Report Mainz und die Medienkampagne gegen Karim Popal
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Wie der Anwalt der Kundus-Opfer von den deutschen Medien in die Mangel genommen wurde –
Von THOMAS WAGNER, 15. Juni 2010 –
„Wer die Bundeswehr im persönlichen Lebensumfeld oder in den Medien wahrnimmt, der gewinnt meist positive Eindrücke.“ Mit diesen Worten fasst das Sozialwissenschaftliche Institut der Bundeswehr (SOWI) die Ergebnisse einer von ihm im Oktober und November 2009 durchgeführten Bevölkerungsbefragung zum Sicherheits- und verteidigungspolitischen Meinungsklima in Deutschland zusammen. „Von denen, die im Fernsehen etwas über die Bundeswehr sehen, nehmen 87 Prozent die Streitkräfte positiv wahr, davon 41 Prozent ‚Sehr positiv‘ oder ‚Positiv‘ und weitere 46 Prozent ‚Eher positiv‘. Nur 13 Prozent gelangen zu einem negativen Gesamtbild. Ebenso günstig sind die Eindrücke derjenigen, die dem Thema ‚Bundeswehr‘ in Zeitungen und Zeitschriften oder im Internet begegnen.“ (1)
Aus der Perspektive der Streitkräfte haben die Medien ihre Sache also gut gemacht. Nimmt man jedoch den Anspruch des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zum Maßstab, die Pluralität des demokratischen Meinungsspektrums auch nur annähernd zu repräsentieren, liegt ein Versagen auf ganzer Linie vor. Besonders deutlich wird das beim Thema „Kriegseinsatz der Bundeswehr in Afghanistan“. Obwohl sich die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung laut Umfragen dafür ausspricht, den Krieg zu beenden und die deutschen Truppen aus dem fernen Land am Hindukusch abzuziehen, überwiegen in den Sendungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks seit Beginn des Afghanistan-Feldzugs die Stimmen der Kriegsbefürworter. Meist sitzt jeweils nur ein einziger Kriegsgegner in den Runden der entsprechenden Fernseh-Talk-Shows. Immer wieder erhält der Bundesverteidigungsminister Gelegenheit, seine Kriegspolitik im Fernsehen ausführlich zu vertreten. Mal lässt man ihn in der ARD bei „Beckmann“ plaudern. Mal organisiert der WDR eine aufwendige Live-Schaltung in die USA, damit sich zu Guttenberg gemeinsam mit Richard Holbrooke, dem US-Sonderbeauftragten für Pakistan und Afghanistan, den vorher abgesprochenen Fragen des Studio-Publikums stellen kann. Wer dagegen die Kriegspolitik der Bundesregierung kritisch hinterfragt oder den Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan fordert, wird, wie die rund 150 Bundeswehroffiziere des Darmstädter Signals, entweder totgeschwiegen oder muss mit heftigem medialen Gegenwind rechnen. So ist es im Januar 2010 auch dem Bremer Rechtsanwalt Karim Popal ergangen.
Anwalt unter Verdacht
Zu diesem Zeitpunkt verhandelte der deutsche Menschenrechtler afghanischer Herkunft schon seit Wochen mit dem Bundesverteidigungsministerium über eine angemessene Entschädigung der Opfer des von einem deutschen Oberst zu verantwortenden Bombardements im afghanischen Kundus. Nun aber begannen große deutsche Medien Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit zu schüren. Popal wolle vor allem sich selbst bereichern, lautet einer der Vorwürfe: Daher treibe er die Opferzahlen nach oben. Er habe „vor Ort regelrechte Akquisitionstouren“ unternommen, um die Mandate der Opferfamilien einzusammeln, hieß es bei stern.de. (2) Das waren schwere Vorwürfe gegen einen Juristen, der mit 19 Jahren als afghanischer Flüchtling nach Deutschland gekommen war und sich mit seiner kleinen Anwaltskanzlei vor allem als juristischer Vertreter von Asylbwerbern einen guten Ruf erarbeitete und im Auftrag der Max-Planck-Gesellschaft in Afghanistan Juristen ausgebildet hat. Aber es sollte noch heftiger kommen. Zwei große Nachrichtenmagazine verbreiteten