 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. In israelischen Medienberichten wurde die Sorge geäußert, dass insgesamt Hunderte von Millionen Euro an Fördergeldern der EU und aus EU-Mitgliedsstaaten verloren gehen könnten.
Eine Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton versuchte, die Gemüter zu beruhigen. „Es ist kein neuer Ansatz. Es schafft nur mehr Klarheit. Es gab eine kleine Anzahl von Fällen (Vereinbarungen), wo dies (die Ausklammerung der Siedlungen) nicht garantiert war“, sagte sie in Brüssel. Das Europaparlament habe auf diese Deutlichkeit gedrungen. Sandra de Waele von der EU-Botschaft in Jerusalem fügte im israelischen Rundfunk hinzu, die neue Regelung drücke natürlich auch „Frustration über den Ausbau der Siedlungen“ aus.
Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu bemühte sich, die EU mit dem Hinweis zu erpressen, dass die Streichung der Fördergelder negative Auswirkungen auf den Friedensprozess haben werde. „Das verhärtet die palästinensische Position, und es bringt Israel dazu, den Glauben an die Neutralität Europas zu verlieren“, sagte er der Welt am Sonntag. Die Entscheidung der EU, israelische Bürger, Institutionen und Firmen, die in den besetzten Gebieten ansässig sind, von Verträgen mit der EU ausdrücklich auszuschließen, sei der „Versuch, Israels Grenzen durch wirtschaftlichen Druck zu erzwingen anstatt durch Verhandlungen“. Die EU untergrabe damit die Bemühungen des US-Außenministers Kerry, der zurzeit Gespräche über die Möglichkeit der Wiederaufnahme der seit 2010 blockierten Friedensgespräche in der jordanischen Hauptstadt Amman führt.
Netanjahus Drohung „Frieden oder Fördergelder“ dürfte auf wenig Widerhall in der EU stoßen. Nicht nur dort ist bekannt, dass Israels Regierungschef ohnehin niemals vorhatte, mit den Palästinensern Verhandlungen auf gleicher Augenhöhe zu führen, was die Voraussetzung für einen wirklichen Friedensprozess wäre.
Erfahrungsgemäß kann nur äußerer Druck Israels Regierung dazu bewegen, sich mit seinen Kontrahenten an den Verhandlungstisch zu setzen.
Der Druck der Europäer komme gerade recht, deutete ein ungenannter US-Vertreter gegenüber der israelischen Zeitung Haaretz an. „Die Europäer lassen uns noch Zeit und ermöglichen es uns, die Bemühungen zur Wiederaufnahme der Gespräche fortzusetzen“, wurde ein Mitglied der US-Verhandlungsdelegation zitiert. „Aber wenn wir keinen Erfolg haben sollten, dann werden sie (die Europäer) andere Saiten aufziehen. Die Israelis wissen das sehr wohl“, habe der ranghohe US-Vertreter hinzugefügt. Als mögliche weitere Daumenschrauben nannte er eine Kennzeichnungspflicht in der EU über die Herkunft von Waren aus Siedlungen und die Einführung einer EU-Visumspflicht für Einwohner israelischer Siedlungen.
Wenn nichts anderes hilft, dann malen israelische Vertreter das Schreckensbild einer Vernichtung ihres Staates an die Wand, um ihre Position zu legitimieren. Finanzminister Jair Lapid geißelte die neue Direktive als „miserabel“, weil sie den Palästinensern signalisiere, dass sie für die Verweigerung von Verhandlungen keinen Preis zu zahlen hätten und Israel zur Kapitulation gezwungen werden könne – eine zynische Verkehrung der Realität.
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Erwartungsgemäß schrill waren die Reaktionen im Siedlerlager selbst. Der frühere Chef des Siedlerrates im Westjordanland, Danni Dajan, verglich die EU-Direktive gar mit den Zeiten des Holocausts: „Wie wird die Selektion von Jugenddelegationen vorgenommen werden? Wird ein Deutscher sagen: Tel Aviv nach links, Ost-Jerusalem nach rechts?“, twitterte Dajan.
(mit dpa)