Innenpolitik

Verwirrspiel um Heiner Geißler: Baustopp oder kein Baustopp, das ist die Frage

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Von REDAKTION, 8. Oktober 2010 –

Was ist eigentlich in Stuttgart los, mag sich manch einer gefragt haben, der das Hin und Her um Aussagen des von der Landesregierung bestellten Stuttgart21-Vermittlers Heiner Geißler (CDU) beobachtet hat. Zunächst hatte Geißler am Donnerstagabend einen Baustopp während der Verhandlungen angekündigt. Es dürften keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden, während die Argumente ausgetauscht werden. Die Maßnahme sei mit Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) und Bahnchef Rüdiger Grube abgesprochen.

„Der Ministerpräsident war einverstanden mit einem Bau- und Vergabestopp. Er ist ja ein gescheiter Mensch“, sagte der frühere CDU-Generalsekretär, der heute Mitglied im globalisierungskritischen Netzwerk Attac ist . Doch just in dem Moment, als die ersten Presseberichte von einer überraschenden Wende im Streit um Stuttgart21 kündeten, wurde Geißler wieder ausgebremst.

„Wir kennen keinen Baustopp“, sagte Bahnchef Grube in einem von dpa am Donnerstagabend vorab verbreiteten Statement der Stuttgarter Nachrichten (Freitagsausgabe).  Er habe mit dem als Schlichter eingesetzten früheren CDU-Politiker Heiner Geißler bislang nur ein einziges Mal telefoniert. Dabei sei über Inhalte gar nicht gesprochen worden. „Es gibt keinen Baustopp“, sagte dann auch Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) noch am Donnerstagabend der Nachrichtenagentur dpa in Stuttgart.

„Es steht das Grundwassermanagement an, und das geht weiter. Es ist die Voraussetzung für alles andere“, sagte Mappus im SWR. Mappus wiederholte aber sein Angebot aus seiner Regierungserklärung vom Mittwoch: „Es gibt die ausgestreckte Hand: Der Südflügel wird bis auf Weiteres nicht abgerissen.“ Auch auf Baumrodungsmaßnahmen werde vorerst verzichtet.

Die Deutsche Bahn darf auf dem Stuttgart-21-Gelände aber ohnehin vorerst keine Bäume mehr fällen, weil dort seltene Tiere leben. Die DB Projektbau müsse erst einen Plan zum Schutz von Juchtenkäfern und Fledermäusen im Mittleren Schlossgarten vorlegen, verfügte das Eisenbahnbundesamt. Bei Zuwiderhandlung droht ein Zwangsgeld von 250.000 Euro, erfuhr die dpa.

Geißler beharrte am Donnerstagabend zunächst darauf, dass sich alle Seiten auf eine Unterbrechung der Arbeiten geeinigt hätten. „In dieser Frage bestand völlige Übereinkunft, dass für die Zeit der Schlichtungsgespräche völlige Friedenspflicht herrscht“, sagte Geißler im SWR-Fernsehen. Dies könne man als Baustopp bezeichnen. Von einem „generellen Baustopp“ habe er allerdings nie gesprochen, ruderte Geißler dann aber in den ARD-tagesthemen zurück.

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Unterdessen hat sich herausgestellt, dass eine landesweite Volksabstimmung über das Bahnprojekt  nach einem Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags entgegen zunächst anderslautender Meldungen doch zulässig sei. „Sollte aber ein Festhalten an dem Vorhaben den Frieden in der Region nachhaltig stören und das Vertrauen der Bevölkerung in den Staat und seine Institutionen bleibend beschädigen, könnte eine Kündigung des Vertrages (…) in Betracht kommen“, hieß es in der Expertise. Ein Gutachten des Verfassungsrechtlers Paul Kirchhof hatte ein von der SPD gewünschtes Plebiszit zunächst für nicht zulässig erklärt. .

Wegen der Turbulenzen um das Bauprojekt Stuttgart 21 und die Vermittlungsversuche von Heiner Geißler verschiebt Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) eine Reise nach Saudi-Arabien und Katar. Mappus werde der am Freitag abreisenden Delegation von etwa 60 Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft voraussichtlich am Samstag nachreisen, teilte das Staatsministerium in Stuttgart mit. Zunächst übernehme der Minister für internationale Angelegenheiten, Wolfgang Reinhart, die Leitung der Auslandsreise.

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