Zensurvorwurf: US-Parlament untersucht Newsguard
Ausschuss des Repräsentantenhauses nimmt das Bewertungsunternehmen für Nachrichtenwebsites unter die Lupe / Kritik an politischer Schlagrichtung / Unternehmen hält Kritik für ein Missverständnis
Diese Meldung ist eine Übernahme von multipolar)
Das Unternehmen Newsguard steht in den USA von parlamentarischer Seite unter Druck. Newsguard bewertet und klassifiziert Nachrichtenwebsites und ist auch in Deutschland aktiv. Der Ausschuss für Aufsicht und Reformen des Repräsentantenhauses untersucht nun, ob Newsguard die Meinungsfreiheit einschränkt und ob das Unternehmen als intransparenter Teil von Zensurkampagnen agiert. Der Ausschuss will zudem erforschen, ob an der potentiellen Zensur des Unternehmens staatliche Stellen beteiligt sind. Unter anderem wird eine Verbindung zum US-Verteidigungsministerium genannt.
Untersucht wird auch die Einhaltung der eigenen Richtlinien des Unternehmens zur Vermeidung von Voreingenommenheit. Außerdem geht es um den Schutz vor Konflikten mit den Interessen von Investoren und andere Einflüsse sowie um die mögliche Delegitimierung von sachlich korrekten Informationen durch Newsguard. Für die Untersuchung hat der Vorsitzende des Ausschusses, der Republikaner James Comer, einen umfangreichen Brief an Newsguard geschrieben, der auf der Website reclaimthenet.org öffentlich einsehbar ist.
In dem Schreiben verweist der Ausschussvorsitzende auf die Selbstverpflichtung von Newsguard, politisch unvoreingenommen zu arbeiten. Dagegen stellt er Beiträge von Mitarbeitern des Unternehmens auf Social Media, die deren politische Ausrichtung eindeutig zeigen sollen. Untersuchungen des konservativen „Media Research Centers“ hatten zuvor ergeben, dass Newsguard regelmäßig liberalen Medien höhere Bewertungen gibt als konservativen. „Die Bewertungen von Newsguard werden dann von großen Werbeagenturen genutzt, um konservativen Medien Werbeeinnahmen zu entziehen“, heißt es auf der Website Newsmax, die selbst von Newsguard mit nur 20 von 100 Punkten bewertet wurde.
Untersucht wird ebenfalls, welchen Einfluss der Hauptanteilseigner von Newsguard, der internationale Marketing-Konzern Publicis hat, der in den USA für große Pharmakonzerne tätig ist. Der deutsche Rechtsanwalt Joachim Steinhöfel, der die Website „Die Achse des Guten“ gegen Newsguard vor Gericht vertritt, nannte das Unternehmen vor diesem Hintergrund vergangenes Jahr einen „Handlanger von Big Pharma“.
Der Ausschuss hatte Newsguard eine Antwortfrist bis zum Mittwoch vergangener Woche (27.6.) gesetzt. Bislang ist nicht bekannt, auf welche Weise das Unternehmen reagiert hat. Der Website The Daily Wire schrieb der Co-Chef von Newsguard, Gordon Crovitz, Mitte Juni, dass die Untersuchung auf einem Missverständnis beruhe. Man werde die Arbeit für das Verteidigungsministerium aufklären, es gehe dabei um „feindliche Desinformation“ in Verbindung mit den russischen, chinesischen und iranischen Regierungen. Newsguard sei ein „unpolitischer Dienst“, der Nachrichtenquellen bewertet. The Daily Wire wird von Newsguard mit 49,5 von 100 Punkten bewertet.
Der Blogger und Wirtschaftsjournalist Norbert Häring, der in Deutschland die Untersuchung des US-Parlaments erstmals thematisierte, verweist im Zusammenhang mit dem Fall auf „massiven Gegenwind“ den Newsguard wie auch weitere sogenannte Faktenchecker spürten. Häring berichtet ergänzend von der elften weltweiten Konferenz der Branche im bosnischen Sarajevo unter dem Titel GlobalFact. Dort haben sich Ende Juni 130 Organisation aus 80 Ländern gegen die Annahme verwehrt, sie betrieben Zensur. Sie beschreiben Faktenprüfung vielmehr als freie Meinungsäußerung. Zensur lösche Informationen, Faktenchecker fügten Kontext hinzu, heißt es. Unterzeichnet wurde die „Erklärung von Sarajevo“ unter anderem von DPA, APA und Correctiv.
Multipolar hatte vor zwei Jahren kritisch über Newsguard berichtet und wurde anschließend negativ vom Unternehmen bewertet. Ende 2023 wurde das Rating verbessert und Multipolar als „größtenteils glaubwürdig“ klassifiziert.