Gerüchte, Popal würde afghanische Extremisten unterstützen. Er „unterhalte Kontakte zu radikalen Islamisten in Afghanistan“, schrieb der Focus (3/2010) (3) und Spiegel Online (10.01.2010) machte sich zum Sprachrohr des Gouverneurs von Kundus, Mohammad Omar. Der hatte behauptet, dass die von Popal verhandelten Entschädigungszahlungen „letztlich bei den Taliban“ landen (4) würden. Doch ist dieser Gouverneur eine glaubwürdige Person? Bei Spitzenbeamten der Bundesregierung galt er bis vor kurzem selbst als Taliban-Freund, verstrickt in Kriegsverbrechen und den Drogenhandel. Das Wohlwollen der deutschen Behörden und von Teilen der Medien erlangte er erst zu dem Zeitpunkt wieder, als er seine Angaben zu den Opfern des Luftangriffs am 4. September 2009 noch am selben Morgen im Sinne der Bundeswehr nach unten korrigierte und behauptete, dass „nur Taliban und deren Verbündete“ getötet wurden. Recherchen von Hintergrund legten die Vermutung nahe, dass es zwischen der Bundeswehr vor Ort und dem Gouverneur entsprechende Absprachen gegeben hat. Weitere Informationen von Spiegel Online (16.12.2009) haben diesen Verdacht erhärtet. (5) Dass sich der afghanische Politiker um Menschenleben nicht schert, zeigt das folgende Zitat: „Die Dorfbewohner haben den Preis dafür bezahlt, dass sie den Aufständischen helfen und ihnen Unterschlupf gewähren“, lautete sein zynischer Kommentar gegenüber der britischen Nachrichtenagentur Reuters. (6)
Tendenziöser ARD-Bericht
Die massivste Attacke gegen Karim Popal ging von einem Politikmagazin des Ersten Deutschen Fernsehens aus. „Report Mainz“ feuerte unter dem Titel „Die ominöse Rolle des Opferanwalts Karim Popal“ am 11. Januar 2010 um 21.45 Uhr eine ganze Salve von Vorwürfen gegen den Bremer Rechtsanwalt ab. (7) Das Fazit lautete: Herr Popal sei „wohl eher nicht der richtige Gesprächspartner für das Bundesverteidigungsministerium.“ Aber worauf gründet sich dieses scharfe Urteil? Bei näherem Hinsehen auf nichts als eine Aneinanderreihung äußerst wackliger Indizien, die zudem sehr einseitig kommentiert werden. Der Beitrag versucht den Eindruck zu erwecken, dem Anwalt könne es „vor allem um Publicity und Honorar“ gegangen sein. Deshalb vertrete er so viele Mandanten, deshalb seien die von ihm genannten Opferzahlen viel höher als die von einigen Menschenrechtsorganisationen. Diese Verdächtigungen untermauert der Fernsehbericht mit Aussagen der Generalsekretärin der deutschen Sektion von Amnesty International, Monika Lüke, und des grünen Bundestagsabgeordneten Omid Nouripour. „Zurzeit schachert Herr Popal um die Opferzahlen, und das halte ich nicht für hilfreich“, sagt Lüke. Wie sie diesen Vorwurf begründet, wird in der Report-Mainz-Sendung freilich nicht erkennbar. Aber auch gegenüber Hintergrund wollte sich Frau Lüke dazu nicht äußern. Ein solches Gespräch sei nicht zielführend für die Anliegen von Amnesty International, ließ sie Hintergrund am 16.02.2010 durch ihren Pressesprecher mitteilen.
Deutlich auskunftsfreudiger zeigte sich dagegen der grüne „Verteidigungsexperte“ Omid Nouripour. „Die von Popal genannten Opferzahlen sind einmalig hoch. Alle mir bekannten Berichte über den Vorfall, die Situation und die Zahl der Toten zeigen, dass es keinerlei Indizien dafür gibt, dass die Zahlen so hoch sind, wie er sagt“, sagte er im Gespräch mit Hintergrund. Keinerlei Indizien? Popal nennt 137 zivile Tote und 5 getötete Taliban-Kämpfer. Auch im offiziellen Untersuchungsbericht der ISAF ist die Rede von bis zu 142 Toten. Das ist in der Summe die gleiche Zahl. 137 addiert mit 5 ergibt zusammen ebenfalls 142. Als er mit dieser Grundschulrechnung konfrontiert wurde, wich Nouripour freilich aus. Er dürfe und wolle über den ISAF-Bericht nicht reden.
