Widerstand gegen Privatisierung: Hamburger stimmen für Rückkauf der Energienetze
(23.09.3013/dpa)
Die Mehrheit der Hamburger hat bei einem Volksentscheid für einen Rückkauf der Energienetze durch die Stadt gestimmt. Die Rückkaufbefürworter von der Initiative „Unser Hamburg – Unser Netz“ haben sich damit gegen den Senat sowie den Widerstand der Bürgerschaftsfraktionen von SPD, CDU und FDP durchgesetzt. Bei der Abstimmung am Sonntag gab es eine knappe Mehrheit für den vollständigen Rückkauf der Strom-, Gas- und Fernwärmenetze. Nach Auszählung von 99,5 Prozent der Wahlbezirke kamen die Befürworter auf 50,9 Prozent.
Wegen der Besonderheiten der Hamburger Volksgesetzgebung musste nicht nur eine Mehrheit der Hamburger für die Übernahme der Netze stimmen, sondern es mussten auch rund 420 000 Ja-Stimmen zusammenkommen. Diese hohe Hürde wurde von den Rückkaufbefürwortern erfolgreich genommen, die sich aus Umweltverbänden, der Verbraucherzentrale, Teilen der evangelischen Kirche, Grünen und Linken, der Gewerkschaft GEW und diversen Unterstützergruppen zusammensetzen.
Nun müssen Senat und Bürgerschaft „fristgerecht alle notwendigen und zulässigen Schritte unternehmen, um die Hamburger Strom-, Fernwärme- und Gasleitungsnetze 2015 wieder vollständig in die Öffentliche Hand zu übernehmen“.
Wie das nun umgesetzt werden kann, wollen die Fraktionen in Hamburg heute beraten. Auch die Rückkaufbefürworter nehmen Stellung.
Gegenwärtig hat sich Hamburg für rund 544 Millionen Euro mit 25,1 Prozent an den Netzen beteiligt. SPD-Bürgermeister Olaf Scholz vereinbarte mit Vattenfall und Eon weitgehende Investitionen in die ökologische Modernisierung der Hamburger Energieversorgung. „Alles, was ich mit den Netzen erreichen will – hohe Investitionen, damit es stabil ist und damit es für die Erfordernisse der Energiewende modernisiert wird – all das erreiche ich mit den 25,1 Prozent und den Verträgen, die wir geschlossen haben“, sagt Scholz.
In einer Anhörung vor der Bürgschaft 2012 hatten jedoch selbst vom Senat geladene Experten vor dem 25,1-Beteiligungsmodell gewarnt. Die Regelungen zur Kaufpreisanpassung und der Einfluss auf wichtige betriebswirtschaftliche Entscheidungen seien völlig unzureichend.
Zudem bezeichnen die Rückkaufbefürworter die Investitionsversprechen als „Augenwischerei“. Die von Vattenfall und Eon beabsichtigten Investitionen dienten in erster Linie der Instandhaltung der Netze, und nicht einer ökologischen Modernisierung.
Während die Privatisierung kommunalen Eigentums in der Regel – und manchmal auch buchstäblich – wie geschmiert verläuft, ist der umgekehrte Weg oft sehr steinig. So auch in Hamburg, wo ein jahrelanges juristisches Tauziehen droht, da Eon und Vattenfall ihre Netze keineswegs freiwillig hergeben wollen. Die Stadt muss nun eine Netzgesellschaft gründen und sich zunächst um die Konzession für den Betrieb der Stromnetze bewerben, die als nächste ausläuft. Die Konzession muss in einem fairen Verfahren vergeben werden, darüber wachen auch Kartellamt und Bundesnetzagentur. Ob sich die Stadt dabei gerichtsfest durchsetzen kann, ist völlig offen.