Rechtsfront gegen den Euro
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Hans-Olaf Henkel will europäische Banken verstaatlichen. Ein Linker ist er deshalb noch lange nicht –
Von THOMAS WAGNER, 9. September 2011 –
Alle schimpfen, aber keiner bietet eine Alternative an – außer mir. Auf diese Kurzformel ließe sich bringen, was Hans-Olaf Henkel am Freitag in Berlin zu seiner Ansicht über verfehlte Europolitik zu sagen hatten. Der frühere Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) hatte eine Handvoll Journalisten zum Pressegespräch in das Haus der Bundespressekonferenz geladen.
Einst selbst ein vehementer Befürworter des Euro, sieht Henkel sein früheres Engagement für die Einführung der gemeinsamen europäischen Währung nun als seinen „größten professionellen Fehler“ an. Wer heute noch an der gemeinsamen Währung festhalte, verkenne, dass der Euro sich mittlerweile nicht zum Vehikel der europäischen Einigung, sondern zum „Spaltpilz“ entwickelt habe, der zunehmend Unfrieden zwischen Geber- und Nehmerländern stifte und noch dazu den Graben zwischen Mitgliedsländern und Nichtmitgliedsländern vergrößere. Während Bundeskanzlerin Angela Merkel jüngst die Parole ausgab, „scheitert der Euro, scheitert Europa“, sieht es Henkel daher genau umgekehrt. In der sich abzeichnenden Transferunion erkennt er vor allem eine Gefahr für die ökonomische Entwicklung Deutschlands. Das werde von den meisten Wirtschaftswissenschaftlern und -Journalisten und vielen Politikern zwar genauso gesehen, führte Henkel aus, aber niemand habe den Mut, zu der verfehlten Politik eine Alternative zu formulieren. Da er bei seinen Auftritten in Fernseh-Talkshows und auch auf den Meinungsseiten von Printmedien nicht genügend Zeit bzw. Platz gewährt bekomme, um seine Argumente auszuführen, habe er sich nun entschlossen, einen neuen Weg auszuprobieren, um seinen Vorschlag zur Lösung der Krise, einem breiten Publikum zu präsentieren: Großveranstaltungen in Münster, Hamburg und Berlin.
Henkel machte deutlich, dass er eine alternative Europolitik aber nur dann für möglich hält, wenn sich in Deutschland eine neue politische Partei etabliert, die mit dem politischen Einheitsbrei aufräumt und sich für eine Bereinigung des Finanzsektors einsetze. An dieser Stelle überraschte der Wirtschaftslobbyist mit der Forderung, dass dies in einigen Ländern, wie zum Beispiel Frankreich, nicht ohne eine Nationalisierung, also Verstaatlichung, der Banken gehen könne. Ein Linker ist er deshalb nicht geworden, ganz im Gegenteil. Er positioniert sich deutlich rechts von der FDP, deren Parteiprogramm unterstütze er zwar noch, die Partei sei jedoch mittlerweile für ihn unwählbar. Henkel nannte dafür zwei Gründe. Zum einen passt ihm nicht, dass Außenminister Guido Westerwelle (FDP) den Krieg gegen Libyen anfangs nicht unterstützen wollte. Zum anderen halte dessen Partei genau an jener falschen Europolitik fest, die Henkel beendet sehen will.
Seine Hoffnung setzt er auf eine neue politische Kraft, die er im Entstehen begriffen sieht. Ständig würden neue Bewegungen, Halbparteien und Initiativen gegründet, die das Monopol der Parteien zu brechen versuchten. Sollte sich hier in nächster Zeit eine neue politische Partei herausbilden, würde er diese unterstützen.
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Bisweilen gibt er sich damit zufrieden, Publikationsorgane der an faschistische Ideengeber wie Armin Mohler, Alain de Benoist oder Carl Schmitt anknüpfenden Neuen Rechten wie die Wochenzeitung Junge Freiheit oder das rechtslibertäre Magazin eigentümlich frei mit Textbeiträgen zu unterstützen und gegen all jene zu polemisieren, die in Gewerkschaften, linken und bürgerlichen Parteien für ein sozialeres Europa kämpfen. Die Sympathien des Sarrazin-Verteidigers gehören jener Rechten, die sich ein plebiszitär legitimiertes Durchregieren im Sinne der Wirtschaftseliten auf ihre Fahnen geschrieben hat. Henkels Engagement für mehr Bürgerbeteiligung und Direkte Demokratie ist genau in diesem Kontext zu sehen. Sie zielt auf die Entmachtung der organisierten Vertretung sozialer Interessen zugunsten direkt gewählter, charismatischer Führungsfiguren. (1) Selbst sieht er sich an der Spitze einer solchen Anti-Parteien-Partei freilich nicht. „Ich eigne mich nicht für ein politisches Amt.“
(1) Detailliert beschrieben habe ich die von Henkel und anderen Rechtsdenkern propagierten Strategien eines direktdemokratisch drapierten politischen Systemwechsels in dem folgenden Buch: Thomas Wagner: Demokratie als Mogelpackung. Oder: Deutschlands sanfter Weg in den Bonapartismus. Köln, Papyrossa-Verlag 2011