Eric Beres, der für den Report-Mainz-Bericht verantwortliche Journalist, verwies gegenüber Hintergrund darauf, dass „Organisationen wie Amnesty International und die afghanische unabhängige Menschenrechtskommission zu niedrigeren Zahlen kommen als Herr Popal“. Fakt ist aber auch, dass die von Popal ermittelten Opferzahlen im Unterschied zu den Angaben von Amnesty International auf wochenlangen Untersuchungen eines sorgfältig zusammengestellten Recherche-Teams beruhen, mit NATO-Angaben übereinstimmen und zudem nach Alter, Geschlecht, Wohnort und Familienstand genau aufgeschlüsselt sind. Die erschreckend hohe Zahl von getöteten Kindern unter den Opfern ist mittlerweile von zwei Angehörigen der Bundestagsfraktion der Linken bestätigt worden. Jan van Aken und Christine Buchholz hatten das Land Ende Januar für fünf Tage besucht und dabei auch mit einigen Angehörigen der Opfer gesprochen. Für Popal hatte sich schnell herausgestellt, dass die Daten von Amnesty International, dem Roten Kreuz, der Gesellschaft für bedrohte Völker und anderen Organisationen auf unzureichenden Recherchen beruhten, die jeweils nur ein oder zwei Tage gedauert hatten. Auch Nouripour hält die Zahlen der Menschenrechtsorganisationen für nicht valide. Über den Bericht des Internationalen Roten Kreuzes sagte der Politiker im Gespräch mit Hintergrund sogar: „Die haben eine Zahl, von der sie selber sagen, dass sie auf einer Ansammlung von Behauptungen auf einer Website der Taliban beruht.“ Popals Team dagegen hat sechs Wochen vor Ort recherchiert. Dabei sind sie auf 5 getötete Taliban und 179 zivile Opfer gekommen. „Von diesen 179 sind 22 Verschollene. Dazu kommen 20 Verletzte. Dann bleiben 137 Tote. Für 113 Tote habe ich Dokumente, die jedes Gericht anerkennt. Bei den übrigen 24 Toten sind die Dokumente nicht vollständig. Entweder ist der Personalausweis mit dem Toten gemeinsam vernichtet worden oder die Verwandtschaftsverhältnisse sind nicht geklärt, weil sich die Frauen verstecken oder sie nicht mit den Frauen aus unserem Recherche-Team sprechen durften“, sagte der Bremer Anwalt im Hintergrund-Interview.
Gegen Nouripour verspürt Popal einen Groll. Aus nachvollziehbaren Gründen: Der grüne Bundestagsabgeordnete und der Bremer Anwalt sind einmal mit der selben Maschine der Bundeswehr nach Afghanistan und wieder zurück geflogen. Doch Nouripour mied den Kontakt zu ihm, als dem Anwalt der Opfer, so Popal. Er habe nach seinem Interview mit Report Mainz keine große Lust verspürt, ein ausführliches Gespräch mit Popal zu führen, bestätigte der Grünen-Politiker im Gespräch mit Hintergrund die Angaben seines Kontrahenten.
Man muss sich das einmal vor Augen führen. Da fliegt ein Bundestagsabgeordneter nach Afghanistan, um sich vor Ort über die Folgen des Kundus-Massakers zu informieren und ihn interessieren die Ansichten des von der Bundesregierung anerkannten Vertreters der Opferinteressen überhaupt nicht!
Ein zwielichtiger Gewährsmann
Zurück in Deutschland ließ sich Nouripour sehr negativ über die von Popal initiierten Hilfsprojekte aus. Die Winternothilfe würde sowieso jedes Jahr organisiert werden. Doch stellt sich schon hier die Frage, wie genau es Nouripour mit der Wahrheit nimmt. Denn die vom Bundesministerium für Verteidigung herausgegebene Zeitschrift „Bundeswehr aktuell“ (15.2.2010) berichtete über die gleiche Winterhilfe für „bedürftige Familien in den vom Luftschlag vom 4. September betroffenen Gebieten“, sie gehe auf eine Übereinkunft von Vertretern des Verteidigungsministeriums, des Bremer Anwalts Karim Popal und der afghanischen Seite zurück. Über die längerfristig angelegten Projekte, die Popal vorgeschlagen hat, ein Waisenhaus, ein Landwirtschaftsprojekt für Jugendliche ohne Schulausbildung, einen Milchviehbetrieb und einen Teppichknüpfbetrieb für Frauen, sagte Nouripour gegenüber Hintergrund, dass sowohl die afghanische als auch die deutsche Seite diese für unrealistisch und unangemessen hielten. Zumal die afghanische Seite erhebliche Probleme gezeigt habe, den Vorschlägen zu folgen.
