Medien und Militärpropaganda

General Zeitenwende

Der MDR will mit seinem Audio-Podcast „Was tun, Herr General?“ eine Lücke in der öffentlichen Debatte schließen. Jene zwischen „Wahrnehmung und Wirklichkeit“. Es geht um den Ukraine-Krieg. Doch bei der Aufklärungsmission bleibt nicht nur der Friedensgedanke auf der Strecke.

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General Erhard Bühler (rechts) bei der Zeremonie zum Kommandowechsel im Hauptquartier der Allied Joint Force Command Brunssum 2019
Foto: Sgt Marc-André Gaudreault, Allied Joint Force Command Brunssum Imagery, Lizenz: CC BY-SA 2.0 , Mehr Infos

Im Kriegsfall werden neben den Armeen auch die Herzen und Köpfe der Zivilbevölkerung aufgerüstet. Während heutzutage eine zunehmend konformistische Berichterstattung, die auf die Überwältigungsästhetik drastischer Bilder und subjektives Storytelling setzt, für die permanente Emotionalisierung der Menschen an der Heimatfront sorgt, bringen Militärexperten ihr Denken auf Vordermann.

So hatte der MDR schon in der zweiten Märzwoche dieses Jahres eine Großoffensive im seit Beginn der russischen Invasion in der Ukraine extrem verengten Meinungskorridor eingeleitet. Damit wolle er „der wachsenden Unsicherheit in der Bevölkerung Rechnung zu tragen“: Der Sender lädt das Publikum mit seinem Audio-Podcast „Was tun, Herr General“ in der Regel zweimal wöchentlich, meist dienstags und freitags, zur „Lagebesprechung“ ein, moderiert von Redakteur Tim Deisinger vom MDR-Nachrichtenradio. „Im Mittelpunkt jeder Podcast-Episode stehen die profunde Bewertung von Kampfgeschehen und Frontverlauf, aber auch die politische Gemengelage in Moskau, Washington und Berlin“, hieß es in einer Pressemitteilung zum Start der Reihe.1

Das „Bühler-Papier“

Wie ihr Titel deutlich macht, hat der MDR einen hochrangigen Militär für seine Mission gewinnen können: Erhard Bühler, der in Fort Leavenworth im Bundesstaat Kansas eine US-Generalstabsausbildung absolviert hat, war bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand im Mai 2020 Befehlshaber des Allied Joint Force Command in Brunssum, eines der beiden NATO-Oberkommandos in Europa, von wo aus unter anderem der Afghanistan-Einsatz geleitet und koordiniert wurde. Während des Kosovo-Kriegs der NATO diente Bühler als Referent im Verteidigungsministerium, von 2001 bis 2002 als Adjutant von Rudolf Scharping (SPD) und nach dessen Entlassung als der seines Nachfolgers Peter Struck (SPD). 2010 übernahm er die Führung des KFOR-Einsatzes in Pristina.

Bühler gehört zu den Architekten des Umbaus der Bundeswehr von einer Verteidigungsarmee zur „Armee im Einsatz“. Und noch wichtiger: Als Urheber des 2017 erstellten „Bühler-Papiers“ mit den „vorläufigen konzeptionellen Vorgaben für das künftige Fähigkeitsprofil der Bundeswehr“ hatte er „erheblichen Änderungsbedarf“ angemeldet und dafür plädiert, „deutlich ambitioniertere Ziele“ angesichts einer wachsenden Konfrontation mit Russland zu setzen.2 Entsprechend begrüßte Bühler in seinem Papier die 2016 von der damaligen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen angekündigte „Trendwende Finanzen“ – die mit dem am 27. Februar 2022 vom Deutschen Bundestag beschlossenen Hundert-Milliarden-Paket für die Bundeswehr zur „Zeitenwende“ ausgeweitet wurde.

Für den Siegfrieden

Nun tritt der General a.D. für den MDR als Fürsprecher einer Hochrüstungsoffensive gegen Moskau auf, die er selbst erheblich vorangebracht und mitgestaltet hatte und die bereits beschlossene Sache war, Jahre bevor der russische Einmarsch in die Ukraine die passende Legitimationsideologie dafür geliefert hat.

