Wikipedia als Machtinstrument im politischen Meinungskampf
Die Wikipedia wird als Durchlauferhitzer von Regierungsverlautbarungen genutzt. Dies lässt sich sehr eindrücklich am Beispiel des Verbots des Magazins Compact zeigen. Eine Kaste von unantastbaren Editoren, die etwa dem gleichen politischen Lager wie die Regierung angehören, hat seit Jahren die nahezu vollständige Kontrolle über das Online-Medium übernommen und missbraucht es als Vehikel zur Ausübung absoluter Meinungsmacht.
Der Fall Compact ist ein Beispiel für das Treiben von Wikipedia. Das Magazin wurde am 16. Juli 2024 von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) verboten. Unabhängig davon, ob man die Inhalte dieses Magazins grundsätzlich wegen der insgesamt politisch deutlich rechten Ausrichtung, den teils radikalen Äußerungen, den zumeist brachial-polemischen Formulierungen und Zuspitzungen ablehnt oder gut findet, gibt es hier doch ein viel wichtigeres, übergeordnetes Thema: Die Bundesregierung zensiert ein Medium, welches sich ganz offen der Oppositionspartei AfD als Sprachrohr anbot. Darüber hinaus ist für das Verbot ein juristisch fragwürdiges Konstrukt gewählt worden. Die Firma des Compact-Chefredakteurs Jürgen Elsässer, eine GmbH, wurde vom Bundesinnenministerium (BMI) einfach als “Verein” interpretiert. Über das juristisch sehr leicht zu handhabende Vehikel des Vereinsverbots wurden damit das Medium in Video, Ton und Schrift auf Papier und im Internet verboten. Wichtig ist, dass es in diesem Fall nicht etwa nur Beiwerk eines Vereins wäre (den es im vorliegenden Fall gar nicht gibt, außer in der freien Assoziation der Innenministerin).
Das Medium ist das Hauptziel von Faeser, die das in einem Statement auch freimütig zugibt. Sie sagt nämlich nicht etwa, sie habe den Verein hinter Compact verboten, sondern das Magazin Compact selbst. Hier handelt es sich offensichtlich um eine Umgehung und Aushebelung von Artikel 5 des Grundgesetzes, der die freie Meinungsäußerung garantiert und eine Zensur grundsätzlich verbietet.
Der Verfassungsrechtler Volker Böhme- Neßler, der Staatsrechtler Ulrich Vosgerau, der Bundestagsabgeordnete und Jurist Wolfgang Kubicki (FDP), der Medienanwalt Joachim Steinhöfel, der Medienverband der freien Presse (MVFP) und viele andere namhafte Juristen schlagen Alarm. Volker Boehme-Neßler sagte beispielsweise zum Compact-Verbot gegenüber WELT-TV:
Wir sehen, was ganz problematisch und was ganz heikel ist, nämlich, eine Regierung verbietet ein Pressemedium, das regierungskritisch ist. Das kennen wir eigentlich eher aus autoritären Staaten. Und wir haben in Deutschland die Pressefreiheit, das Grundrecht der Presse, das sehr weit reicht. Und deswegen, weil das Bundesverfassungsgericht das immer wieder betont: Ohne freie Presse gibt es keine Demokratie. Punkt. Und wir sehen jetzt, dass die Innenministerin da eingreift. […] Sie definiert die Redaktion und den Verlag von Compact als Verein. […] Sie umgeht sozusagen durch diesen Trick, dass sie sich auf das Vereinsrecht stützt, die Pressefreiheit; und das ist juristisch völlig inakzeptabel.
Der investigative Journalist Patrik Baab erklärte im Interview mit Milena Preradovic: “Politische Gegner mit solchen Maßnahmen zu überziehen und strafrechtlich zu verfolgen, das ist ein klassisches Kennzeichen einer Diktatur.” Der ehemalige Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen sagte im Interview beim Sender tv.berlin: “Das, was die Bundesregierung hier macht, ist ein Angriff auf die freiheitlich-demokratische Grundordnung.”
Nicht nur, dass die Juristin Faeser durch dieses Winkeladvokaten-Spiel den bitteren Eindruck hinterlässt, dass ihr das Grundgesetz vollkommen egal ist. Mehr noch, mit der Begründung zum Verbot bewegt sie sich – höflich formuliert – auf sehr dünnem Eis.10 In der Tat gehört viel Mut dazu, einen solch dürftigen Schriftsatz der Öffentlichkeit als juristische Begründung zu präsentieren. Das Bundesinnenministerium behauptet etwa in der Presseerklärung unter anderem Folgendes: “In ihren reichweitenstarken Publikationen und Produkten verbreitet die ‘COMPACT-Magazin GmbH’ antisemitische, rassistische, minderheitenfeindliche, geschichtsrevisionistische und verschwörungstheoretische Inhalte.”
