Keine Gerechtigkeit für Peter Handke
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Aus Anlass des 70. Geburtstags von Peter Handke am 6. Dezember 2012 veröffentlichen wir einen Artikel aus dem aktuellen Hintergrund-Heft. –
Von KURT GRITSCH, 6. Dezember 2012 –
Für seine Kritik an der westlichen Berichterstattung über die jugoslawischen Zerfallskriege (Bosnien 1992-1995, Kosovo 1999) wurde der Schriftsteller geächtet. Dabei hatte er in der Hauptsache recht.
Wer im Fall von Konflikten vermitteln will, gerät in Gefahr, selbst zur Zielscheibe zu werden – zumindest dann, wenn sich das Gros der Massenmedien bereits auf eine Seite geschlagen hat. Das musste im April dieses Jahres Günter Grass erfahren, als er in seinem Gedicht „Was gesagt werden muss“ vor der Kriegsgefahr warnte, die von der gegenwärtigen israelischen Regierung ausgeht. Am Ende schien nicht mehr der Erhalt des Friedens, sondern das vermeintliche Versagen des Intellektuellen zum Hauptthema der Debatte geworden zu sein. Der Versuch, den einstmals hoch geschätzten Schriftsteller intellektuell zu entmündigen, ähnelt in mancherlei Hinsicht jener Hinrichtung auf Raten, die dem Schriftsteller Peter Handke vor allem in deutschsprachigen Feuilletons widerfahren war. Der Grund: Handke hatte ab 1996 wiederholt die einseitige Parteinahme maßgeblicher westlicher Medien gegen Serbien mit den Mitteln eines Dichters hinterfragt.
Gerechtigkeit für Serbien, am 5./6. und 13./14. Januar 1996 vorab in der Wochenendbeilage der Süddeutschen Zeitung veröffentlicht, war auch über die Grenzen des deutschen Sprachraumes hinaus der Literaturskandal des Jahres 1996. Der Kärntner Autor Peter Handke hatte in Prolog und Epilog seines Reiseberichtes aus der Republika Srpska die antiserbische Berichterstattung westlicher Printmedien angeprangert und unter anderem einige Schriftstellerkollegen und Intellektuelle, die sich zum Jugoslawien-Krieg geäußert hatten, für ihr Engagement zugunsten von Kroaten und bosnischen Muslimen gerügt. Dabei war der Schriftsteller darum bemüht, die medial geschürten Feindbilder gegenüber den Serben aufzulösen und nach Wegen der Versöhnung zu suchen. Handkes Kritik an Zeitungen wie FAZ, Le Monde und Spiegel konnte bei diesen aber nur auf Ablehnung stoßen – jede zustimmende Rezension im Feuilleton wäre einem Eingeständnis des eigenen Versagens, einer journalistischen Bankrotterklärung, gleichgekommen. Auffallend ist jedoch, dass sich recht bald eine Phalanx von Printmedien gegen Handkes Thesen bildete, die von bürgerlichen bis hin zu linken Medien reichte. Bereits nach wenigen Wochen war klar, dass „Gerechtigkeit“ nicht nur für Serbien, sondern auch für den österreichischen Dichter in immer weitere Ferne rückte. Die mediale Ablehnung, die dem Werk widerfuhr, indem sich die Vorwürfe von „politisch indiskutabel“ über die Denunzierung des Autors als „Spinner“ bis zur Negierung des poetischen Anspruches – Handkes Werk sei keine Kunst, sondern Kitsch – erstreckten, reichte so weit, dass Peter Handke, als „Serbenfreund“ verschrien, zur Persona non grata stigmatisiert wurde – und mit ihm zugleich jene Wenigen, die sich noch getrauten, dem Chor der Verdammung zu widersprechen. Feuilletonisten lehnten eine Auseinandersetzung mit den Gründen für Handkes proserbische Haltung ab. Der Vorwurf ideologischer Intention, der absichtlichen Irreführung wurde gegen den Dichter dabei gerade von jenen erhoben, die ihrerseits die traditionelle Interpretation des Jugoslawien-Krieges mit beinahe militanter Vehemenz verteidigten: Serbien sei der Aggressor, Slowenen, Kroaten, Bosnier die Opfer – eine Sichtweise, die inzwischen in der Wissenschaft längst vom Konzept wechselseitiger