Verbote für kleine Landwirte, Vorteile für Agrarkonzerne: EU-Kommission plant Saatgut-Reform

(24.04.2013/hg)

Am 6. Mai 2013 will die EU-Kommission einen Verordnungsentwurf zur Reform des Saatgutrechts vorlegen. Schon jetzt wird seitens verschiedener Umweltschutzorganisationen und EU-Mitgliedsstaaten Kritik an dem Entwurf (1) laut. Denn dieser sieht die Verrechtlichung einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom Juli 2012 vor, die zur Konsequenz hätte, dass Landwirte nur noch amtlich zugelassenes Saatgut verkaufen dürfen.

Alte und seltene Sorten, so etwa die österreichische Umweltschutzorganisation Global 2000, würden dadurch „in die Illegalität getrieben“. „Der freie Tausch von Saat- und Pflanzgut zwischen Bauern und Gärtnern könnte strafbar werden. Auch gefährdete Sorten dürften ohne aufwändige amtliche Zulassung nicht weitergegeben werden“, heißt es in einer zusammen mit der Gesellschaft für die Erhaltung der Kulturpflanzenvielfalt Arche Noah aufgelegten Petition der NGO. (2) Eine Reihe von Sorten seien von der neuen Richtlinie betroffen: „Wir haben etwa 6 500 Sorten in der Genbank, davon sind wohl 5 000 bis 6 000 nicht zugelassen“, sagte Iga Niznik, bei Arche Noah für Saatgutpolitik zuständig, im Gespräch mit dem staatlichen österreichischen Rundfunk ORF.

Profitieren würden von dieser Vereinheitlichung vor allem die großen Agrarkonzerne wie das US-Unternehmen Monsanto. Dieses steht seit langem im Fokus öffentlicher Debatten, unter anderem wegen der Monopolisierungstendenzen am Saatgutmarkt und dem Vertrieb von genmanipuliertem Saatgut. In einem offenen Brief von 14 großen Naturschutzorganisationen an die Abgeordneten des Europäischen Parlaments und die zuständigen EU-Kommissare wird hervorgehoben, dass schon „heute rund zehn multinationale Konzerne bereits 74% des globalen Saatgutmarktes“ kontrollieren und die Konzentrationsprozesse weiter voranschreiten. „Die Saatgutindustrie bringt meist Sorten mit hoher genetischer Uniformität auf den Markt und nicht nachbaufähiges Saatgut dominiert bei vielen landwirtschaftlichen Kulturen. All dies führt nicht nur zu alarmierenden Abhängigkeiten seitens der Saatgutanwender und Verbraucher, sondern ist auch ökologisch riskant, da eine schmale genetische Basis leichter zu Krankheits- und Schädlingskalamitäten führen kann.“ (3)

Indessen meldete sich am Montag gegenüber dem Handelsblatt auch Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner zu Wort: „Es darf nicht soweit kommen, dass Privatgärtner für ein paar Samenkörnchen eine amtliche Zulassung vorzulegen haben“, sprach auch sie sich gegen den Verordnungsentwurf aus. „Kleine Züchter müssen von der Zulassungspflicht befreit werden.“ Gärtner und Züchter, die das Artenreichtum und die Sortenvielfalt erhalten, „müssen auch künftig ohne Einschränkung anbauen können“, betonte die CSU-Politikerin. (4)


Anmerkungen

(1)http://ec.europa.eu/food/plant/plant_propagation_material/review_eu_rules/docs/15042011_options_analysis_paper_en.pdf

(2) http://helfen.global2000.at/de/node/19

(3) http://www.seedforall.org/de/offener-brief.html

(4) http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/landwirtschaft-aigner-lehnt-saatgut-plaene-der-eu-ab/8113362.html

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