Vor dem Castor-Transport
Hinweis: Die Bilder sind aus den archivierten Hintergrund-Texten vor 2022 automatisch entfernt worden.
Von REDAKTION, 18. November 2011 –
Während die wiederholt überhöhten Werte an radioaktivem Cäsium im Reis aus Fukushima die japanische Regierung dazu veranlassten, ein Lieferverbot des Grundnahrungsmittels zu prüfen, die französischen Atomkraftwerke nach Ansicht des französischen Instituts für Strahlenschutz nicht katastrophensicher sind und der Münchner Strahlenexperte Prof. Edmund Lengfelder vor der – nach wie vor – bestehenden Möglichkeit einer nuklearen Explosion in dem havarierten japanischen Reaktor warnte, haben in der Region Gorleben sowohl bei der Polizei als auch bei den Atomkraftgegnern die letzten Vorbereitungen für den in der nächste Woche anstehenden Atommüll-Transport begonnen.
Mehrere hundert Polizisten wurden ins widerständige Wendland gebracht, um die neuralgischen Punkte entlang der Transportstrecke der Castorbehälter ins Zwischenlager zu sichern. Dabei rechnet die Polizei nicht damit, dass diesmal mehr Castorgegner als im vergangenen Jahr ins Wendland reisen werden. Die überregionale Mobilisierung sei geringer, heißt es bei der Einsatzleitung der Polizei in Lüneburg. Das mag freilich ein taktisches Manöver sein, um die Mobilisierung zu schwächen.
Im vergangenen Jahr konnten auch rund 20.000 Polizisten nicht verhindern, dass der Castor-Transport aufgrund des Widerstands der Bevölkerung als der bislang längste und teuerste seiner Art in die Geschichte einging. Den Atomkraftgegnern war es immer wieder gelungen, den Zug zu stoppen und die Nachschubwege für die Einsatzkräfte zu blockieren. Vor allem die Mitglieder der Bäuerlichen Notgemeinschaft waren mit ihren Traktoren äußerst erfolgreich. In diesem Jahr warnten die Behörden, dass bei Blockade-Aktionen Fahrzeuge auch längerfristig sichergestellt werden könnten. Auch diesmal ruft die Kampagne „Castor schottern“ dazu auf, massenhaft Steine aus dem Gleisbett der Castor-Strecke zu entfernen.
Auf den kürzlich beschlossenen Neuanfang bei der Suche nach einem Endlager reagieren die Kernkraftgegner im Wendland bisher zurückhaltend. Die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg kritisierte, dies sei eine „Unverbindlichkeitserklärung“.
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Der Strahlenexperte Edmund Lengfelder ist übrigens für ein sofortiges Abschaltung aller Reaktoren. „Nachdem sie nicht angemessen versichert sind, heißt das im Falle eines Super-Gaus: Der Bürger bleibt auf seinem Schaden sitzen. Erst hatten wir Tschernobyl, jetzt haben wir Fukushima – was brauchen wir noch?“
Beispielsweise gibt es nach den Worten von Lengfelder in dem von Umweltschützern wegen Sicherheitsmängeln heftig kritisierten tschechischen Atomkraftwerk Temelin jenseits der bayerischen Grenze ernste Probleme mit den Schweißnähten. „Wenn dort ein Super-Gau passiert, und der Wind kommt aus Osten, kann die Sperrzone bis München reichen.“