Wer die afghanischen Gewährsmänner Nouripours kennt, wird über diese Bewertung freilich nicht überrascht sein. Es handelt sich um die Vertreter des oben schon erwähnten, äußerst zwielichtigen Kundus-Gouverneurs Mohammad Omar. Dabei ist sich Nouripour selbst darüber im Klaren, dass der Gouverneur nur wenig glaubwürdig ist: „Ich weiß, dass der Mann nicht der Seriöseste ist. Wenn Aussage gegen Aussage von Omar gegen irgendjemanden stünde, wäre ich versucht, erst einmal zu sagen: „Es muss nicht so sein, wie Omar das sagt.“
Vorwurf extremistischer Agitation
Solange es gegen Popal geht, scheint ihm aber jede noch so weit hergeholte Beschuldigung glaubwürdig genug, um auf eine eigene Überprüfung der Fakten verzichten zu können. In einer Videoaufnahme, die Nouripour von Report Mainz vorgespielt wurde, soll Popal gegenüber afghanischen Dorfbewohnern über „die europäischen und amerikanischen Truppen in Afghanistan“ gesagt haben: „In verschiedenen Orten ist es so: Sie gehen in die Dörfer und töten Menschen, weil sie einen langen Bart tragen und sich wie die Taliban kleiden.“ Das zum Teil sehr brutale und rücksichtslose Vorgehen der Besatzungstruppen in Afghanistan gegen die Zivilbevölkerung wird nicht nur von Karim Popal kritisiert. Ganze Hochzeitsgesellschaften und viele Kinder sind in den vergangenen Jahren durch Bombardements ermordet oder grauenhaft verstümmelt worden.
Für Popal war es bis vor kurzem undenkbar, dass sich auch die Bundeswehr einmal eines solchen Kriegsverbrechens schuldig machen würde. Das hat er bei jeder sich bietenden Gelegenheit in Deutschland und in Afghanistan gesagt. Als er von dem Kundus-Bombardement erfuhr, hatte er zuerst nicht glauben wollen, dass die Bundeswehr irgendetwas damit zu tun haben könnte. Daher überrascht es nicht, dass auch in der von Report Mainz zitierten Stelle von der Bundeswehr überhaupt nicht die Rede ist.
Der Kommentar tut aber so, als ob Popal auch die Bundeswehrsoldaten gemeint habe. Der Kommentar-Text fragt sinnentstellend: „Die Truppen, also auch die Bundeswehr, töten wahllos unschuldige Zivilisten?“ Der Report-Mainz-Journalist Eric Beres hält dieses Vorgehen für „absolut legitim, zumal Herr Popal die Bundeswehr von seiner Einschätzung nicht ausdrücklich ausnimmt“. Und Nouripour ist sich aufgrund dieser dürren Faktenlage sicher: „Das ist eine klare Agitation. Und das ist ein Aufwiegeln der Leute gegen die internationalen Truppen.“ Klar ist hier aber lediglich, dass sich der erklärte Taliban-Gegner Popal ganz zu Recht über die nachweislich von internationalen Truppen an der afghanischen Zivilbevölkerung verübten Massaker empört.
Report Mainz hält Popal vor, dass sechs Dorfälteste mit ihm nichts zu tun haben wollen. Dass dies an dem besonders vorsichtigen und auf die Rechte der Frauen bedachten Vorgehen Popals liegen könnte, kommt den Machern des Berichts dabei nicht in den Sinn. Besonderes Augenmerk legt der Menschenrechtler darauf, dass die deutsche Hilfe jene Menschen erreicht, die sie am dringendsten benötigen: die Witwen und Waisen. Um diese besonders schutzbedürftigen Personen zu erreichen, hat er die nachhaltigen Projekte initiiert. Direkte Geldzahlungen, so glaubt er, würden nur den Männern zugutekommen und könnten in falsche Hände geraten. Manch einem Mann in der durch und durch patriarchalischen Gesellschaft der Afghanen dürfte dieser Ansatz gegen den Strich gehen. Daher muss es auch nicht verwundern, dass sich manche Männer direkt von der deutschen Regierung entschädigen lassen wollen. Popal hat an seine Mandantinnen nur vermittels der Frauen in seinem Recherche-Team herantreten können.
