Medien

Augstein setzt Herausgeber des Freitag vor die Tür

Hinweis: Die Bilder sind aus den archivierten Hintergrund-Texten vor 2022 automatisch entfernt worden.

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Daniela Dahn kritisiert politischen Kurs der Wochenzeitung –

Von REDAKTION, 6. Januar 2012 –

Das Ende kam plötzlich aber nicht unerwartet. Jakob Augstein, der Verleger des Freitag, hat sich von den vier Herausgebern seiner in Berlin erscheinenden Wochenzeitung getrennt.

Der Schritt markiert das endgültige Ende einer Übergangsphase, in der sich das Periodikum von einem Forum linker Intellektueller aus Ost und West, zu einem zunehmend inhaltlich beliebigen Meinungsblatt entwickelte.

Die Schriftstellerin Daniela Dahn, die neben Friedrich Schorlemmer, György Dalos und Frithjof Schmidt eine der Herausgeberinnen war, äußerte sich am heutigen Freitag in Interviews mit der taz und der jungen Welt sehr kritisch zu der einst von Günter Gaus mitgegründeten Zeitung. „Innerhalb der Redaktion“, so Dahn im Gespräch mit der jungen Welt, „ist es auf eine beinahe irrationale Weise nicht gelungen, die Kluft zwischen alter und neuer Belegschaft zu überwinden. Beide Seiten beäugen sich bis heute misstrauisch. Von der alten Mannschaft ist sowieso nicht mehr viel übrig. In der Chefredaktion und unter den Ressortleitern gibt es niemanden mehr, der aus dem Osten kommt.“ (1)

Ihre Versuche, das gesellschaftskritische Potenzial im notwendigen Umgestaltungsprozess des Blatts zu erhalten, sieht Dahn offensichtlich als gescheitert an. Sie selbst drückt das so aus: „Ich wollte den Anspruch, Gegeninformationen zu liefern, nicht aufgeben und die analytische und intellektuelle Substanz bewahren. Auch wollte ich den neuen Alltagsteil nicht auf Zerstreuung, Lifestyle, Prominente der Kulturindustrie oder gar Boulevard-Stories beschränkt sehen. Die sollten zum Beispiel durch mehr Geschichten aus der akademischen und produzierenden Arbeitswelt ergänzt werden, Geschichten vom Überleben, die erzählen, wie die Wirtschaft in den Alltag ganz normaler Leute funkt. Ich hielt es für verfrüht, dass der Freitag den Brückenbau zwischen West und Ost(-Europa) aufgegeben hat. Kurzum, im Laufe der Zeit haben sich unsere Vorstellungen von der Identität der Zeitung zu meinem Bedauern entfernt.“ (2)

Seit zwei Jahren gebe es eine relativ umfangreiche Mail-Korrespondenz zwischen Jakob Augstein und ihr, in der sie immer wieder angemahnt habe, bei der zweifellos notwendigen Verjüngung und Modernisierung das tradierte Freitag-Profil nicht einer sich einschleichenden Beliebigkeit zu opfern.(3)

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HINTERGRUND (4. Quartal 2010, S. 31-32) hat schon früher über die intellektuellen und politischen Auflösungserscheinungen der einst angesehenen Wochenzeitung berichtet.


(1) http://www.jungewelt.de/2012/01-06/047.php
(2) http://taz.de/Interview-ueber-Rauswuerfe-beim-Freitag/!85023/
(3) http://taz.de/Interview-ueber-Rauswuerfe-beim-Freitag/!85023/

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