Woidke kann nur mit AfD oder BSW regieren
CDU will sich nicht an neuer Regierung beteiligen / SPD schließt Koalition mit AfD aus / Ministerpräsident Woidke verhandelt mit BSW-Chefin Wagenknecht
(Diese Meldung ist eine Übernahme von multipolar)
Der bisherige brandenburgische Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) kann eine neue Regierungskoalition rein rechnerisch nur mit Beteiligung von AfD oder BSW bilden. Das geht aus dem vorläufigen amtlichen Ergebnis der Landtagswahl vom vergangenen Sonntag (22. September) hervor. Die künftige Zusammensetzung des Landtags lautet: 32 Sitze für die SPD, 30 für die AfD, 14 für das BSW und 12 für die CDU. Für eine Mehrheit benötigt die neue Regierung 45 Sitze. Der Generalsekretär der CDU in Brandenburg, Gordon Hoffmann, hat bereits angekündigt, dass seine Partei sich nicht an einer Regierung beteiligen will.
Da Woidke eine Koalition mit der AfD vor der Wahl ausgeschlossen hatte, kann eine Regierungsbildung mit einer Mehrheit im Parlament faktisch nur mit dem BSW erfolgen. Noch in dieser Woche soll hierzu laut dem Magazin „Der Spiegel“ ein „Geheimtreffen“ zwischen Woidke und BSW-Chefin Sahra Wagenknecht stattfinden. Der brandenburgische BSW-Spitzenkandidat Robert Crumbach hatte im Deutschlandfunk bereits Bedingungen für eine Regierungsbeteiligung seiner Partei genannt. So fordert er Änderungen in der Bildungspolitik, eine Neuaufstellung der kommunalen Finanzen sowie eine Positionierung der Landesregierung zum Krieg zwischen Russland und der Ukraine. Brandenburg müsse sich außerdem gegen eine Stationierung von US-Raketen in Deutschland wenden.
Die SPD konnte im Vergleich zur letzten Landtagswahl 4,7 Prozentpunkte mehr einfahren. Laut dem Trend- und Wahlforschungsunternehmen Infratest dimap hat die Partei hauptsächlich Stimmen von Nichtwählern (51.000) sowie ehemaligen Grünen-, Linken- und CDU-Wählern erhalten, während sie selber Stimmen an das BSW und die AfD abgeben musste. Die AfD hat 5,7 Prozentpunkte zugelegt. Die Partei konnte mit Abstand die meisten Nichtwähler (79.000) für sich mobilisieren. Weitere Stimmen kamen hauptsächlich von ehemaligen CDU- und SPD-Wählern, während die AfD einen Teil der Stimmen an das BSW verloren hat. Das BSW konnte aus dem Stand 13,5 Prozent erreichen. Die Stimmen stammen hauptsächlich von ehemaligen Linken-, SPD-, AfD-, CDU- und BVB-Wählern sowie in erheblichem Maß von Nichtwählern (41.000).
Die Altersanalyse der Wähler zeigt, dass die AfD in allen Altersgruppen bis 59 Jahre vor der SPD liegt. Nur in den Altersgruppen der über 60-jährigen liegt die SPD zum Teil deutlich vorne. Die Parteien Bündnis 90/Die Grünen, die Linke sowie BVB/Freie Wähler, die im letzten Landtag noch vertreten waren, scheiterten an der Fünfprozenthürde und erhielten in keinem Wahlkreis ein Direktmandat. Letzteres hätte einen Einzug aufgrund der Grundmandatsklausel in Brandburg noch ermöglicht. Die AfD erreicht die Sperrminorität im Landtag und kann damit zukünftig Entscheidungen, die eine Zwei-Drittel-Mehrheit benötigen, verhindern.
Die Wahlbeteiligung erreichte einen Rekordwert von 72,9 Prozent. Da SPD, AfD und BSW die meisten Nichtwähler mobilisierten, könnte der Grund für die zahlreiche Teilnahme in den dominierenden Wahlkampfthemen Migration, Zuwanderung und die Frage von Krieg und Frieden in der Ukraine gelegen haben. Die vier in den Landtag gewählten Parteien haben hierbei „verlässlich geliefert und Emotionen geschürt“, kritisiert ein Kommentar im öffentlich-rechtlichen Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB). Der Wahlkampf sei „entgleist“, weil andere wichtige Themen kaum vorgekommen seien. Auch die personelle Zuspitzung durch Ministerpräsident Woidke („Woidke gegen die AfD“) könnte die Wahlbeteiligung erhöht haben.
Im Gegensatz zur Landtagswahl in Thüringen Anfang September hatte die Einflussnahme der Organisation „Campact“ in Brandenburg keinen messbaren Erfolg. Von den Wahlempfehlungen für Direktkandidaten in 27 von 44 Wahlkreisen „befolgten“ die Wähler nur 17. Insbesondere die Empfehlungen für Direktmandate der Grünen und der freien Wähler, die zu einem Einzug dieser beiden Parteien in den Landtag geführt hätten, gingen an die SPD beziehungsweise die AfD. Auch die hohe Wahlkampfspende über 72.000 Euro von Campact an die Kandidatin der Grünen im Wahlkreis Potsdam I, Marie Schäffer, hat daran nichts geändert. 2019 hatte sie das Direktmandat noch ohne Unterstützung von außen erringen können.