Politische Kampfbegriffe
Aber diese vorgeworfenen Handlungen (ob sie nun zutreffend sind oder nicht) sind durch die verfassungsgemäß garantierte Meinungsfreiheit gedeckt! Nichts davon ist strafrechtlich relevant. Besonders fällt folgende Aussage vor laufender Kamera von Ministerin Faeser auf: “Es [Anm.: das Compact-Magazin] verfolgt eine klare Agenda, Rechtsextremisten zu vernetzen und antisemitische Verschwörungsideologien zu verbreiten.” Abgesehen davon, dass auch diese angeblichen “Vergehen” von der Meinungsfreiheit gedeckt sind, so gibt es hierfür keine schlüssigen Beweise. Die inzwischen öffentlich zugängliche, 82 Seiten starke Verbotsverfügung kann an keiner Stelle nachweisen, was das für “antisemitische Verschwörungstheorien” sein sollen. Ab Seite 12 werden allerlei unappetitliche Zitate zusammengetragen, nur keines davon ist im Sinne der Meinungsfreiheit bedenklich. Darüber hinaus passt keines der Zitate zum Vorwurf “antisemitisch”.
Beim Blick auf die Zitate fällt nicht etwa eine vermeintlich antisemitische Haltung, sondern vielmehr eine deutlich anti-islamische Haltung des Magazins auf. Genau das wird auch in der Verbotsverfügung so benannt. Was als Begründung für “antisemitisch” vorgebracht wird, ist “sekundärer Antisemitismus”, der nicht genauer spezifiziert wird. Beispiele dafür fehlen gänzlich. Darüber hinaus gab es in den 2010er Jahren ein Gerichtsverfahren, in dem sich Elsässer erfolgreich über mehrere Instanzen hinweg gegen den Vorwurf der Politikerin Jutta Ditfurth gewehrt hat, ein “glühender Antisemit” zu sein. Das Wort “antisemitisch” wird also ganz offenbar vollkommen evidenzbefreit als politischer Kampfbegriff benutzt. Genauso wie das Wort “Verschwörungsideologie”.
Die Wikipedia
Bemerkenswert ist genau diese Häufung der exakt gleichen politischen Kampfbegriffe in dem Online-Lexikon Wikipedia. Diese “erweiterte Nazikeule” lautet wie folgt: “rechts- radikal, Rechtspopulismus, geschichtsrevisionistisch, Rechtsextremist, antisemitisch, Verschwörungstheorie, Verschwörungsideologie”. Diese Begriffe werden durch die immer selben politisch aktiven Autoren eingetragen. Mehrere davon hat der investigative Journalist und Publizist Dirk Pohlmann zusammen mit mir in dem Format “Geschichten aus Wikihausen” in den letzten Jahren enttarnt. Schon im Jahr 2015 hatte ich beispielsweise die Wikipedia-Autoren “Kopilot” und “Phi” in einer ersten kritischen Dokumentation als Fallbeispiele herangezogen, um konkret zu zeigen, wie diese beiden neben etwa 80 anderen sogenannten “Sichtern” und “Administratoren” diese Kampfbegriffe in der Wikipedia anwenden. Sie sind dabei weltanschaulich streng transatlantisch orientiert. Der Autor “Kopilot” sieht sich selbst der “Antifa” nahe. Diese recht seltsam aufgestellte politische Gruppe nannten wir im Folgenden dann “TransatlANTIFA”, der Verfassungsschutz benennt diese als “Antideutsche”. Diese Autoren manipulieren systematisch und großflächig alle politisch relevanten Artikel in der Wikipedia.
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MARKUS FIEDLER ist Biologe mit Hauptfächern Molekulargenetik und Mikrobiologie sowie Lehrer für die Fächer Musik und Biologie und unterrichtet an einer allgemeinbildenden Schule. Er beobachtet kritisch die dunklen Machenschaften hinter der sauberen Fassade des Scheinlexikons Wikipedia und deckt diese auf. Er hat Filme zum Thema gemacht: “Die dunkle Seite der Wikipedia” und “Zensur”. Seit Anfang 2018 produziert er zusammen mit Dirk Pohlmann den Video-Blog “Geschichten aus Wikihausen”. #WikipediaIstKeinLexikon