Verantwortung für die Kriege abgelöst worden ist. Doch obwohl seit Beginn des Jugoslawien-Konfliktes immer wieder auch Stimmen laut geworden waren, die der gängigen These westlicher Berichterstattung, wonach Serben die „neuen Nazis“ waren, widersprachen, reagierten die deutschsprachigen Feuilletons auf Peter Handkes Reisebericht äußerst gereizt. So wurden nicht nur Handkes Thesen, denen zufolge die Verantwortung für die Kriege bei verschiedenen Akteuren innerhalb und außerhalb Jugoslawiens lag – eine Sichtweise, die von jüngsten Forschungsergebnissen bestätigt wird – abgelehnt, sondern auch der Schriftsteller als Künstler und Person. Dies ging so weit, dass Handke unterstellt wurde, er wolle das Massaker von Srebrenica leugnen, und man ihn schließlich sogar in die Nähe von Auschwitz-Leugnern rückte, eine Strategie, die Folgen zeigte: Der gegen Gerechtigkeit für Serbien erhobene Vorwurf der Demagogie wurde schließlich von der überwältigenden Anzahl der Printmedien kolportiert, sodass seine Widerlegung kein Gehör finden konnte. Ein ähnliches Schicksal war Erich Fried und seinem Gedichtband und Vietnam und dreißig Jahre zuvor widerfahren.
Mechanismen der Ausgrenzung
Fried wurde in den 1990er Jahren von der Geschichtswissenschaft rehabilitiert, die Handke-Debatte dauerte indes an. Drei Jahre nach Gerechtigkeit für Serbien, mit Ausbruch des „Kosovo-Krieges“, gegen den der Dichter erneut seine Stimme erhob, erwies sich die Situation des Kärntner Schriftstellers desolater denn je: Vom Gros der deutschsprachigen Literaturkritik wurde Handke kurzerhand für politisch unzurechnungsfähig erklärt. Im Spiegel wartete Peter Stolle mit einer für die Handke-Berichterstattung des Magazins nicht untypischen Verleumdung auf. So habe der Schriftsteller „mit heißem Herzen, aber betrüblich schwach bei Verstand“(1) immer wieder Serbien bereist und Widerspruch bei öffentlichen Diskussionen mit dem Ausspruch „Sie können sich Ihre Leichen in den Arsch stecken“ beschieden. Wiewohl der Artikel suggerierte, dass Peter Handke solche Aussagen öfter gemacht hätte, stellte dies nicht den Höhepunkt an Einseitigkeit dar, auch nicht die Tatsache, dass der Satz aus dem Zusammenhang gerissen worden war, sondern die Verdrehung des Zitierten. Die korrekte Aussage war eine wütende Replik auf die Frage des News-Journalisten Karl Wendl nach der Betroffenheit Handkes angesichts der Leiden in Bosnien gewesen und hatte wie folgt gelautet: „Stecken Sie sich von mir aus Ihre Betroffenheit in den Arsch!“ Andernorts wurde nicht mit gefälschten Zitaten, sondern mit der Unterstellung „gearbeitet“, dem Schriftsteller ginge es vor allem um PR für sein damals gerade neu erschienenes Stück Die Fahrt im Einbaum oder Das Stück zum Film vom Krieg (Frankfurt a.M. 1999), ein Theaterstück über die unterschiedlichen Interpretationen des „Jugoslawien-Krieges“. Auch auf Nazi- und Stalin-Vergleiche glaubten manche Kritiker Handkes nicht verzichten zu können. Im Berliner Tagesspiegel wurde Handke am 8. April 1999 von Autor Hans-Christoph Buch in die Riege der Faschismus verherrlichenden Dichter Ezra Pound (für Mussolini) und Louis-Ferdinand Céline (für Hitler) eingereiht. Pound – Céline – Handke, angesichts der damaligen westlichen Propaganda (Mussolini) – Hitler – Milošević ein nachvollziehbarer, wenngleich insbesondere für einen Intellektuellen fragwürdiger Vergleich. Wie ungenau im Feuilleton gelesen wurde, verdeutlichte der österreichische Standard: Dass Handke den auf Kosovo-Flüchtlinge und Vertriebene (aus heutiger Sicht faktisch zu Unrecht) angewandten Begriff „Deportierte“ als „eine Entwertung des Judenelends“ kritisiert hatte, hinderte Hans Rauscher nicht daran, dem vermeintlichen „Wiederholungstäter gegen humanes Denken“ (Standard, 14. Mai 1999) vorzuwerfen, das Niveau von Holocaust-Verharmlosern oder „die moralisch-intellektuelle Verrottung jener Intellektuellen erreicht zu haben, die Stalin und Mao für die Schaffung eines ‚neuen Menschen’ priesen“. Kaum einmal wurde versucht, Handkes Motivation zu verstehen – man zweifelte im Gegenteil seine Glaubwürdigkeit und Integrität an. Frauke Meyer-Gosau meinte 1999 in der Literaturzeitschrift text + kritik gar, beim Dichter einen Komplex auszumachen. Dieser setze sich zusammen aus Relativierungsstrategien, der Manier der Abwehr von Schuld und Mitschuld und schließlich dann der Zuflucht zu den Kinder-Bildern, die alle Jugoslawien-Texte von Peter Handke prägen.(2) Manch einer schreckte auch nicht davor zurück, den Geisteszustand des Schriftstellers infrage zu stellen. Marcel Reich-Ranicki empfahl dem Dichter angesichts der wütenden Medienschelte, „sich möglichst schnell in die Obhut eines Sanatoriums zu begeben“.(3) So wurde Handkes Kritik an der medialen Inszenierung realen Leides als „Verhöhnung der Opfer“(4) ausgelegt, obwohl die Medienwissenschaft die Sichtweise des Schriftstellers bestätigt.(5)
Interventionistische Kriegserzählung
Die später geführte Diskussion über die Rolle der deutschen Massenmedien während des „Kosovo-Krieges“ zeigte zudem ob ihrer selbstkritischen Töne, dass der Schriftsteller mit seinem Standpunkt so falsch nicht lag. Angesichts des vor allem in deutschen Printmedien weit verbreiteten prointerventionistischen Standpunktes musste Handkes Meinung auf Ablehnung stoßen. Dass der Dichter dabei auch noch die Moral für seine Argumentation in Anspruch nahm, musste auf Kritiker geradezu blasphemisch wirken, denn die Moral war innerhalb der Kriegserzählung ausschließlich Interventionisten vorbehalten: Die NATO führte, so die Befürworter des Angriffes auf Jugoslawien, eine „humanitäre Intervention“ zur Rettung der Albaner im Kosovo durch. Den Krieg als unmoralisch darzustellen, musste damit zum Ausschluss aus der Erzählgemeinschaft führen.(6) Entscheidend war dabei der auf Glauben und Meinung beruhende Konsens unter den großen deutschen und deutschsprachigen Massenmedien. Denn auf der Ebene der Fakten war Handkes Kritik durchaus gerechtfertigt: Menschenrechtsfragen spielten im „Kosovo-Krieg“ nur eine untergeordnete Rolle, das Hauptmotiv war die Wandlung der NATO im fünfzigsten Jahr ihres Bestehens vom Verteidigungs- zum globalen Interventionsbündnis. Schlussendlich lenkte aber die Aufregung um Handke von der Frage nach Recht- und Verhältnismäßigkeit des NATO-Einsatzes ab und wirkte dadurch beruhigend auf zweifelnde Interventionsbefürworter. In seiner dezidierten Parteinahme für Serbien fand der Dichter bei den großen deutschen Zeitungen keine Zustimmung. Verständnis wurde allenfalls seinem poetischen Anliegen entgegengebracht, ebenso gab es vereinzelte Versuche, die provokanten Interview-Aussagen vom literarischen Werk zu trennen. Am meisten Ablehnung kam von Spiegel, FAZ und taz. Die Zeit ließ immerhin auch Handke-Verteidiger zu Wort kommen, und die am stärksten dem Rechtfertigungsdiskurs der NATO-Propaganda erlegene Süddeutsche Zeitung veröffentlichte zumindest den Reisebericht des Dichters. Seine Medienkritik lehnten jedoch alle diese Zeitungen ab. Mit dem Ende der Luftangriffe gegen Serbien wurde es dann auch um den österreichischen Autor ruhiger. Die Einseitigkeit vieler Presseorgane hielt aber auch über den Krieg hinaus an. Zwar berichtete Handke 2002 für die Süddeutsche Zeitung über den Milošević-Prozess in Den Haag(7), doch tauchten die alten Vorwürfe anlässlich der geplanten Verleihung des Heine-Preises 2006 wieder auf.
