Signal gegen weltweite Kampfeinsätze. Offiziere kritisieren Bundeswehrreform
Hinweis: Die Bilder sind aus den archivierten Hintergrund-Texten vor 2022 automatisch entfernt worden.
Von THOMAS WAGNER, 3. November 2011 –
Die im Darmstädter Signal zusammengeschlossen Offiziere und Unteroffiziere der Bundeswehr kritisieren die vom Verteidigungsminister geplante „Umwandlung der Streitkräfte weg von der Verteidigungsarmee hin zu einer globalen Interventionstruppe“, die durch Hochtechnologie zu einer offensiven Kriegsführung befähigt wird.
Die Strukturreformen zielten darauf, gleichzeitig zwei weltweite Kampfeinsätze und einem maritimen Einsatz zu ermöglichen. „Billigend wird in Kauf genommen, dass es bei Interventionen stets viele, vor allem zivile Opfer gibt. Durch kriegerische Interventionen wird die Sicherheit Deutschlands eher gefährdet, als Entspannung, Versöhnung und dauerhafter Friede gewährleistet“, heißt es in der Pressemeldung vom 30. Oktobre 2011. (1)
Die Offiziere bemängeln auch, dass die Menschen in den Streitkräften in der Reform nur mehr eine untergeordnete Rolle spielten. Verfahren und Ziel der Reform entsprächen nicht dem Geist der „Inneren Führung“. Sie heben hervor, dass die Personalräte nicht auf gesetzeskonforme Weise in beteiligungspflichtige Entscheidungen einbezogen würden und die Chancen zur Abstellung bekannter Ausstattungs- und Ausrüstungsmängel (z.B. dringend erforderliche Rettungshubschrauber) vertan würden.
Zum neuen Sprecher des Darmstädter Signals ist der nach eigenen Angaben 1979 in der DDR geborene Leutnant Christian Neumann gewählt worden. (2) Über die Gründe für sein politisches Engagement teilt der Offizier an der Führungsakademie der Bundeswehr mit Einsatzerfahrung im Kosovo und Afghanistan mit:
Abo oder Einzelheft hier bestellen
Seit Juli 2023 erscheint das Nachrichtenmagazin Hintergrund nach dreijähriger Pause wieder als Print-Ausgabe. Und zwar alle zwei Monate.
„Die sich, meiner Meinung nach, zuspitzende Entwicklung in den Verteidigungsstrategien (NSS, ESS und NATO) sowie die Neuausrichtung der Bundeswehr (VPR v. 18.05.2011) zwingen mich als intellektuellen Staatsbürger in Uniform zur Unterstützung kritischer Soldaten. Die verteidigungsministerielle Verstrickung im völkerrechtswidrigen Irak-Krieg durch Desinformation der deutschen Bevölkerung (450.000 US-Militärs shuttelten 2008 über den Flughafen Halle-Leipzig) und das Nichtbeachten / Negieren von höchstrichterlichen Urteilen wie das BVerwG 2 WD 12.04 vom 21. Juni 2005 empört mich als mündigen Bürger. Die im Grundgesetz verankerte Verpflichtung zur Friedenswahrung, Wachsamkeit und Bindung an Völkerrecht wird über die Maßen stark strapaziert. Die Exekutive setzt sich über Entscheidungen der Judikative hinweg. Die Judikative verschleppt –Tatbestände von Strafvereitelung bis Rechtsbeugung werden tangiert. Die Gewaltenteilung scheint in Gefahr. Der Verteidigungsbegriff im Art 87a GG, durch BVerfG 1994 klar definiert, wird missbraucht und die Bundeswehr außerhalb der Vorgaben des Grundgesetzes weltweit eingesetzt, wie es ins Konzept charismatischer Volksvertreter passt. Solange ich aktiver Soldat sein werde, der einen Eid auf Recht & Gesetz geschworen hat, werde ich mich nach Kräften für Frieden und Versöhnung und gegen Aufrüsten (Panzergeschäft mit Saudi-Arabien 2011/14) einsetzen. Die NATO beabsichtigt nach Aussage von Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen (FTD, 27.10.2011) nach dem Vorbild der Kosovo- bzw. Libyen-Intervention zukünftig notfalls auch ohne UNO-Mandat tätig zu werden. Das darf nicht wahr sein.“
(1) http://www.darmstaedter-signal.de/aktuell/20111030_PM_84.AT_AkDS_Bundeswehrreform.php
(2) http://www.darmstaedter-signal.de/adressen.php