Vor Landtagswahlen: SPD und CDU wollen unbeliebte Politiker aus Öffentlichkeit fernhalten
Brandenburgs Ministerpräsident: Keine Auftritte mit Bundeskanzler Scholz / Brandenburgs Finanzministerin: Talkshow-Pause für Esken und Kühnert / CDU: Kiesewetter soll sich während Wahlkampf zurückhalten
(Diese Meldung ist eine Übernahme von multipolar)
Im Vorfeld der Landtagswahlen in ostdeutschen Bundesländern gibt es in SPD und CDU Debatten darüber, unbeliebte Politiker von der Öffentlichkeit fernzuhalten, um die eigenen Ergebnisse nicht negativ zu beeinflussen. Vor den anstehenden Wahlen in Brandenburg (22. September) sagte Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) er werde keine gemeinsamen Wahlkampfauftritte mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) veranstalten. „Manchmal bin ich wirklich froh, wenn ich von der Bundesregierung mal ein paar Tage nichts höre“, erklärte Woidke weiter.
Er bezeichnete das Agieren der „Ampel“ beispielsweise im Zusammenhang mit der Haushaltsdebatte als „nicht professionell“ und forderte die Bundesregierung bereits Anfang August öffentlich dazu auf, den Ukraine-Krieg „möglichst schnell“ mit diplomatischen Mitteln zu beenden. Die Regierung müsse deutlich machen, dass sie alles für eine Beendigung des Krieges unternehme. Ähnliche Forderungen hatte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) im Wahlkampf gestellt.
Woidkes Verzicht auf Wahlkampfauftritte mit Olaf Scholz ist auch deshalb bedeutsam, weil der Bundeskanzler seinen Wahlkreis in Potsdam-Mittelmark hat. Scholz, der gebürtig aus Osnabrück stammt und sieben Jahre lang Oberbürgermeister Hamburgs war, gewann in dem brandenburgischen Wahlkreis 2021 ein Direktmandat. Scholz’ Ehefrau Britta Ernst (SPD), gebürtige Hamburgerin und frühere Bildungsministerin Schleswig-Holsteins, war bis 2023 Bildungsministerin Brandenburgs. Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD), der aus Nordrhein-Westfalen stammt, hat seinen Wahlkreis in Brandenburg.
Die Brandenburger Finanzministerin Katrin Lange (SPD) hatte nach dem schlechten Abschneiden ihrer Partei bei den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen indirekt eine „grundsätzliche“ Talkshow-Abstinenz der SPD-Bundesvorsitzenden Saskia Esken und des SPD-Generalsekretärs Kevin Kühnert gefordert. Damit wäre fürs Erste „schon einiges gewonnen“, erklärte Lange. „Es ist nämlich unerträglich.“ Lange hatte keine Namen genannt, die Bild-Zeitung hatte im Interview jedoch die Namen von Esken und Kühnert ins Spiel gebracht. Bei Facebook schob die brandenburgische Landespolitikerin nach: „Ich hatte zwar niemanden namentlich genannt, aber ich bin schon durchaus richtig verstanden worden.“
Esken hatte im August 2020 Bürger, die gegen Corona-Maßnahmen der Bundesregierung demonstriert hatten, als „Covidioten“ bezeichnet. In Reaktion auf eine Messerattacke mit drei Toten in Solingen hatte Esken im August 2024 gesagt, aus diesem Anschlag ließe sich „nicht viel lernen“. Kühnert hatte unter anderem im Jahr 2020 Politiker kritisiert, die auf Demonstrationen gegen Corona-Maßnahmen sprachen. Im Januar 2023 hatte Kühnert für die „Rückgewinnung“ ukrainischer Gebiete mit Waffengewalt geworben.
Laut einer aktuellen Forsa-Umfrage befinde sich die „Ampel“-Regierung mit zusammengenommenen 28 Prozent auf einem „Rekordtief“, berichtet die Tageszeitung „Welt“. (10. September) 77 Prozent der Befragten einer weiteren aktuellen Studie halten Bundeskanzler Scholz für „führungsschwach“, berichtet das ZDF (8. September). 74 Prozent meinten laut der Umfrage der „Forschungsgruppe Wahlen“, Scholz solle im nächsten Jahr auf eine Kanzlerkandidatur verzichten. Auch die Regierung insgesamt wird von 71 Prozent der Befragten als „schlecht“ bewertet. „Seit Monaten messen wir eine Unzufriedenheit mit der Arbeit der Bundesregierung, wie wir sie bisher noch nicht kannten“, erklärte Matthias Jung von der Forschungsgruppe Wahlen. Jedoch werde Jung zufolge auch die CDU von vielen Menschen nicht als „attraktive Alternative“ zur Bundesregierung wahrgenommen.
Bereits im Vorfeld der thüringischen und sächsischen Landtagswahlen wollte die CDU laut Frankfurter Allgemeine (FAZ) den Außenpolitiker Roderich Kiesewetter bei seinen öffentlichen Forderungen „bremsen“. Viele in der CDU „allen voran Friedrich Merz“, wünschten sich, Kiesewetter würde „derzeit am liebsten gar nicht von der Ukraine oder gar der Verteidigung Israels reden“, heißt es in dem Zeitungsbericht. (14. August) Kiesewetters Forderungen seien „ungeeignet“, um bei ostdeutschen Landtagswahlen Wählerstimmen zu gewinnen.
CDU-Chef Merz habe ihn aufgefordert, seine „Alleingänge“ zu unterlassen, denn im Wahlkampf sei Geschlossenheit nötig. Merz selbst halte sich beispielsweise mit seiner Forderung nach deutschen Taurus-Marschflugkörpern für die Ukraine während des Wahlkampfes zurück, schreibt die FAZ. Kiesewetter jedoch fehle dieser „Pragmatismus“. Er gelte als „unermüdlicher Streiter“ für die Ukraine, heißt es weiter. Im August hatte Kiesewetter erklärt, es sei „egal“ ob die Ukraine die Nordstream-Pipelines zerstört habe. Die Sicherheit der Ukraine sei trotzdem „in unserem Interesse“.