Entsprechend lässt Bühler in seinen Sendungen die Notwendigkeit eines harten Kurses nicht infrage stellen – sie gilt vielmehr als „Erkenntnis“, hinter die niemand mehr zurückfallen darf. Wer glaubt, dass die NATO eine stabile Friedenslösung in der Ukraine torpediert habe, der irre. Das gelte beispielsweise für den ehemaligen OSZE- und UN-Diplomaten Michael von der Schulenburg, der sich für einen „Verhandlungsfrieden“ einsetzt, statt „durch eine weitere Intensivierung des Krieges auf einen Siegfrieden“ hinzuarbeiten zu wollen: „Der kommt aus einer Welt, die noch von Partnerschaft mit Russland geprägt war und nicht durch Konfrontation“, kanzelt Bühler den Friedensforscher als ewiggestrigen Vertreter der Entspannungspolitik der Bonner Republik ab. Erst recht kein Pardon kennt Bühler für Mahner, die meinen, dass Russland sich aus nachvollziehbaren Gründen vom Westen militärisch bedroht fühlt. In Wirklichkeit sei die Aggression von der Gegenseite ausgegangen, „die Einkreisungstheorie stimmt nicht“, betont der General. „Das System Putin ist auf Lügen aufgebaut.“3

Der „Erklärbär“

Bühler möchte mit einem ehrenwerten Konzept dagegenhalten: Als Träger von fundiertem wie umfangreichen Experten- und „Geheimwissen“, das nur erwerben kann, wer sich in den obersten Kommandostrukturen einer Armee bewegt hat, will er kompetent darüber aufklären, was wirklich der Fall ist. „Je besser wir alle informiert sind, desto weniger fallen wir auf Propaganda und Fake News herein.“4 Diese auf Objektivität bauende Haltung hebt sich angenehm vom „Breaking News“-Sensationalismus und der moralischen Hysterie der etablierten Medien ab, deren Maschinerie fast nur noch willfährige Verdoppelung des von der Ampel-Regierung eingeforderten Konsenses auswirft und die ohnehin äußerst seltenen Interviews mit Dissidenten regelmäßig in peinliche Verhöre münden lässt.

Dagegen als rational denkender Analytiker zu brillieren, ist für Bühler ein Leichtes. Die aktuelle Lage – Infanterie- und Artilleriegefechte, Raketenbeschuss auf Städte, Geländegewinne, Truppenverschiebungen, Versorgungsengpässe – an allen Fronten im Donbass und der Ostukraine arbeitet er mit professioneller Nüchternheit auf. Eine strukturierte Auswertung des „Munitionsgipfels“ im Kanzleramt ist für ihn eine Routineübung. Und knifflige Fragen, etwa zur Wartung von Panzern, Ersatzteilbeschaffung, taktischen Rolle von Partisanen, zur Funktion von Drohnenbooten, Haubitzen und zu „schmutzigen Bomben“, beantwortet er kenntnisreich und souverän.

Dafür ist ihm stets eine blendende Resonanz sicher, nicht nur als „Erklärbär“, so das Lob vieler Hörer. Auch als konsequenter Kritiker von Irrtümern, die im eigenen Lager begangen werden, genießt er großen Respekt. Schließlich verschont er nicht einmal die Protagonisten der westlichen Weltpolitik. Jüngst nahm er sich Großbritanniens Ex-Premier Boris Johnson vor und bescheinigte ihm, „Unsinn“ geredet zu haben, nachdem dieser angeprangert hatte, dass die deutsche Regierung am Anfang des Krieges billigend in Kauf genommen habe, dass die Ukraine verliert. Und indem er immer wieder abenteuerliche Forderungen wie die Durchsetzung von Flugverbotszonen in der Ukraine abbürstet, die unweigerlich den militärischen Eintritt der NATO in den dritten Weltkrieg bedeuten würde, beweist der General hervorragende soldatische Tugenden wie Beharrlichkeit, Langmut und Ruhe. Je erhitzter die Gemüter – so scheint es –, desto kühler Bühler.

Marschierende Spießer“

Nach dem Motto „Was Sie schon immer über Krieg wissen wollten, aber bisher nicht zu fragen wagten“ darf auch das Publikum den Feldherrenhügel erklimmen und die Ereignisse auf den Schlachtfeldern kommentieren. Viele Zuhörer, darunter nicht selten ehemalige Bundeswehrsoldaten, beweisen dabei einen beachtlichen Sachverstand. Nicht wenige legen aber auch einen dubiosen Eifer an den Tag, wenn es darum geht, sich als Scharfmacher zu profilieren. Der „Geist des marschierenden Spießers“, stellte der Schriftsteller Walther Victor einst fest, sei „die stärkste Stütze“ eines Systems, das nichts Gutes für die Menschen im Sinn habe.