Instrumentalisierung des Holocaust
Die Düsseldorfer Lokalpolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) unterstellte dabei dem Dichter, „Mord, Vertreibung, Massenfolter und Vergewaltigung“(8) relativiert zu haben. Und während Düsseldorfs Oberbürgermeister Joachim Erwin (CDU) für die Verleihung des Heine-Preises an Peter Handke eingetreten war, opponierte sein Parteikollege Jürgen Rüttgers, der damalige nordrhein-westfälische Ministerpräsident, dagegen mit der Behauptung: „Die Landesregierung ist der Meinung, dass für den Heine-Preis nicht preiswürdig ist, wer den Holocaust relativiert.“(9) Holocaust- oder Srebrenica-Relativierer? Hier ist vorab eine Klärung der Sachverhalte nötig: Handke war und ist trotz aller Parteinahme für Serbien kein Srebrenica-Leugner, und selbst dann wäre er noch nicht automatisch jemand, der die Shoah relativiert. Der Hintergrund ist folgender: Die Annahme eines Genozids an den bosnischen Muslimen im „Bosnien-Krieg“, das von der US-amerikanischen PR-Agentur Ruder Finn verbreitete Synonym „Serben = Nazis“ sowie das in Den Haag als Genozid bezeichnete Massaker von Srebrenica spielen in der Jugoslawien-Debatte vor allem unter Befürwortern westlicher Interventionspolitik eine zentrale Rolle. Problematisch ist neben der UN-Definition von Genozid, die auf zahlreiche Kriegsverbrechen weltweit anwendbar wäre(10), dass die Bezeichnung „Völkermord“ gerade im deutschen Sprachraum mit der planmäßigen Vernichtung der europäischen Juden durch die Nationalsozialisten assoziiert wird. Nicht der Vergleich, sondern die suggerierte Gleichsetzung der realen Völkermorde des Zweiten Weltkrieges oder, in anderer und auch zahlenmäßig abgeschwächter Form, von Ruanda 1994 mit dem behaupteten Völkermord an den bosnischen Muslimen sowie dem Massaker von Srebrenica führte erst zu jenen fragwürdigen Revisionismus-Unterstellungen, die in der Handke-Debatte bei Kritikern allgegenwärtig sind. Wer den bosnischen Genozid leugnet, leugnet Srebrenica, und wer das abstreitet, leugnet also auch den deutschen Völkermord, lautet die Schlussfolgerung. Dabei hat Peter Handke wiederholt auf die Gefahr der Relativierung der Shoah hingewiesen. Ihm vorzuwerfen, er habe „den Holocaust relativiert“(11), ist absurd. Während der Schriftsteller seine mit Bedacht gewählten Fragen reflektiert und Versöhnung anstrebt, geht es NS-Revisionisten um Hass, Ausgrenzung und Intoleranz sowie um die Reinwaschung Deutschlands von seiner historischen Schuld. Wo Letztere Fakten abstreiten, stellt Handkes Relativierung der angeblichen Alleinschuld Serbiens eine Differenzierung in der Wahrheitssuche dar. Serbische Verbrechen waren und sind weder qualitativ noch quantitativ mit den nationalsozialistischen vergleichbar. Vor allem aber sind die Vorfälle juristisch nicht annähernd so akribisch untersucht worden wie der deutsche Genozid.
