Innenpolitik

Gewaltfreier Widerstand stoppt Castor-Transport. Die Blockaden gehen weiter

Hinweis: Die Bilder sind aus den archivierten Hintergrund-Texten vor 2022 automatisch entfernt worden.

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Von REDAKTION, 8. November 2010 –

Noch nie haben sich im Wendland so viele Menschen an einer Gleisblockade gegen einen Atommüll-Transport beteiligt und selten waren die Protestaktionen so effektiv. Der Plan der Atomkraftgegner, den immer weiter Richtung Gorleben rollenden Castor-Transport mit hoch radioaktivem Atommüll möglichst lange aufzuhalten und den Einsatz so zu verteuern, ging auf. Die Polizei stellte den Zug am Sonntagabend gegen 20 Uhr etwa 30 Kilometer von Dannenberg entfernt ab.

Die 19-stündige Schienenblockade mit zeitweise 5.000 Teilnehmern ist eine der längsten und größten in der Geschichte der Bundesrepublik. Jochen Stay, einer der Wortführer der Anti-Atom-Bewegung, spricht von einer „Sternstunde des gewaltfreien Widerstands“.

Diese Elf Castoren waren am Freitagvormittag am Bahnhof von Valognes in Nordfrankreich gestartet – Ziel Gorleben.

Wegen Trecker-Blockaden auf den zentralen Zufahrtsstraßen gelang es nur sehr schwer, Nachschub an neuen Beamten herbeizuschaffen. Daher gestaltete sich das Wegtragen der Demonstranten für die Beamten als außerordentlich schwierig und langwierig. Erst am Montagmorgen konnte der Castor weiterrollen. 

Während der niedersächsische Linken-Fraktionsschef Manfred Sohn sagte, dass die Polizei umsichtig vorgegangen sei, beschwerte sich die Protestgruppe WiderSetzen, dass Demonstranten  über den Boden geschleift oder auch fallen gelassen worden seien. Einigen Demonstranten wurden durch die polizeilichen Räumungsaktionen verletzt, einer davon schwer.

Unterdessen hat die Gewerkschaft der Polizei (GdP) die Politik für untragbare Zustände beim Castor-Transport verantwortlich gemacht. „Wir haben seit Jahren kritisiert, dass auf dem Rücken der Polizei politische Entscheidungen und Fehler ausgetragen werden“, sagte der stellvertretende Bundesvorsitzende Bernhard Witthaut am Montag in Dannenberg.

„Ob in Stuttgart oder heute im Wendland, meine Kolleginnen und Kollegen kommen wegen politischer Fehlentscheidungen nicht mehr aus ihren Einsatzanzügen“, kritisierte Witthaut. Die GdP habe seit Sonntag von Einsatzkräften immer öfter Informationen erhalten, dass sie mehr als 24 Stunden am Stück im Dienst sein mussten.

Der niedersächsische GdP-Vize Dietmar Schilff betonte: „Nicht nur über die endlosen Dienstzeiten haben unsere Einsatzkräfte mit Recht Klage

Wandertag? Die Wege zu den Gleisen sind weit und mitunter beschwerlich. Tausende Atomgegner waren am Sonntag unterwegs zum Gleisabschnitt bei Harlingen.

geführt, sondern auch darüber, dass sie in der Kälte teilweise nicht oder nur sehr spät mit heißen Getränken oder einer Suppe versorgt wurden.“

Vergleichbare Notrufe kamen gestern aus den „Volxküchen“ entlang der Castorstrecke im Wendland. Die Nacht wurde unerwartet kalt und es fehlte an Decken und warmer Nahrung, wie Radio Freies Wendland schon während der Abendstunden am Sonntag berichtete. Für die erfolgreichen Blockierer der vergangenen Nacht musste die Versorgung die letzten Kilometer zu Fuß durch den Wald in der Nähe des Castorstopps Harlingen transportiert werden, berichtete der Sender.

Die Castor-Blockade geht weiter

Parallel zu den Blockierern waren entlang der Strecke immer wieder Gruppen der Castor-Schottern– Bewegung unterwegs und räumten die Steine säuberlich aus dem Gleisbett. Teilweise wurde der Castortransport über diese nicht mehr befestigten Trassen weitergeführt, meldete „castorticker.de“.

Entlang der Strecke Dannenberg – Gorleben warten in der Nacht zu Dienstag noch einige Überraschungen auf die Castoren: Trecker, Sitzblockaden und ähnliche Unbilden.

Noch sind die Proteste nicht beendet: Nachdem der Zug am Vormittag Dannenberg erreicht hatte, endete zwar die Reise auf den Schienen, doch damit beginnt für die Atommüll-Transporteure der schwierigste Teil der Reise mit dem hochradioaktiven Stoff. In Dannenberg werden die Castoren auf LKWs verladen und müssen über die Straße nach Gorleben. In dieser Region konzentriert sich derzeit (Montag, 15.30 Uhr) der Widerstand. Auf den Straßen stehen Trecker und landwirtschaftliche Fahrzeuge. Auch auf der Transportstrecke zwischen Laase und Gorleben herrscht reges Landleben, dort befinden sich 1.200 Schafe und 500 Ziegen.

Während entlang und auf den Straßen von Dannenberg nach Gorleben vor allem die Bäuerliche Notgemeinschaft ihre landwirtschaftlichen Aufgaben wahrnimmt, versammeln sich immer mehr Sitzblockierer vor der Einfahrt zum Zwischenlager Gorleben. Wie die dort aktive Gruppe X-Tausenmal Quer am Nachmittag wissen ließ, ist das Zwischenlager für Kurzentschlossene über Umwege immer noch zu erreichen.

Auf der Castor-Transportroute:  Alles was Beine hat leistet Widerstand – die Polizei ist mittlerweile mit Wasserwerfern angerückt. (8.11.2010 – 16:00 Uhr)

Entlang der Straßen im gesamten Landkreis stehen Tramper, die sich noch jetzt am Nachmittag auf den Weg nach Gorleben machen.

Für die „Daheimgebliebenen“ rufen die Castor-Gruppen bundesweit zu der Aktion Laut Sein Gegen Atomkraft auf. Dazu sollen Menschen überall in Deutschland montags um 19.03 Uhr vor die Tür gehen und ohrenbetäubenden Krach machen, um den Schall weiter nach Berlin zu tragen – ab heute jeden Montag.

In Frankreich waren die Proteste weitaus weniger umfangreich als in Deutschland, trotzdem kam es entlang der Castorstrecke bei Caen zu Auseinandersetzungen mit der französischen Polizei, bei der drei der fünf französischen Aktivisten, die den Castor gestoppt hatten, verletzt wurden, einer davon schwer. Nun verlangt die französische Polizei 15.000 Euro Kaution von den Blockierern, ansonsten würden sie verhaftet. Eine Spendenwelle ist bereits angelaufen.

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Weitere Infos unter:

http://www.castorticker.de/
https://www.x-tausendmalquer.de/
http://www.widersetzen.de/
Radio freies Wendland: http://de.indymedia.org/stream/rfw.shtml

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