Treffen in Pjöngjang

Wladimir Putin: Russische Waffenlieferungen an Nordkorea möglich

Ankündigung sei Reaktion auf westliche Waffenlieferungen an Ukraine / Vergleichbare russische Waffensysteme könnten Ziele in Japan und Südkorea treffen

Besuch in Pjöngjang: Wladimir Putin trifft Kim Jong-Un
Foto: Presidential Executive Office of Russia, Lizenz: CC BY, Mehr Infos

(Diese Meldung ist eine Übernahme von multipolar)

Russlands Präsident Wladimir Putin hat bei seinem Besuch in der Hauptstadt der Demokratischen Volksrepublik Korea die Entwicklung einer „militärischen und technischen Zusammenarbeit“ mit dem Land ausdrücklich „nicht ausgeschlossen“. Er bezog sich dabei im Rahmen der Unterzeichnung eines „Vertrags über eine umfassende strategische Partnerschaft“ mit dem nordkoreanischen Staatschef Kim Jong-un am Mittwoch (19. Juni) direkt auf die westliche „Lieferung von hochpräzisen Langstreckenwaffen, F-16-Kampfflugzeugen und anderen technologieintensiven Waffen und Ausrüstungen für Angriffe auf russisches Gebiet“ an die Ukraine. Einen Tag später, bei seinem Besuch in Vietnam, bestätigte Putin, dass sein Land sich das Recht vorbehielte, „Waffen in andere Regionen der Welt zu liefern“.

Ende April wurde bekannt, dass die USA heimlich fahrzeuggebundende Boden-Boden-Kurzstreckenraketen vom Typ „ATACMS“ mit einer Reichweite von bis zu 300 Kilometern und einer Fluggeschwindigkeit von Mach 3 an die Ukraine geliefert hatten und diese bereits bei Angriffen auf die Krim eingesetzt wurden. Britisch-französische Luft-Boden-Marschflugkörper vom Typ „Storm Shadow“ beziehungsweise „SCALP-EG“ werden bereits seit Mai 2023 für Angriffe auf die Krim und den von Russland eroberten Teil des Donbass verwendet. Auch US-amerikanische ATACMS mit einer verkürzten Reichweite von 165 Kilometern werden bereits seit Oktober 2023 für diesen Zweck eingesetzt. Im Laufe des Monats Mai hatten mehrere westliche Staats- und Regierungschefs der Ukraine erlaubt, diese Waffen auch für Angriffe auf russisches Territorium zu nutzen.

Anfang Juni hatte Putin auf einer Pressekonferenz mit Vertretern westlicher Nachrichtenagenturen in Sankt Petersburg deutlich gemacht, dass sich Russland das Recht vorbehalte, Waffengattungen ähnlicher Art wie die vom Westen an die Ukraine gelieferten Kurzstreckenraketen und Marschflugkörper „in solche Regionen der Welt zu liefern, wo damit Angriffe auf empfindliche Einrichtungen derjenigen Länder durchgeführt werden, die dies mit Russland machen“. Das Abkommen mit Nordkorea könnte den ersten Schritt darstellen, Putins Ankündigung in die Tat umzusetzen.

Die russischen fahrzeuggebundenen ballistischen Iskander-E-Boden-Boden-Raketen mit einer Reichweite von 280 Kilometern und einer Geschwindigkeit von Mach 6 weisen eine hohe Ähnlichkeit mit den US-amerikanischen ATACMS auf. Die südkoreanische Hauptstadt Seoul sowie große Teile des Landes wären damit von nordkoreanischem Boden aus erreichbar. Ähnlich wie die britisch-französischen Storm Shadows / SCALP-EGs hat der russische Kh-69-Luft-Boden-Marschflugkörper eine Reichweite von 400 Kilometern und eine Geschwindigkeit von Mach 0,8. Mit entsprechenden Trägerflugzeugen wären damit Ziele in ganz Südkorea und Japan erreichbar.

Selbst nur ein Technologieaustausch zwischen Russland und Nordkorea könnte die Sicherheitslage in der Region erheblich verändern, da die Volksrepublik ein eigenes Raketen- und Atomwaffenprogramm betreibt. Mithilfe russischer Unterstützung wächst das Risiko, dass die nordkoreanischen Raketen die von den USA in Südkorea und Japan unterhaltenen Militärstützpunkte mit jeweils mehreren zehntausend US-Truppen wirksam treffen könnten.

Die südkoreanische Regierung reagierte auf die Unterzeichnung einer strategischen Partnerschaft zwischen Russland und Nordkorea mit der Äußerung, ihren Standpunkt zu bisher nicht direkt erfolgten Waffenlieferungen an die Ukraine zu überdenken. Südkorea hatte bis dato die Ukraine humanitär unterstützt und Artilleriemunition nur indirekt über die USA geliefert. Putin erklärte daraufhin, dass der in Pjöngjang vereinbarte gegenseitige militärische Beistand erst zustande käme, „wenn eine Aggression gegen einen der Unterzeichnerstaaten“ erfolge. Eine direkte südkoreanische Waffenlieferung an die Ukraine bezeichnete er als „großen Fehler“, der entsprechende russische „Entscheidungen“ zur Folge hätte, die der Führung Südkoreas „wahrscheinlich nicht gefallen werden“. Japan, das die Ukraine lediglich humanitär unterstützt, hat seine Besorgnis über die russisch-nordkoreanische Zusammenarbeit an Russland übermittelt.

Der Sprecher des US-Außenministeriums Matthew Miller wies darauf hin, dass das russisch-nordkoreanische Abkommen Resolutionen des UN-Sicherheitsrates verletzen könnte, für die Russland selbst gestimmt hätte. Die von dem Gremium verhängten Sanktionen gegen Nordkorea verbieten den Verkauf von Waffen und Raketentechnologie an das Land. Ende März hatte Russland eine UN-Resolution blockiert, welche die Überwachung der Einhaltung der Sanktionen durch die Vereinten Nationen verlängern sollte. China, größter Wirtschaftspartner und langjähriger Unterstützer Nordkoreas, hatte sich bei der Entscheidung enthalten.

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