Innenpolitik

Schraube locker bei der Bundeswehr: Angeblich 84 Privat- und Dienstfahrzeuge manipuliert

Hinweis: Die Bilder sind aus den archivierten Hintergrund-Texten vor 2022 automatisch entfernt worden.

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Von THOMAS WAGNER, 29. Juni 2011 –

Sabotageverdacht bei den deutschen Streitkräften. Nach einer bundesweiten Serie von mutmaßlichen Manipulationen an Autos von Bundeswehrangehörigen hat das Verteidigungsministerium Soldaten und zivile Mitarbeiter intern zu verstärkter Wachsamkeit aufgerufen. Das bestätigte ein Sprecher von Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) am Mittwoch in Berlin.

In letzter Zeit seien an rund 80 Autos Radschrauben gelöst worden. In einem Fall sei es zu einem Unfall gekommen, bei dem aber niemand verletzt wurde. „Wir haben keine Hinweise auf Täter und Motive“, sagte er. Vermutungen, dass vorwiegend Fahrzeuge von Bundeswehrangehörigen betroffen waren, die vom Kriegseinsatz in Afghanistan zurückgekehrt waren, konnte er nicht bestätigen. Eine signifikante Häufung der Vorfälle in bestimmten Regionen sei nicht zu erkennen.

Die Rheinische Post hatte in ihrer Ausgabe vom gleichen Tag berichtet, dass die Polizei und mehrere Staatsanwaltschaften wegen insgesamt 84 Straftaten Ermittlungen aufgenommen hätten, die gegen ziviles und militärisches Personal der deutschen Streitkräfte verübt worden seien. Davon seien 77mal Privatautos und siebenmal Dienstfahrzeuge betroffen gewesen, erfuhr die Zeitung von einem Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums.

Obwohl es keine Hinweise auf Sabotageaufrufe im Internet gibt und ein Bekennerschreiben bislang nicht vorliegt, wollte das Ministerium gegenüber der Rheinischen Post einen politischen Hintergrund aber nicht ausschließen.

Nach Angaben der Rheinischen Post waren zunächst nur vereinzelte Meldungen in den lokalen Polizeiberichten aufgetaucht. Als sich die besonderen Vorkommnisse häuften, sei ein vertraulicher Alarm vom Verteidigungsministerium ausgelöst worden.

„Betroffen waren zumeist Privatfahrzeuge von Soldaten, vereinzelt auch von zivilen Angestellten. Sie hatten ihre Autos auf Parkplätzen vor dem Eingang von Kasernen abgestellt. Mindestens in einem Fall kam es in Norddeutschland zu einer lebensgefährlichen Situation, als sich auf der Autobahn ein Reifen löste und der Fahrer nur mit Mühe die Gewalt über seinen Wagen behielt. Es sei glücklicherweise nur Sachschaden entstanden. Die Ermittlungen erschwert der Umstand, dass sich in den meisten Fällen der Tatzeitraum nur sehr vage eingrenzen lässt, da auch Soldaten nicht täglich sämtliche Radmuttern überprüfen.“ (1)

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob die Häufung überhaupt so ungewöhnlich ist, wie die bloße Zahl und der Zeitungsbericht suggerieren. Um das zu klären, müssten Vergleichszahlen her. Die aber gibt es bislang nicht – oder werden unter dem Deckel gehalten.

Die Frage, inwieweit sich die vorliegende Zahl gelöster Muttern von den üblicherweise sonst zu verzeichnenden Fällen unterscheide, konnte oder wollte der Ministeriumssprecher in der Bundespressekonferenz jedenfalls nicht beantworten.

Die noch völlig ungeklärte Sachlage hielt den Wehrbeauftragten Hellmut Königshaus (FDP) dann aber nicht davon ab, die realen oder vermeintlichen Straftaten zu verurteilen: „Das Handeln ist ausgesprochen empörend“, sagte er gegenüber der Rheinischen Post. Es sei „überhaupt nicht akzeptabel und absolut unverantwortlich, so gegen Soldaten vorzugehen“. Königshaus sah in den Vorfällen ein „weiteres Zeichen dafür, dass wir in einer breiteren Öffentlichkeit um Verständnis für unsere Soldaten und ihren schweren Dienst werben müssen“. Sie seien ein „Anlass, die Beobachtung im Umfeld von Kasernen zu verstärken“. (2)

Unklar ist, woher der Wehrbeauftragte so sicher weiß, dass jemand beabsichtigte, „gegen Soldaten vorzugehen“. Ob Königshaus Informationen über Täter und Motive vorliegen, die das Verteidigungsministerium lieber zurückhält? Falls dem so wäre, bliebe die Frage nach der Quelle derart geheimen Wissens. (mit dpa)


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(1) http://www.rp-online.de/politik/deutschland/Sabotagewelle-alarmiert-Bundeswehr_aid_1011917.html

(2) Ebd.

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