Manche bemängeln, dass die Ukraine den Krieg nicht hart genug führe und die NATO Kiew viel zu wenig unterstütze. Einige wollen sogar ganz genau wissen, dass die Rakete, die Mitte November in Polen eingeschlagen ist und zwei Menschen getötet hat, nicht, wie längst belegt, vom ukrainischen Militär, sondern in Wahrheit von den Russen abgefeuert wurde – und fordern entsprechend harte Konsequenzen. Andere erteilen gute Ratschläge, wie man es endlich richtig krachen lassen könnte: Warum wird nicht endlich einmal die Krim-Brücke ins Visier genommen?!, monierte ein Anrufer im August und lieferte „ganz viele Kreativideen“: beispielsweise sollten „tieffliegende MiGs der Ukraine“ oder ein „Lastwagen mit Sprengstoff“ angreifen – ein Wunsch, der rund sechs Wochen später in Erfüllung gehen sollte.5

Gegen Ängste und hässliche Wahrheiten

Redakteur Deisinger freut sich über solche Inspirationen und zeigt sich erleichtert, dass in der deutschen Gesellschaft „ein Wandel in der Wahrnehmung des Krieges“ zu beobachten ist und die Menschen ihre Angst vor einer katastrophischen Eskalation weitgehend abgelegt hätten. Das sei daran erkennbar, dass das Publikum seiner Sendung mit wachsendem Mut überlege, wie man „die Russen in die Knie zwingen“ könnte. Bühler wird nicht müde zu betonen, dass Nuklearwaffen bloß ein politisches Mittel der Abschreckung und nicht zum Einsatz bestimmt seien und man sich daher nicht vom „atomaren Erpressungsgehabe“ des Kremls leiten lassen soll: Vielleicht, frohlockt der Moderator, habe der General mit seiner geduldigen Art zu erklären, wie es sich wirklich verhält mit der nuklearen Bedrohung, einiges dazu beigetragen, dass bei „so manchem Hörer der Schrecken ein bisschen weg ist“.

Skrupulositäten in der deutschen Zivilgesellschaft auszuräumen – offenbar ein besonders Anliegen, was das Vorgehen der ukrainischen Streitkräfte anbelangt: Dass sie seit dem Maidan-Putsch 2014 in der Ostukraine Wochenmärkte, Schulen, Kindergärten, Wohnviertel beschießen und bereits vor der russischen Invasion Tausende Zivilisten getötet hatten – das ist ein thematisches Minenfeld, das Tim Deisinger und General Bühler in ihren schonungslosen Analysen dann meist doch lieber meiden. Allemal spricht man nicht so gern über die von Kämpfern faschistischer Regimenter, etwa Asow, und anderer rechtsextremer Einheiten begangenen Schwerstverbrechen, wie Morde und Folterungen, obwohl einige vom Büro des Hohen Kommissars der UN für Menschenrechte dokumentiert wurden und damit als Tatsachen zu behandeln sind.

Dass die russischen Truppen nur Lumpenhunde sein sollen, die rund um die Uhr plündern, marodieren und vergewaltigen, und ihre Kommandeure des Teufels Generale, während der Waffenrock des ukrainischen Militärs stets blütenweiß bleibt – derartige Erzählungen sind langfristig auch dem kadavertreusten Publikum nicht so leicht zu vermitteln. Schon gar nicht, wenn diese Schilderungen aus dem Donbass kommen und Augenzeugen präsentieren. Da man auf keinen Fall als „Pressestelle der NATO“ daherkommen wolle, wie Deisinger versichert und natürlich „beide Seiten zu Wort kommen lasse“, wie Bühler ergänzt, wird hier und da schon mal eine heikle Frage verhandelt: Als ein Hörer berichtete, dass das Leben von Angehörigen seiner Familie von „kleinen Bomben am Boden“ bedroht werde (Antipersonenminen, die nach dem Ottawa-Abkommen von 1997 verboten sind), die die ukrainische Armee wiederholt vom Himmel über Donezk regnen lassen hat, machte Bühler klar, dass nicht sein kann, was nicht sein darf: Die Ukraine verwende keine „geächteten Waffen“, so seine „Einschätzung“. Denn damit würde sie die Unterstützung „konterkarieren“, die sie aus dem Westen erhält. „Das ist nicht vorstellbar, dass so etwas passiert.“6

Doppelte Standards

Was für den berühmten Reiniger in „Küche, Hausflur und Bad“ gilt, der in den 1980er-Jahren mit dem Marsch „Stars and Stripes Forever“ beworben wurde, muss erst recht für den militärischen Lebenslauf eines Generals zutreffen, der mitverantwortlich für die Durchführung des ersten Angriffskriegs seit 1945 mit deutscher Beteiligung war: „Nur was richtig sauber ist, kann richtig glänzen.“7 Daher sollen selbst „Thesen“ kein Tabu sein, „mit denen Herr Bühler nicht konform geht“, wie Deisinger stolz hervorhebt, denen der General sich aber trotzdem mit mutiger Entschlossenheit stellt – „ich bin nicht aus Watte“, sagt er.

