Nach den Landtagswahlen:
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Im Zeichen der Wirtschaftskrise sind rot-rot-grüne Koalitionen kein Garant für eine soziale Politik –
Von THOMAS WAGNER, 31. August 2009 –
Nach den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und dem Saarland zeichnet sich in den beiden letztgenannten Flächenländern zumindest rechnerisch die Option einer rot-rot-grünen Regierung ab. Fraglich ist aber, ob mit solchen Koalitionen die Durchsetzung einer sozialeren Politik im Rahmen der Finanz- und Wirtschaftskrise überhaupt möglich ist. Zunächst stehen schon der Bildung solcher Koalitionen große Hürden im Weg.
Denn nach der Landtagswahl in Thüringen beanspruchen sowohl die Linkspartei als auch die stimmenschwächere SPD das Amt des Ministerpräsidenten in einer rot-rot-grünen Koalition. SPD-Spitzenkandidat Christoph Matschie hält sich daneben auch noch die Option offen, ein Bündnis mit der CDU einzugehen.
Linken-Spitzenkandidat Bodo Ramelow bekräftigte dagegen seinen Führungsanspruch bei der Regierungsbildung. "Das hat man in Deutschland bisher immer so gemacht, dass derjenige, der eine Wahl gewinnt, auch die Führungsoption hat", sagte er am Montag im Deutschlandfunk. "Die SPD und die Grünen müssen sich entscheiden, ob sie ein Wahlverhinderungsverein für Bodo Ramelow oder der Steigbügelhalter für eine CDU-Regierung sind."
In Türingen bildet die Linkspartei nach dem vorläufigen Endergebnis hinter der CDU (31.2 Prozent) mit 27,4 Prozent die zweitstärkste Kraft. Die SPD erreichte 18,5 Prozent. Die FDP (7,6) und die Grünen (6,2) sind seit 15 Jahren erstmals wieder im Landtag. Die rechtsextreme NPD (4,3) blieb draußen.
Rein rechnerisch steht nun die Tür für eine Ablösung des amtierenden Ministerpräsidenten Dieter Althaus (CDU) durch eine Koalition aus Linkspartei, SPD und Grünen unter einem Ministerpräsidenten Ramelow weit offen.
Doch hat die SPD noch am Wahlabend ausgeschlossen, den Linken-Politiker zum Ministerpräsidenten zu wählen. SPD-Generalsekretär Hubertus Heil sagte am Montag im Bayerischen Rundfunk. "Herr Ramelow wird nicht Ministerpräsident." Auch die Grünen votieren für den SPD-Kandidaten. "Wir wählen nur einen der beiden, und das ist nicht Ramelow, sondern Matschie", sagte die Grünen-Spitzenkandidatin Astrid Rothe-Beinlich einem Bericht der Süddeutschen Zeitung zufolge. (31.08.2009)
Auch im Saarland ermöglicht das überraschend hohe Wahlergebnis der Linken von 21,3 Prozent die Ablösung der bislang allein regierenden CDU-Regierung unter Ministerpräsident Peter Müller durch eine Koalition aus SPD, Linkspartei und Grünen. Der SPD-Spitzenkandidat Heiko Maas könnte damit das erste rot-rot-grüne Bündnis in einem westdeutschen Bundesland schmieden.
Linken-Spitzenkandidat Oskar Lafontaine konnte für seine Partei aus dem Stand und allen Umfragen zum Trotz 21,3 Prozent einfahren. Die CDU musste gegenüber der Landtagswahl 2004 ein zweistelliges Minus einstecken und rutschte von 47,5 auf 34,5 Prozent. Auch die SPD verlor deutlich an Stimmen und geriet mit 24,5 Prozent (2004: 30,8) erstmals seit rund 50 Jahren unter die 30-Prozent-Marke. Mit 9,2 Prozent verzeichnete die FDP starke, die Grünen mit 5,9 Prozent nur leichte Stimmengewinne.
Da sich vor allem die SPD und die erstmals im Landtag vertretene Linke in der Wirtschafts- und Bildungspolitik sehr nahe sind, könnten die Grünen an der Saar das Zünglein an der Waage spielen. Bislang hält sich Grünen-Chef Hubert Ulrich jedenfalls alle Optionen offen.
