Die Grünen ahmen die Bundeswehr nach
Die Grünen sind längst nicht mehr das, als was sie einst begannen: eine Partei aus der Friedens- und Umweltbewegung. Es ist eigentlich Zeit, dass sie sich in „Die Olivgrünen“ umbenennen. Wie sehr sie längst eine Lobbypartei des Militärs und der Rüstungsindustrie geworden sind, zeigten sie jüngst auf ihrem Parteitag in Karlsruhe. Ein Kommentar.
„Machen, was zählt.“ – unter diesem Motto trafen sich die Delegierten der Partei Die Grünen vom 23. bis 26. November in Karlsruhe. Damit wollten sie auch ihr 40-jähriges Gründungsjubiläum nachfeiern, hieß es. Was da genau gefeiert wurde, ist mir nicht bekannt. Es könnte sich durchaus um den Abschied dieser Partei von ihren Wurzeln als konsequente Friedenspartei gehandelt haben. Dafür standen einst Namen wie Petra Kelly und Antje Vollmer, die zu den Gründerinnen und Gründern gehörten.
Dafür, wie weit sich die Grünen inzwischen von dem Erbe ihrer Gründergeneration entfernt haben, steht am deutlichsten die Bundesaußenministerin Annalena Baerbock. Sie sagte unter anderem im Oktober 2022 in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung: „Unsere Waffenlieferungen schützen Leben“. Das ist nur ein Beispiel dafür, dass diese Partei längst als Lobbyorganisation des Militärs und der Rüstungsindustrie durchgehen könnte.
Es könnte aber auch sein, dass sie eine PsyOp der Bundeswehr ist, eine psychologische Operation, da die bundesdeutsche Gesellschaft nicht erst seit der Aufforderung von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) wieder „kriegstüchtig“ werden soll. Bereits kurz nach dem Ende der Systemauseinandersetzung erklärte einer seiner Vorgänger, Volker Rühe (CDU), 1992 in einem Interview mit dem Magazin Der Spiegel offen bei der Frage nach möglichen Kampfeinsätzen der Bundeswehr:
„SPIEGEL: Da unterstützt Sie nur eine Minderheit der Bürger.
RÜHE: Ja, bis jetzt. Wir haben aber schon eine Zweidrittelmehrheit für die Blauhelm-Einsätze. Ich verstehe es völlig, daß es für Kampfeinsätze noch Vorbehalte gibt.
SPIEGEL: Die Bürger sollen sich eines Tages mit Kampfeinsätzen der Bundeswehr abfinden?
RÜHE: Ich glaube, daß man in die Verantwortung hineinwachsen muß. Übrigens strebt niemand Kampfeinsätze an.“
Die bundesdeutsche Gesellschaft soll also Schritt für Schritt wieder an die Remilitarisierung und die Rückkehr des Krieges als Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln gewöhnt werden. Und dabei stehen die Grünen derzeit an vorderer Front, wie sich in Karlsruhe zeigte. Dort stand unter anderem Baerbock auf der Bühne vor einer Stellwand, auf der das Motto prangte „Machen, was zählt.“ Der Spruch war auf einer dunkelgrünen Fläche zu sehen, versehen mit diagonalen Streifen in Grüntönen und Sternen.
Slogan und Hintergrund erinnerten mich an etwas – und nach einer kurzen Recherche hatte ich es gefunden: „Mach, was wirklich zählt.“ – mit diesem Spruch startete die Bundeswehr 2015 eine millionenschwere Werbekampagne. Ausgedacht hat sich das die Agentur Castenow, die anscheinend weiter fürs Militär arbeitet. Und der Bundeswehr-Slogan prangt wie bei den Grünen in Großbuchstaben auf einem Hintergrund in grünen Tarnfarben. Nur ein Wort fehlt in der Variante der grünen Partei.
Doch es ist eben nicht nur der fast gleiche Spruch: Auch der Hintergrund ist ähnlich. Einst waren die Werbeflächen zumeist einfarbig grün und höchstens noch mit der obligatorischen Sonnenblume versehen. Nun waren in Karlsruhe Streifen darauf zu sehen, die nicht nur mich an das Tarnmuster der Felduniform der einstigen DDR-Armee NVA erinnerte: „Ein Strich – kein Strich“. Das sogenannte Strich-Tarn-Muster gab es aber auch bei anderen Armeen.
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Eigentlich ist das, was sich die einstige Friedenspartei da in Karlsruhe leistete nur konsequent und wenig überraschend. Überraschend ist nur, wie sie anscheinend nicht merken, dass sie noch jede Kritik an ihrem Kurs selbst untermauern und bestätigen. Nun muss sich die Partei nur noch in „Die Olivgrünen“ umbenennen. Die entsprechende Politik betreibt sie ja längst.
Auf dem Parteitag lieferte sie noch einen anderen Beleg dafür, wie sie in aller Öffentlichkeit zur militaristischen Partei wird: Das beschlossene Programm für die Wahl zum EU-Parlament 2024 trägt laut einem Bericht auf der Partei-Webseite den Titel: „Was uns schützt“. Sie treibt die bittere Realsatire auf die Spitze, mit Baerbock voran. Ich denke aber nicht, dass es sich dabei um sprachliche Fauxpas handelt, wie sie sich die Ministerin-Darstellerin im Auswärtigen Amt immer wieder leistet.