So wurde jüngst auf Wunsch aus dem Publikum die „wertebasierte“ Kriegführung des Westens kritisch infrage gestellt und auf den Prüfstand gehievt. Nachdem Bühler die russischen Angriffe auf Umspannwerke und andere zivile Infrastruktur der Ukraine gegeißelt und betont hatte, dass die NATO niemals derartige Kriegsverbrechen begehen würde, hat ihn ein Hörer daraufhin prompt an die Operation Allied Forces im Kosovokrieg erinnert, die ohne UN-Mandat durchgeführt worden war: „Die NATO bombt Serbien in die Dunkelheit“, rezitierte Deisinger eine Schlagzeile der Washington Post von 1999. Aber Bühler wollte beim besten Willen die doppelten Standards nicht erkennen, die er für Russland und den Westen anlegt. Schließlich habe die NATO damals einen „Völkermord“ zu verhindern gehabt und keine ihrer Operationen sei „in irgendeiner Weise“ mit den russischen Feldzügen zu vergleichen. Was Bühler bei Putin als „systematischen mörderischen Terror gegen die Bevölkerung“ ausmacht, kommt bei der NATO wegen ihrer Treue zum Völkerrecht und ihrer „scharfen Bestimmungen“ nicht vor – und falls doch, dann nur als „fehlerhafte Dinge“ und „tragische Verwechslungen“.8

Mehr Waffen!

Die grundsätzlich immer gegen Russland gelenkte NATO-Kriegsaufklärung, die Bühler als „ausgewogen“ begreift, ist aber nur „eines“ seiner Motive, die Sendung zu machen, wie er selbst einräumt. Die anderen nennt er nicht explizit, sie ließen sich aber schon nach den ersten Folgen mehr als nur erahnen: Seine Devise „Frieden schaffen kann man nur mit noch mehr Waffen“ avancierte früh zum Leitmotiv.

Dass Deutschland bisher immer noch keine Schützen- und Kampfpanzer geliefert hat, betrachtet Bühler als „verpasste Chance“ und ein Versäumnis, für das ihm jedes Verständnis fehlt. „Es gibt einfach Vorbehalte, die sich an den Begriffen Offensiv- und Defensivwaffen festmachen lassen“, spielt er auf das vermeintliche Hindernis an, dass einigen Politikern immer noch unbehaglich ist bei dem Gedanken, dass Leopard und Marder am Dnepr Bilder produzieren könnten, die schmerzhaft an die verheerenden Szenarien nach dem Überfall der Deutschen Wehrmacht auf die Sowjetunion 1941 erinnern. Dabei könne doch jede Waffe für unterschiedliche Zwecke eingesetzt werden, hält Bühler den Zauderern entgegen. „Zur Verteidigung auf der strategischen Ebene gehört dazu, dass man auf bestimmten Frontabschnitten auch offensiv tätig wird, um sich Gelände wieder zurückzuholen oder um den Gegner abzudrängen oder um ihm Verluste zuzufügen.“ Das heißt, es muss die gesamte Artenvielfalt der deutschen Heereslandschaft ausgeschöpft werden, damit die Gegenoffensive der Ukraine erfolgreich sein kann. Denn dass sie ein russisches Besatzungsregime hat – „das kann auch nicht in unserem Interesse sein.“ Daher will sich der General nicht vorstellen, dass der Bundeskanzler und andere westliche Regierungen bei ihrer zögerlichen Haltung bleiben werden.

