Nur noch ein Wunder kann helfen. Wie Winfried Kretschmann den S21-Gegnern in den Rücken fällt
Hinweis: Die Bilder sind aus den archivierten Hintergrund-Texten vor 2022 automatisch entfernt worden.
Von THOMAS WAGNER, 11. August 2011 –
Nachdem sein Koalitionspartner SPD dem Kompromissvorschlag von Heiner Geißler (CDU) eine unmissverständliche Absage erteilt hat, tut Baden-Württembergs grüner Ministerpräsident Winfried Kretschmann einiges dafür, die Gegner des unterirdischen Bahnprojekts S21 innerhalb und außerhalb seiner Partei weiter zu entmutigen.
Nach einem Treffen der Koalitionsspitzen teilte er gemeinsam mit Vize-Regierungschef Nils Schmid (SPD) am Donnerstag mit, die grün-rote Landesregierung wolle Geißlers Vorschlag für einen Kombi-Bahnhof nur im Konsens mit den Projektpartnern weiterverfolgen. Das Land werde den Bund, die Bahn sowie Stadt und Region Stuttgart bitten, bis Ende August eine fundierte Stellungnahme zu der Lösung aus Kopf- und Tiefbahnhof vorzulegen. Alle drei Seiten hatten sich jedoch bereits ablehnend geäußert.
„Es ist ein fundamentaler Irrtum, dass es eine Gewähr dafür gibt, dass man all seine Ziele erreicht“, hatte Kretschmann zuvor in der Illustrierten Stern gesagt. Es sei in der Vergangenheit nur sehr selten gelungen, Entscheidungen für Großprojekte wieder zurückzuholen. „Ich kann nicht ungeschehen machen, was meine Vorgänger beschlossen haben.“ Es gelte aber weiter sein Versprechen aus dem Wahlkampf, dass er alles tun werde, um dieses Projekt zu verhindern.
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Das tut er aber gerade nicht. Statt die S21-Gegner nach Kräften zu ermuntern, für den im Herbst vorgesehenen Volksentscheid zu mobilisieren, stellt er die Aussichtslosigkeit solcher Bemühungen in den Raum, indem er ein Abstimmungsergebnis, das den Bau noch verhindern würde, als „Wunder“ titulierte.
So fromm der ehemalige Aktivist des Kommunistischen Bundes Westdeutschlands mittlerweile auch geworden sein mag: Eine ausgeprägte Wundergläubigkeit darf man dem heute im ZK der deutschen Katholiken engagierten Christen wohl nicht unterstellen. Man könnte seiner Äußerung daher auch die implizite Aufforderung entnehmen, die Flinte doch lieber gleich ins Korn zu werfen.