Terroralarm am Mittelmeer

Bumm-Bumm am Ballermann

Hinweis: Die Bilder sind aus den archivierten Hintergrund-Texten vor 2022 automatisch entfernt worden.

1462360501

Terroralarm am Mittelmeer: Nicht die Küstengebiete in Libyen oder in Syrien sind unsicher, laut Bild bedroht der IS „unsere“ Strände auf Mallorca und in Italien. Beweise? Null. C-Promis sind dennoch in Sorge –

Sommer, Sonne, Saufen am Mittelmeer, das ist nicht mehr, Bild hat kürzlich Alarm geschlagen: „Sicherheitsbehörden warnen. Terror an unseren Ferien-Stränden geplant.“ Getarnt als Strandverkäufer sollen Selbstmordattentäter an europäischen Stränden morden, kolportiert der Springer-Boulevard. Getarnt als fliegende Händler sollen sie kommen, getarnt als Verkäufer sollen sie Touristen statt Sonnenbrillen, T-Shirts und Getränken den Tod bringen, will Bild aus Ermittlerkreisen des deutschen Auslandsgeheimdienstes BND erfahren haben. Betroffen seien die Küstenregionen von Italien, Spanien und dem Süden Frankreichs. Die Urlaubsstrände seien „kaum zu schützen“, zitiert Bild einen namentlich nicht genannten „hohen deutschen Beamten“.

Dementis aus den genannten Ländern und Touristengebieten kamen prompt. Ein auf Mallorca verhafteter junger Mann marokkanischer Herkunft scheint eher dem lokalen Kleinkriminellen-Milieu anzugehören als den Kopf-ab-Brigaden des „Islamischen Staates“, die die Bevölkerung in den Südanrainern des Mittelmeeres terrorisieren.

Closer, das deutsche „People-Magazin“ aus dem Hause Bauer, weiß es besser. Mallorca sei „in diesem Jahr … ins Visier von Terroristen geraten“. Im aktuellen Heft „sprechen die Ballermann-Stars über ihre Angst und wie sie mit der Situation umgehen“. Der als „Schlagersänger“ firmierende Tim Toupet (44) fühlt sich „massiv davon  betroffen“, es macht ihm „sehr große Sorgen, wie die Welt sich verändert“.

“Terror” auf der Baleareninsel? Vor allem Touristen – meist aus Deutschland und Großbritannien – machen das Ferienparadies unsicher. Durch Alkoholexzesse oder auch mal eine mörderische Familienfehde.

Die 32-jährie Micaela Schäfer, die ihr Geld mit Nacktplattenauflegen im „Megapark“, Public-Viewing-Nippel-Tätowierung und reichlich Silikon-Präsentation verdient, ist „sichtlich schockiert“. Dem Anti-Terror-Fachblatt Closer hat die „DJane“ verraten: „Ich werde definitiv öffentliche Strände meiden und nur in private Beach-Clubs gehen.“ Auf der Deutschen liebsten Sonneninsel habe sie den Urlaub „vor dem Terror-Verdacht gebucht. Hätte ich es gewusst, wäre ich definitiv woanders hingeflogen.“

Jürgen Drews (71), der „König von Mallorca“ will den Kalifat-Terroristen die Stirn bieten. „Ich finde, wir müssen erhobenen Hauptes durch diese ganze Situation gehen. Etwas anderes bleibt uns wohl nicht übrig!“ An den Clubs seien die Einlasskontrollen verstärkt worden. „Es werden jetzt Body-Checks vorgenommen, das gab es früher nicht“, so der Schlagerbarde. „Natürlich ist das auch kein absoluter Schutz, beruhigt aber etwas.“

Tatsächlich sind in den vergangenen Wochen mehrere Touristen gewaltsam zu Tode gekommen. Sie wurden jedoch nicht Opfer islamistischen Terrors, sie haben einfach zu viel gesoffen oder die falsche Frau geheiratet.

