Wahlen in Mali: Wenig Begeisterung

(18.11.2013/dpa)

Anders als noch bei den Präsidentschaftswahlen vor rund drei Monaten ist angesichts der bevorstehenden Parlamentswahlen kaum Enthusiasmus innerhalb der Bevölkerung zu spüren. Nicht nur Pessimisten rechnen mit einem dramatischen Einbruch bei der Wahlbeteiligung. „Die Leute sind völlig desinteressiert, und die Kandidaten haben keine neuen Slogans. Es sind immer dieselben Köpfe“, sagte ein politischer Beobachter im südlichen Bezirk Sikasso. „Davon haben die Leute die Nase voll.“

Für den Mechaniker Amidou Doumbia ist der Wahlkampf schlichtweg „langweilig“. Selbst in der Hauptstadt Bamako herrscht Wahl-Tristesse, kaum ein Plakat ziert die Straßen der staubigen Metropole. Mega-Veranstaltungen wie vor den Präsidentschaftswahlen – als der später gewählte Ibrahim Boubacar Keita Zehntausende Menschen ins größte Stadion des Landes lockte – stehen dieses Mal auch nicht auf dem Programm. „Ich spüre überhaupt keine Begeisterung. Die Malier scheinen nicht mehr so motiviert zu sein, an die Urnen zu gehen, wie noch im Juli und August“, sagt Doumbia.

Über 1080 Kandidaten bewerben sich um die 147 Sitze, darunter allerdings nur 135 Frauen. „Das haben die Frauen selbst zu verantworten“, meint Coulibaly Buchi Sy. Sie setzt sich mit der politischen Plattform „Frauen für transparente und friedliche Wahlen in Mali“ für den Vormarsch weiblicher Kandidaten ein. „Frauen müssen Strategien entwickeln, um es an die Spitze zu schaffen. Stattdessen beklagen sie sich immer nur über die Männer, tun aber nichts, um politisch voranzukommen.“

Die Sicherheitslage im Land ist nach wie vor prekär. Radikale Islamisten hatten im vergangenen Jahr im Zuge eines Militärputsches den Norden erobert und dort eine brutale Auslegung der Scharia eingeführt. Seit Januar konnte das französische Militär im Verbund mit afrikanische Truppen die Extremisten zwar aus der Region vertreiben – aber Anschläge verüben sie noch immer. Auch sind die Wunden der monatelangen Schreckensherrschaft noch nicht verheilt.

„Hier in Gao steht die Wahlkampagne ganz im Zeichen von Frieden und Versöhnung“, erklärt der Jugendarbeiter Sadibou Aliou Toure. „Größere Veranstaltungen gibt es nicht, die Kandidaten und ihre Mitarbeiter gehen quasi von Tür zu Tür.“ Selbst verbale Aggression sei bisher ausgeblieben. Ganz ähnlich ist die Situation in Timbuktu: „Wir sehen die Kandidaten kaum. Hauptsächlich trifft man sie beim Gebet in den Moscheen“, sagt ein politischer Aktivist. Die Angst ist spürbar – und Plakate mit den Gesichtern der Bewerber sind auch in der legendären Karawanenstadt Mangelware.

Im Zentrum des Interesses wird allerdings die Stadt Kidal stehen, die noch immer von Rebellen der sezessionistischen Tuareg-Bewegung MNLA kontrolliert wird – auch wenn französische Truppen hier Militärstützpunkte haben. Erst Anfang November waren in Kidal zwei französische Journalisten verschleppt und kaltblütig ermordet worden.

Die Wahlen sind für die MNLA von großer Bedeutung, denn ihre Zukunft steht auf dem Spiel. Kritisch sehen Beobachter die Entscheidung von Präsident Keita, vier MNLA-Anführer auf der Liste seiner Partei „Rally für Mali“ (RPM) als Kandidaten aufzustellen. Um sich die Gunst der Rebellen zu sichern, hatte er zuvor „im Namen der nationalen Versöhnung“ Haftbefehle gegen 23 MNLA-Kämpfer aufheben lassen.

Keita war in einer Stichwahl im August mit über 77 Prozent der Stimmen gewählt worden. „Aber jetzt ist schon wieder eine große Kluft zwischen dem Volk und den Politikern zu spüren“, erklärt der Präsident der «Organisation Junger Reporter in Mali» (Ojrm), Kassim Traoré. „Präsident Keita hat bisher enttäuscht, und die Wähler scheinen ihre Entscheidung bereits zu bereuen.“

Denn an der wirtschaftlichen und sozialen Misere hat sich auch nach der Intervention des französischen Militärs und der Präsidentschaftswahl nichts geändert. Das Wüstenland ist zwar reich an Rohstoffen, doch die große Mehrheit der Gesellschaft ist bettelarm. Und es sind diese Rohstoffvorkommen – vor allem Uran, Öl und Seltene Erden – die Paris zur Intervention veranlasst haben. (1)

Anmerkungen
(1) Siehe: http://www.hintergrund.de/201207062143/politik/welt/kampf-um-afrikas-schaetze.html
http://www.hintergrund.de/201303182484/politik/welt/phrasen-im-gepaeck-de-maiziere-in-mali.html

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