Gegen Vorverurteilung
Wogegen sich Handke stellt, ist die Vorverurteilung, und dort leistet sein Werk Wesentliches für den Anspruch auf Gerechtigkeit. Während Journalisten von „Brennpunkten“(12) berichten (müssen), erforschte der Dichter das Dritte, „dieses Nebendraußen, jenes neben den Brennpunkten des Kriegstheaters Existierende“.(13) Auf der literarischen Ebene eckten seine um Nuancen bemühten Worte, die er der mehrheitlich stereotypen Sprache vieler Journalisten gegenüberstellte, schon deshalb an, weil sie zu Relativierungen führten, wo in den Medien Absolutheit herrschte. Seine der Eindeutigkeit journalistischer Erzählung entgegengehaltene Mehrdeutigkeit stellte lieb gewonnene Sicherheiten infrage und kratzte am Selbstverständnis jener, die mit Entschlossenheit an einer Politik festhielten, die in Serbien und Milošević das alleinige Übel erblickte. Des Weiteren provozierte der Schriftsteller durch seine zugespitzten Interview-Aussagen, in denen er sich bisweilen dem sachlichen Gespräch entzog und stattdessen mit Polemik, Ironie und Sarkasmus reagierte. Für zusätzliche Aufregung sorgten seine mitunter fragwürdigen Handlungen, angefangen bei seinen Reisen nach Serbien über sein Auftreten als Trauzeuge eines in Deutschland als Kriegsverbrecher verurteilten Serben(14) bis zu seiner Rede beim Begräbnis von Slobodan Milošević im Mai 2006. Damit und mit manchen polemischen Äußerungen fügte der Dichter sich und seinem Anliegen letzten Endes mehr Schaden als Nutzen zu. Trotzdem entband dies niemanden von einer fairen Beurteilung. Vielleicht war diese aber auch von Anfang an nicht gewünscht. Stand zu Beginn der Diskussion noch die mangelnde oder vorhandene Gerechtigkeit gegenüber Serbien bzw. serbischen Bevölkerungsteilen im ehemaligen Jugoslawien im Vordergrund, ging es am Ende fast nur mehr darum, sich für oder gegen Handke zu positionieren, ohne dass sein Werk noch als Diskussionsgrundlage gedient hätte. Dies spricht für die These, nach der die Handke-Auseinandersetzung als Sündenbockstrategie, als Zielscheibe zur Ablenkung der Medien von berechtigter Kritik an der Berichterstattung im Umgang mit einem europäischen Konflikt wie Jugoslawien interpretiert wird. Zu seiner Einschätzung dieser These befragt, wies der ARD-Korrespondent Detlef Kleinert, der in den 1990er Jahren wiederholt Serbien als Hauptschuldigen dargestellt hatte, sie ohne weitere Begründung mit dem Satz zurück: „Diese These ist dummes Zeug!“(15)
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Dr. Mag. Kurt Gritsch ist Zeithistoriker und Konfliktforscher. Zum Thema des Artikels sind von ihm erschienen: Peter Handke und „Gerechtigkeit für Serbien“. Eine Rezeptionsgeschichte (StudienVerlag, Innsbruck – Wien – Bozen 2009) sowie Inszenierung eines gerechten Krieges? Intellektuelle, Medien und der „Kosovo-Krieg“ 1999 (Olms Verlag, Hildesheim 2010).
Anmerkungen und Quellen
(1) Peter Stolle, Maulwerker ahoi. Serbien in Not, Peter Handke in Rage: Gegen Nato und schurkische Journaille macht der Dichter sein neues Theaterstück zur skandalumraunten Geheimsache, in: Der Spiegel, 29. März 1999.