Wie die Mallorca Zeitung berichtet, wurde vergangene Woche ein junger Mann aus Deutschland vor einem Hotel tot aufgefunden. Unter Berufung auf die Behörden schrieb die Nachrichtenagentur efe, der 25-Jährige aus Baden-Württemberg sei den ersten Erkenntnissen zufolge möglicherweise „aus geringer Höhe auf die Straße gestürzt“. Die Polizei schloss einen Herzstillstand infolge massiven Alkoholkonsums nicht aus.

Kurz zuvor hatte Bild, das vor „Terror“ auf den Balearen warnte, gemeldet: „Tragisches Unglück auf Mallorca! Ein deutscher Tourist ist auf der Baleareninsel von einer Felsklippe in den Tod gestürzt. Der 21-Jährige war möglicherweise betrunken.“ Und Anfang April ein anderes Touristendrama in fetten Lettern: Deutscher Mallorca-Rentner an Kampfhund verfüttert.“ Täter waren keine Islamisten, sondern die russische Ehefrau. „Nach Bild-Informationen stach die Hausfrau auf ihren Ehemann ein, schnitt ihrem Opfer später ganze Fleischstücke aus dem Arm. Das soll sie laut Ermittlern an ihren Kampfhund (American Staffordshire) verfüttert haben!“

Doch nicht nur Deutsche werden Opfer der Trinktortur. „Eine britische Mallorca-Urlauberin ist Montagabend (3.5.) in der Badewanne ihres Hotelzimmers in Magaluf ertrunken. Sie war offenbar stark alkoholisiert, die Polizei schließt nach ersten Berichten eine Fremdeinwirkung aus.“ Die deutschsprachige Mallorca Zeitung erklärt ihren Lesern: „Magaluf ist das britische Äquivalent zum deutschen Ballermann auf Mallorca. Hier wie dort sind alkoholische Exzesse an der Tagesordnung.“

Angesichts der Schreckensmeldungen rüstet die Polizei in Palma auf. „Mehr Beamte sollen für gutes Benehmen am Strand und in der Stadt sorgen“, so das Insel-Blatt. Insgesamt 136 Polizisten sollen ab dem 23. Mai bis zum 23. Oktober im Zentrum, am Paseo Marítimo und an der Playa de Palma für die Urlauber im Einsatz sein. Das sind 94 zusätzliche Beamte.

Abo oder Einzelheft hier bestellen

Seit Juli 2023 erscheint das Nachrichtenmagazin Hintergrund nach dreijähriger Pause wieder als Print-Ausgabe. Und zwar alle zwei Monate.

Hintergrund abonnieren

Erst im März hatte die Stadt Abschnitte der Playa de Palma zu einer „Interventionszone“ erklärt. Alkoholgelage sollen nicht mehr toleriert werden. In diesen Gebieten werde nicht nur der Alkoholkonsum auf offener Straße verboten, sondern auch der Verkauf von alkoholischen Getränken zwischen Mitternacht und acht Uhr morgens in Geschäften, Automaten sowie auf der Straße. Saufen kann mit 3 000 Euro bestraft werden. Wer regt sich über derlei Zumutungen im „17. Bundesland“ auf? Der Boulevard, der mit Terroralarmismus Auflage macht, statt gegen das todbringende Todestrinken mobil zu machen. Kein Schlagersternchen wäre bisher auf die Idee gekommen, seine Auftritte im mallorquinischen Feuchtgebiet wegen der vielen Alkoholleichen abzusagen.

Unbekannte hatten in der mallorquinischen Hauptstadt Palma übrigens kürzlich an die Wände gesprüht: „Tourists go home – Refugees welcome“.

Newsletter

Wir senden keinen Spam! Erfahren Sie mehr in unserer Datenschutzerklärung.

Der Hintergrund-Newsletter

Wir informieren künftig einmal in der Woche über neue Beiträge.

Wir senden keinen Spam! Erfahren Sie mehr in unserer Datenschutzerklärung.

Drucken

Drucken

Teilen

Voriger Artikel Medien Panama Papers und die mediale „Putinophobie“
Nächster Artikel Aleppo, Ukraine, Krim Die Hetze gegen Russland geht weiter