Corona

Wissenschaftler kritisieren Journalisten

(Redaktion/6.7.22) Drei Mitglieder des Sachverständigenausschusses zu Bewertung der Corona-Maßnahmen üben scharfe Kritik an den Medien. In einem Gastbeitrag, der am gestrigen Dienstag auf der Website der Wochenzeitung Die Zeit veröffentlicht wurde, nehmen sie Stellung zu den Reaktionen auf die Veröffentlichung ihres Berichts am vergangenen Freitag. Darin wird unter anderem die katastrophale Datenlage und der Umgang mit alternativen Denkansätzen scharf kritisiert, fasste die Berliner Zeitung zusammen.

Die Soziologin Jutta Allmendinger, der Virologe Hendrick Streeck und der Volkswirt Christoph M. Schmidt sprechen in ihrem Text vom „erwarteten Gegenwind“ der zu einem „veritablen Sturm“ geworden sei. „Das liegt auch daran, dass Kritik von manchen Menschen scheinbar inszeniert wird, offensichtlich ohne wirkliches Interesse an einem Diskurs“, schreiben die drei Professoren. Corona habe die öffentliche Debattenkultur emotional aufgeladen und stellenweise von wissenschaftlicher Evidenz entkoppelt.

In ihrem Text erläutern sie die Schwierigkeiten, mit denen der Sachverständigenausschuss zu arbeiten hatte. Zum einen verweisen sie wie schon in ihrem Bericht auf die schwierige Datenlage und auf die fehlende Vorbereitung der Politik auf eine Evaluation der Maßnahmen. Zudem sei die Erwartung an die Sachverständigen überbordend gewesen, die zudem ehrenamtlich und so gut wie ohne Mitarbeiter arbeiten mussten. Allmendinger, Schmidt und Streeck schreiben: „Eine endgültige Bewertung von einzelnen Maßnahmen der Corona-Pandemie ist schlichtweg nicht möglich. Weder leben wir in einer Welt der perfekten Wissenschaft mit perfekten Daten und Studiendesigns: Wir können nicht wissen, was passiert wäre, hätte es die Lockdowns nicht gegeben. Wir können einzelne Maßnahmen oft nicht bewerten, da diese meist im Verbund mit vielen weiteren Maßnahmen eingesetzt wurden, wir können auch nicht einfach Ergebnisse aus anderen Ländern auf uns übertragen.“

Die Autoren wehren sich gegen den Vorwurf schlechter wissenschaftlicher Arbeit und dagegen, ein Gefälligkeitsgutachten mit banalen Schlussfolgerungen abgeliefert zu haben. Die Vorwürfe würden nicht nachgewiesen, es bleibe unklar, welche Teile des Gutachtens welcher Partei helfen sollte. „Das gemeinsame Fundament unserer Arbeit waren wissenschaftliche Analysen und Prinzipien guter wissenschaftlicher Praxis“, heißt es.

Scharfe Kritik üben die drei Autoren insbesondere an Christina Berndt von der Süddeutschen Zeitung, ohne sie beim Namen zu nennen: „Wenn eine Journalistin bei einer Pressekonferenz zugeschaltet ist, keine einzige Frage stellt, aber noch vor Ende der Pressekonferenz einen höchst kritischen Kommentar in einer großen Tageszeitung veröffentlicht, dann sind wir an einem Punkt angelangt, an dem das Verhältnis zwischen Wissenschaft und Medien nachhaltig Schaden nimmt.“ Dazu würden geleakte, unfertige Textteile und für Leserinnen und Leser intransparente Hintergrundgespräche herangezogen. Dies sei ein unerhörter und diskreditierender Vorgang im Wissenschaftsjournalismus und das bei einem so ernsten Thema, das alle Bürgerinnen und Bürger betrifft.

Berndt, im Jahr 2021 vom Medium Magazin immerhin zur „Wissenschaftsjournalistin des Jahres“ gekürt, hatte schon Freitagmittag kommentiert, dass die Chance auf „hochwertige Evaluation auf erschreckende Weise“ vertan worden sei. Die Maßnahmenevaluation verdiene den Namen nicht, da sie von Beginn an politischen Interessen gehorchen sollte. In einem am Dienstagabend veröffentlichten Text, wie der Kommentar ebenfalls hinter einer Bezahlschranke, lässt Berndt unter anderem Dirk Brockmann zu Wort kommen. Der RKI-Mitarbeiter kritisiert die Qualität des Berichts und wurde selbst beispielsweise vom Medizinstatistiker Gerd Antes für mehrfach falsche Modellierungen kritisiert.

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