(2) Frauke Meyer-Gosau, Kinderland ist abgebrannt. Vom Krieg der Bilder in Peter Handkes Schriften zum jugoslawischen Krieg, in: Text und Kritik 24 Peter Handke, Juni 1999, S. 3-20, S. 17.
(3) Reiter, profil, 31. Mai 1999. – Reich-Ranickis Aussage verwundert angesichts des seit Jahren angespannten Verhältnisses zwischen dem Kritiker und dem Dichter nicht.
(4) So Franz Bogen, österreichischer Botschafter in Sarajevo a.D. Vgl. Carl Gustaf Ströhm, Wo eine Dichterlesung Politik ist. Österreichs Konservative streiten über Handkes Auftritt im Parlament, in: Die Welt, 5. Juni 1996.
(5) Ignacio Ramonet, der damals in Paris an der Denis-Diderot-Universität Theorie der audiovisuellen Kommunikation lehrte, konstatierte 1999 bezüglich der opferzentrierten Krisenberichterstattung: „Frauen, Kinder und Alte werden genüsslich in allen erdenklichen Posen des Leidens dargestellt“. Ignacio Ramonet, Die Kommunikationsfalle. Macht und Mythen der Medien, Zürich 1999, S. 125.
(6) Georg Seeßlen, Kriegsnovelle oder: Wie eine Erzählgemeinschaft für einen moralischen Krieg erzeugt wird, in: Klaus Bittermann/Thomas Deichmann, Wie Dr. Joseph Fischer lernte, die Bombe zu lieben. Die SPD, die Grünen, die Nato und der Krieg auf dem Balkan (Critica Diabolis 86), Berlin 1999, S.169-184, S. 175.
(7) Peter Handke, „Und wer nimmt mir mein Vorurteil?“, in: Süddeutsche Zeitung Magazin 40, 4. Oktober 2002, S. 8-32.
(8) Thomas Steinfeld, Handke und kein Preis. Die Selbstinszenierung der üblen Nachrede, in: Süddeutsche Zeitung, 31. Mai 2006.
(9) dpa, Rüttgers kritisiert Handke, in: taz, 1. Juni 2006.
(10) http://www.un.org/millennium/law/iv-1.htm, update 19. Januar 2008
(11) dpa, Rüttgers kritisiert Handke, in: taz, 1. Juni 2006.
(12) Theodor Ebert, Die poetische Methode und ihre Grenzen – oder Peter Handkes Reiseberichte aus Jugoslawien als Friedenstexte, in: Ulrich Albrecht/Jörg Becker (Hg.), Medien zwischen Krieg und Frieden (Schriftenreihe der Arbeitsgemeinschaft für Friedens- und Konfliktforschung e.V. 29), Baden-Baden 2002 , S. 260.
(13) Ebd., S. 254.
(14) Allerdings wurde der Angeklagte Novislav Djajic 1997 nicht wegen eines Völkermord-Delikts verurteilt, sondern wegen Beihilfe zum Mord und versuchtem Mord. Von Kritikern als „Bauernopfer“ der deutschen Justiz, „die ein Exempel statuieren zu müssen glaubte“, bezeichnet, wurde Djajic wegen guter Führung frühzeitig entlassen. Hauptbelastungszeuge war ein langjähriger Jugendfreund Djajics gewesen, die guten Beziehungen zwischen den Familien des angeklagten bosnischen Serben und des muslimischen Belastungszeugen wurden verschwiegen. Es war der erste Fall, in dem jemand von einem deutschen Gericht als Kriegsverbrecher verurteilt wurde. Vgl. Thomas Deichmann, Hochzeit des Waldläufers. Peter Handke setzt seine serbische Mission fort – als Trauzeuge des in Deutschland als Kriegsverbrecher verurteilten Novislav Djajic, in: profil, 30. Oktober 1999.
(15) ARD-Korrespondent Detlef Kleinert in seinem Antwortschreiben auf einen ihm zugesandten Fragebogen zu Peter Handke, Jugoslawien, der Kriegsberichterstattung und dem Diskurs über die »Humanitäre Intervention«. Im Besitz des Verfassers.