In Sachsen blieb die CDU mit 40,2 Prozent knapp unter dem Resultat von vor fünf Jahren (41,1). Sie ist damit aber weiterhin die mit Abstand stärkste Kraft. Die seit 2004 in Dresden mitregierende SPD kam auf 10,4 Prozent. Die FDP verdoppelte ihr Ergebnis fast und lag mit 10 Prozent nur hauchdünn hinter der SPD. Die Linkspartei blieb mit 20,6 Prozent klar auf Platz zwei. Die Grünen schafften mit 6,4 Prozent erneut den Einzug in den Landtag.
Der rechtsextremen NPD gelang erstmals der Wiedereinzug in ein Länderparlament. Zwar fiel sie mit 5,6 Prozent weit hinter ihr Ergebnis von 2004 (9,2) zurück, doch konnte sie sich hier auf kommunale Ebene dauerhaft etablieren, sagte Sebastian Brux, Sprecher der Amadeu Antonio Stiftung gegen Rechtsextremismus der Taz (31.08.2009). Seit der Kommunalwahl 2008 sitzen die Neonazis in allen sächsischen Kreistagen, berichtet die LVZ-online vom selben Tag.
Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) lässt die Bündnisfrage derzeit noch offen. "Drei Parteien haben die Möglichkeit, mit mir zu koalieren. Und wir werden schauen, wer das beste Angebot macht." Tillich will mit FDP, SPD und den Grünen sprechen.
Auch bei den Kommunalwahlen in Nordrhein- Westfalen stellt die CDU die stärkste Kraft, allerdings mit deutlichen Einbußen. Sie muss unter anderem die Posten der Oberbürgermeister in Köln und Essen an die SPD zurückgeben. Landesweit kamen die Christdemokraten auf 38,6 Prozent. Das sind 4,8 Punkte weniger als 2004. Die SPD musste mit 29,4 ihr schlechtestes Ergebnis bei einer Kommunalwahl hinnehmen. Die Grünen dagegen verbesserten sich auf 12,0 Prozent. Die FDP erreichte 9,2 Prozent. Die Linke kam auf 4,4 Prozent.
In der Gesamtschau zeigen die Wahlergebnisse eine zunehmende Ablehnung der sozialen Kahlschlagpolitik von SPD und CDU in der Bevölkerung. Die rechnerische Möglichkeit von zwei Koalitionsregierungen aus SPD, Linke und Grünen in Thüringen und im Saarland ist aber noch lange nicht das Vorspiel einer auch inhaltlich linken Politikwende.
Zwar schürt der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Hans- Peter Keitel, in der Montagsausgabe des Handelsblatts schon einmal vorsorglich die Angst vor angeblich wirtschaftsfeindlich orientierten Regierungsbeteiligungen der Linken, doch weisen die Erfahrungen mit der SPD-Linken-Koalition in Berlin in eine ganz andere Richtung. Hier hatte sich die Linke der SPD nach dem Berliner Bankenskandal als Partner angeboten und trägt seitdem eine Politik des Sozialabbaus mit. Die Privatisierung kommunaler Wohnungsgesellschaften zu Lasten sozial schwacher Mieter wurde in Berlin und Dresden von Politikern der Linken mitgetragen.
Unterdessen kündigte die Präsidentin des Deutschen Städtetags, Petra Roth (CDU), am vergangenen Samstag für das kommende Jahr ein erwartetes Defizit von mehr als zehn Milliarden Euro an. Dabei lägen ihre Kredite schon heute bei insgesamt 31,6 Milliarden Euro – mehr als fünfmal so hoch wie vor zehn Jahren. "In diesem Umfang müssen Kommunen Aufgaben wie Kinderbetreuung oder Sozialhilfe auf Pump finanzieren", sagte Roth der Leipziger Volkszeitung.
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Wohin die Reise für die Linke im Zeichen der Wirtschaftskrise und anstehender Sozialkürzungen auf kommunaler Ebene gehen könnte, deutete vor ein paar Tagen Wolfgang Zimmermann, der Landesvorsitzende der NRW-Linken an. Seine Partei wolle "in den Rathäusern" gegebenenfalls "auch mit der CDU stimmen", sagt er der Frankfurter Rundschau (24.08.2009 ).
Ob die Linke in künftigen Koalitionsregierungen als sozialer Faktor wirken kann oder dazu verdammt ist, das rote Feigenblatt für eine staatstragende Kürzungspolitik zu spielen, muss sich noch erweisen. Nach den bisherigen Erfahrungen ist die letztgenannte Variante wahrscheinlicher.