Wer sind die Verfassungsfeinde?
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Von REDAKTION. 27. Mai 2010 –
Das Bundesamt für Verfassungsschutz will die im Bundestag und fast allen Landtagen vertretene Linkspartei weiter beobachten. Verfassungsschutz-Präsident Heinz Fromm sagte gegenüber der Berliner Zeitung, vor allen wegen der offen extremistischen Zusammenschlüsse, die in der Partei integriert seien, habe sein Amt den gesetzlichen Auftrag, die Linke zu beobachten. Politiker der Linkspartei reagierten empört. Parteichefin Gesine Lötzsch forderte, die Beobachtung auf Bundes- und Länderebene sofort zu beenden.
Lötzsch erklärte am Mittwoch in Berlin, die Überwachung sei „parteipolitisch motiviert, undemokratisch und verfassungswidrig“. „Herr Fromm macht sich als Beamter zum Handlanger der CDU“, so Lötzsch. Der Programmentwurf der Linkspartei und die praktische Politik setze auf eine Veränderung der Partei mit demokratischen Mitteln. Linken-Parteichef Klaus Ernst sagte gegenüber der Welt, die Linke werde systematisch diskreditiert.
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Die Bundesregierung mache immer wieder Gesetze, die nicht verfassungskonform seien, worauf die Linke wiederholt hingewiesen habe. „Die Urteile des Verfassungsgerichts haben uns recht gegeben. Die Regierung nimmt es mit der Verfassung nicht so genau“, sagte Ernst. Die CSU, so behauptet Ernst, betreibe etwa die Abschaffung der Erbschaftssteuer. „Die bayerische Landesverfassung verbietet das. Der Verfassungsschutz sollte nicht die Linke beobachten, sondern die CSU,“ so Ernst gegenüber der Welt.
Dem entgegnete der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Stefan Müller: „Die Linke fühlt sich ganz offensichtlich ertappt dabei, dass aus ihren Reihen immer wieder verfassungsfeindliche Gesinnungen zu hören sind.“
Nicht verfassungskonform sei etwa das Bestreben, „für den Sozialismus als Ziel gesellschaftlicher Veränderungen“ einzutreten. Damit offenbarte Müller, dass er die Verfassung nicht einmal kennt. Denn diese schreibt keinesfalls eine kapitalistische Wirtschaftsordnung vor. Ebenso verhält es sich mit der bayerischen Landesverfassung.
Die Verfasser der bayerischen Landesverfassung müssten Müllers Auffassung zufolge einer besonders verfassungsfeindlichen Gesinnung angehangen haben – ein Widerspruch in sich. So heißt es in der bayerischen Verfassung, dass die „gesamte wirtschaftliche Tätigkeit dem Gemeinwohl“ dient. Da ist mehrfach vom Schutz vor Ausbeutung die Rede und von genossenschaftlicher Selbsthilfe, die der Staat unterstützen solle, um kleinere und mittlere Betriebe vor einer „Aufsaugung“ zu schützen. Und auch folgende Passage klingt nicht gerade anti-sozialistisch: „Die geordnete Herstellung und Verteilung der wirtschaftlichen Güter zur Deckung des notwendigen Lebensbedarfes der Bevölkerung wird vom Staat überwacht. Ihm obliegt die Sicherstellung der Versorgung des Landes mit elektrischer Kraft.“
Verboten seien Kartelle, Konzerne und Preisabreden, „welche die Ausbeutung der breiten Massen der Bevölkerung oder die Vernichtung selbständiger mittelständischer Existenzen bezwecken“.
Kapitalbildung sei nicht Selbstzweck, sondern Mittel zur Entfaltung der Volkswirtschaft. Geld- und Kreditwesen müssen der „Befriedigung der Bedürfnisse aller Bewohner“ dienen.