Hätte Report Mainz seinen Zuschauern nicht solche Hintergrundinformationen liefern müssen, statt den Eindruck zu erwecken, Karim Popal habe mit den meisten seiner Mandanten gar keinen Kontakt gehabt? Auf Nachfrage ist sich Eric Beres keiner Schuld bewusst: Ob es den Anwälten als Männern nicht erlaubt sei, mit den Frauen direkt zu sprechen, könne er nicht beurteilen.
Das klingt wenig glaubwürdig, denn entsprechende Informationen über Gepflogenheiten des Landes sind leicht zu recherchieren. Hat der Mann sein Handwerk etwa nicht richtig gelernt?
Besonders problematisch ist in diesem Zusammenhang zudem zweierlei: Zum einen ist die entsprechende Passage im Fernsehbeitrag so geschnitten, dass der Eindruck entsteht, als ob Popal regelrechte Prämien für Vertretungsvollmachten gezahlt hätte. Zum anderen beruft sich Report Mainz zur Unterfütterung seiner Behauptungen auf eine dubiose Quelle: Die E-Mail eines namentlich nicht genannten deutschen Anwalts, der Popal zweimal nach Kundus begleite habe, an das Verteidigungsministerium von Ende Dezember. Auch das Nachrichtenmagzin Focus (3/2010) zitiert im Januar aus einem per E-mail übermittelten Anwaltsschreiben. Darin behaupten Popals frühere vermeintliche Helfer in Sachen Opferentschädigung, Oliver Wallasch, Markus Goldbach und Andreas Schulz, ihr Kollege würde „ausschließlich finanzielle Eigeninteressen“ verfolgen. Steckt womöglich eine Anwaltsintrige hinter der medialen Kampagne gegen Popal? Ein Bericht der Frankfurter Rundschau vom 12.1.2010 scheint diese Vermutung zu erhärten. Darin ist von Spekulationen aus „Bremer Juristenkreisen“ die Rede, „dass eine Intrige die Negativberichte angeschoben hat; den oder die Urheber vermuten sie unter den drei Anwälten aus Berlin und Frankfurt, die zunächst mit Popal in dem Fall zusammengearbeitet hatten“. Hintergrund hat die Herren Goldbach und Schulz um eine Stellungnahme gebeten. Bis heute haben Sie auf unsere am 18. Januar 2010 schriftlich eingereichten Fragen nicht geantwortet.
Rufschädigende Folgen
Der Report-Mainz-Bericht verwertet fragwürdige Quellen, ist schlecht recherchiert und suggestiv geschnitten. Trotzdem war er sehr wirkungsvoll, um das öffentliche Bild von Karim Popal zu beschädigen. Das wird deutlich, wenn man sich die Presseresonanz ansieht. Die Deutsche Presse Agentur (dpa), einer der wichtigsten Multiplikatoren von Nachrichtentexten, gab in ihrer Meldung vom 14.01.2010 den Inhalt des Fernsehbeitrags wie folgt wieder: Karim Popal soll „falsche Angaben über die Zahl der Opfer gemacht und Vollmachten von Mandanten unrechtmäßig beschafft haben“. In der Wochenzeitung Die Zeit hieß es ebenfalls unter Berufung auf die Sendung, eine afghanische Politikerin habe bestätigt, „dass Popal ihr Prämien für unterschriebene Mandate gezahlt habe“. (8) Die Mitteldeutsche Zeitung titelte: „Opfer-Anwalt gerät ins Zwielicht.“ Der Tagesspiegel (13.01.2010) gab die im Bericht erhobenen Vorwürfe wieder und fügte eine Äußerung der als „Afghanistan-Spezialistin“ vorgestellten Bundestagsabgeordneten Marieluise Beck (Grüne) hinzu: „Das Bundesverteidigungsministerium ist aufgefordert, den Ungereimtheiten nachzugehen und schnell zu klären, mit welcher anwaltlichen Vertretung es zu tun hat.“ (9) Die glühende Verfechterin des Kriegseinsatzes der Bundeswehr bezeichnete einige Äußerungen Popals als „ungewöhnlich und unverständlich“. (10) Ob es sich bei all dem um eine Mischung aus politischem Kalkül und journalistischer Schlamperei oder um eine gesteuerte Intrige handelt, muss beim gegenwärtigen Informationsstand offenbleiben.
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Der Artikel erschien zuerst in Hintergrund Heft 1/2 – 2010.
Quellen unter:
http://www.hintergrund.de/hintergrund-heft-0102-10-report-mainz-und-die-medienkampagne.html