Militarisierung als deutsche Staatsräson

„Das Diktum, dass es keine militärischen Lösungen gibt – das stimmt so nicht.“ Militär sei ein Mittel der Politik, ist eine wichtige frei nach Clausewitz formulierte Botschaft, die Bühler vermitteln will. Das geht am besten im Duett mit einem Haudegen, der unbefangen Dinge ausspricht, die man sich als ehemaliger engster Berater von bundesdeutschen Verteidigungsministern noch verkneifen muss: Die Sendung mit dem Militärhistoriker Sönke Neitzel – „Wir brauchen Soldaten als Kämpfer und Krieger, müssen das Kriegshandwerk wieder lernen“9 –, die Ende Juli ausgestrahlt wurde, um endlich einmal Klartext über „Das große Ganze des Ukraine-Kriegs“, so der Titel, zu reden, gehört zweifellos zu den Highlights der Podcast-Reihe.

„Einige haben den Schuss nicht gehört“, beklagte Neitzel, der seit Jahren in keiner der zahlreichen ZDF-History-Ausgaben mit „Bomben-und-Granaten“-Themen fehlen darf, dass es seit dem Kalten Krieg mit der Bundeswehr „bergab gegangen“ sei und sie als Institution „immer noch im tiefen Frieden“ stecke. „Es macht mich fassungslos, dass wir diesen Zustand zugelassen haben“, ergänzte Bühler die derzeit vor allem von etablierten Medien unter Hochdruck verbreitete Mär von der „kaputtgesparten“ Bundeswehr.

Neitzel bezweifelte, dass es „genügend Ansagen von oben“ gibt und kündigte an, dass er und seine Kollegen die Verantwortlichen „nicht davonkommen lassen“ werden: „Wir wollen, dass sie es rocken“, polterte er, nachdem er erleichtert verkündet hatte, dass seine Landsleute „doch nicht ganz so postheroisch sind“, wie lange angenommen worden sei. „Die Deutschen waren immer Weltmeister im Moralisieren von der Seitenlinie“ – damit müsse endlich Schluss sein. „Ich freue mich über die Ungeduld, die hier spürbar ist“, lobte Bühler den Heißsporn und ergänzte: „Die habe ich natürlich auch.“ Jetzt gelte es, Durchhaltefähigkeit zu zeigen, waren sich die beiden einig, schließlich gehe es darum, „die Demokratie wehrhaft zu halten“.10

Dafür muss man sie laut Bühlers Logik in Krisenzeiten einschränken und die Gesellschaft die Hand an die Hosennaht legen: Die deutschen Politiker müssten sich dauerhaft von „Mantren“ wie „Keine Waffen in Krisengebiete!“ verabschieden und in den Wahlprogrammen der Parteien endlich die „existenziellen Fragen“ der Sicherheit und Verteidigung in den Fokus gerückt werden. Darüber hinaus dürften die Rüstungskonzerne, die durch den Ukraine-Krieg gerade Extra-Milliardenprofite einfahren und die Bühler mit orwellianischem Euphemismus „Verteidigungsindustrie“ nennt, nicht mehr „Ächtung“ erfahren, sondern sollten endlich als „systemrelevante Partner“ anerkannt werden. Und besonders wichtig, „damit das Ganze schneller geht“: Gesetze und andere Auflagen, die die Aufrüstung behindern, müssten ausgesetzt werden und alle Beteiligten, etwa die Beamten des Finanzministeriums und Bundesrechnungshofs, „verpflichtet werden, an einem Strick zu ziehen“, verlangt der General – und damit praktisch die Einführung der Kriegswirtschaft und die Militarisierung der Politik als deutsche Staatsräson.11

 

Quellen

1 www.presseportal.de/pm/7880/5167528

2 www.imi-online.de/2017/05/08/buehler-papier/

3 www.mdr.de/nachrichten/podcast/general/audio-cherson-dnepr-sieg-ukraine-100.html

4 www.mdr.de/nachrichten/podcast/general/audio-bachmut-donnbass-offensive-china-100.html

5 www.mdr.de/nachrichten/podcast/general/audio-ukraine-krieg-krim-bruecke-100.html

6 www.mdr.de/nachrichten/podcast/general/audio-ukraine-krieg-china-taiwan-100.html

7 www.youtube.com/watch?v=S8tQ2ymiv9w

8 www.mdr.de/nachrichten/podcast/general/audio-angriffe-infrastruktur-ukraine-bevoelkerung-durchhalten100.html

9 www.nd-aktuell.de/artikel/1148151.soenke-neitzel-loblied-auf-den-archaischen-kaempfer.html

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10 www.mdr.de/nachrichten/podcast/general/audio-ukraine-russland-historiker-neitzel-kriegsende-100.html

11 www.mdr.de/nachrichten/podcast/general/audio-belarus-kriegseintritt-ukraine-krieg-100.html

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