Die bayerische Verfassung enthält auch eine klare Absage an die Politik der Privatisierungen öffentlichen Eigentums: „Eigentum an Bodenschätzen, die für die allgemeine Wirtschaft von größerer Bedeutung sind, an wichtigen Kraftquellen, Eisenbahnen und anderen der Allgemeinheit dienenden Verkehrswegen und Verkehrsmitteln, an Wasserleitungen und Unternehmungen der Energieversorgung steht in der Regel Körperschaften oder Genossenschaften des öffentlichen Rechtes zu.“
Und für folgende Passage würde man Politiker der Linkspartei der Verfassungsfeindlichkeit und des Extremismus bezichtigen, obwohl sie meist nicht so weit gehen, wie die bayerische Verfassung in Artikel 160:
„Für die Allgemeinheit lebenswichtige Produktionsmittel, Großbanken und Versicherungsunternehmen können in Gemeineigentum übergeführt werden, wenn die Rücksicht auf die Gesamtheit es erfordert.“
Angesichts dessen ist klar: der Verfassungsschutz muss die CSU beobachten, wenn er seinen Auftrag ernst nimmt. Und selbstverständlich gilt dies auch für CDU, FDP, SPD und Grüne, die regelmäßig gegen die Verfassung verstoßen, sei es durch die Liberalisierung und Deregulierung der Finanzmärkte und der Privatisierung öffentlichen Eigentums oder durch die vom Bundesverfassungsgericht immer wieder „kassierten“ Gesetzesverschärfungen, mittels derer die im Grundgesetz garantierten Bürgerrechte aufgehoben werden sollen.
Wäre der Verfassungsschutz nicht ein parteipolitisches Instrument zur Machtsicherung, sondern würde wirklich die Verfassung schützen, dann müsste er SPD/GRÜNE/FDP/CDU/CSU vor allem wegen eines Vergehens beobachten, für dass das Grundgesetz Höchststrafen vorsieht. Wie Dieter Deiseroth, Richter am Bundesverwaltungsgericht, bereits ein halbes Jahr vor dem Angriff der USA auf den Irak im März 2003 darlegte, handelt es sich bei dem damals noch antizipierten Krieg um einen illegalen Angriffskrieg.(1) Wenn die deutsche Regierung sich nicht der Unterstützung bzw. Beihilfe schuldig machen wolle, dann dürfe sie den Amerikanern keine Überflugrechte gewähren, so Deiseroth damals. Doch bis heute werden die Überflugrechte gewährt.
Die Schröder-Regierung blieb aber nicht nur passiv, sie stellte deutsche Soldaten zur Bewachung von US-Kasernen ab, um damit die USA in ihrem Krieg zu entlasten. Und der BND kundschaftete für die USA Angriffsziele im Irak aus. Rot-Grün und alle folgenden Regierungen haben sich somit der Beihilfe an einem illegalen Angriffskrieg schuldig gemacht. Gegen die verantwortlichen Politiker müsste die Staatsanwaltschaft umgehend Strafverfahren einleiten. Der Verfassungsschutz hätte zu prüfen, ob die verübten Straftaten und der mit ihnen einhergehende Verfassungsbruch in Übereinstimmung mit der jeweiligen Partei erfolgte oder auf Einzeltäter zurückzuführen ist. Im ersten Fall müsste ein Parteiverbotsverfahren eingeleitet werden, eventuell sogar nach Paragraph 129 (Bildung bzw. Unterstützung einer kriminellen Vereinigung). Doch so weit wird es nicht kommen. Denn die Bundesrepublik Deutschland ist ein Rechtsstaat, in dem diejenigen als Verfassungsfeinde gelten, die die Verfassung gegenüber denjenigen verteidigen, die sie eigentlich schützen sollten, aber ständig brechen. Und die Linkspartei ist – bei all ihren Schwächen und Halbheiten (2) – die einzige Partei im Parlament, die regelmäßig, ob bei Kriegseinsätzen, Überwachungsmaßnahmen oder Bankenrettungspaketen, gegen die Verfassungsfeinde Stellung bezieht.
(1) Siehe: http://www.uni-kassel.de/fb5/frieden/regionen/Irak/deiseroth.html
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(2) Siehe dazu: http://www.hintergrund.de/20100317759/politik/inland/die-linke-von-innen-umzingelt.html
http://www.hintergrund.de/20100511883/wirtschaft/finanzwelt/die-rettung-des-euro-was-immer-es-kosten-mag.html