Ukraine-Krieg

US-Diplomaten bezeichnen Ukraine-Konflikt als „Stellvertreterkrieg“

Außenminister Rubio sieht USA und Russland als eigentliche Konfliktparteien in der Ukraine / Früherer US-Diplomat: Trumps Verhandlungsbereitschaft lediglich wegen Nato-Niederlage in „Stellvertreterkrieg“ / Russisches Außenministerium bezeichnet Konflikt als „hybriden Krieg“ gegen Russland

(Diese Meldung ist eine Übernahme von multipolar.)

Nachdem russische Politiker den Krieg in der Ukraine bereits seit Jahren als Kampf gegen die Nato bezeichneten, weisen auch US-Akteure inzwischen auf den eigenen Status als Konfliktpartei hin. Bereits Anfang März nannte US-Außenminister Marco Rubio in einem Interview mit dem Sender „Fox News“ die militärische Auseinandersetzung in der Ukraine einen „Stellvertreterkrieg zwischen Nuklearmächten“. Der frühere US-Diplomat Jim Jatras erklärte in einem Interview mit der russischen Nachrichtenagentur „Ria Novosti“ (18. März), die Trump-Administration zeige nur deshalb Interesse an den aktuellen bilateralen Verhandlungen, weil die Nato den „indirekten Krieg“ gegen Russland in der Ukraine verliere. Kurz nach der Wahl Donald Trumps im November 2024 hatte die US-Tageszeitung „New York Times“ den Ukraine-Konflikt als „Stellvertreterkrieg“ bezeichnet.

Diese Einordnung stellt eine umfassende Neubewertung der aktuellen US-Regierung im Vergleich zur Vorgängeradministration unter Präsident Joe Biden dar. Letztere hatte die Bezeichnung „Stellvertreter“ abgelehnt und darauf hingewiesen, dass es sich um einen Verteidigungskrieg der Ukraine handele. Auch deutsche Medien haben seit Beginn der direkten Kampfhandlungen zwischen der ukrainischen und russischen Armee wiederholt betont, dass diese keinen westlichen Stellvertreterkrieg darstelle. Noch Anfang 2024 betonte „Die Zeit“ in einem Gastbeitrag, die Ukraine verteidige ausschließlich „ihre eigene nationale Souveränität und Freiheit“. Das „Narrativ“, die Ukraine kämpfe für „westliche Sicherheitsinteressen“, impliziere, dass die „Unterstützerstaaten einen Stellvertreterkrieg führen, um die russische Armee nachhaltig zu schwächen“, ohne dass westliche Soldaten selbst „in Kämpfe verwickelt werden und sterben“.

Diese Darstellung widerspricht allerdings den Aussagen hochrangiger westlicher Politiker im weiteren Verlauf des Jahres 2024. So sagte US-Senator Lindsey Graham bei einem Besuch in Kiew im September, die Ukraine versuche, die russische Armee zu stoppen, damit die Vereinigten Staaten sie nicht bekämpfen müssten. Der ehemalige britische Premierminister Boris Johnson verwendete im November in einem Interview explizit den Begriff „Stellvertreterkrieg“. („proxy war“) Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hatte bereits im Januar 2023 im Europarat gesagt, „Wir führen einen Krieg gegen Russland“.

Der deutsche Brigadegeneral a. D. Erich Vad betonte, in einem Interview mit den „Nachdenkseiten“ (17. März), dass er für seine seit zwei Jahren geäußerte Bewertung des Konflikts als „Stellvertreterkrieg“ inzwischen nicht mehr kritisierte werde. Es sei mittlerweile „klar geworden“, dass sich die USA und Russland die Ukraine „politisch und wirtschaftlich bereits aufzuteilen beginnen“. Als Beleg hierfür nannte er das geplante Rohstoffabkommen. Der Konflikt sei zuvor zu einem indirekten Krieg zwischen den beiden Großmächten eskaliert, weil Russland und die USA gegenläufige Interessen in den Schwarzmeer-Region haben, betonte Vad. Der US-Versuch, die Ukraine in die Nato aufzunehmen und Kontrolle über die Halbinsel Krim zu erlangen, wirke wie die umgekehrte Konstellation der Kubakrise 1962. Die USA hätten sich in der Ukraine „zu weit vorgewagt“, dies sei ein „strategischer Fehler“ gewesen.

Für die Bewertung der aktuellen US-Regierung, die USA und Russland seien die eigentlichen Konfliktparteien in der Ukraine, spricht auch eine Auswertung der vom „Kiel Institute for the World Economy“ bereitgestellten Daten zur militärischen Unterstützung des Landes. So hat die Ukraine zwischen Januar 2022 und Dezember 2024 von den USA mehr militärische Hilfe erhalten (69 Milliarden Dollar) als von allen anderen Staaten zusammen (62 Milliarden Dollar). Auch waren die Vereinigten Staaten bis vor kurzem noch das einzige Unterstützerland, das der ukrainischen Armee mit Satellitenaufklärung beistehen konnte. Die Aufklärung ist die Voraussetzung für die Durchführung von Luftangriffen mit US-amerikanischen, britischen und französischen Kurzstreckenwaffen auf russisches Territorium.

Die russische Regierung hat die Neubewertung des Konflikts durch die USA begrüßt und mit Zustimmung auf die Aussage von US-Außenminister Rubio reagiert. Die Sprecherin des russischen Außenministeriums Maria Sacharowa erklärte, dass es aus ihrer Sicht unwichtig sei, ob man den Konflikt als Stellvertreterkrieg bezeichne oder nicht. Sie nannte ihn einen „hybriden Krieg“ gegen Russland. Er beinhalte „Elemente von Handelskriegen“ sowie die Absicht zur „Neuaufteilung von Einflussbereichen und Märkten“, erläuterte Sacharowa. Das westliche Vorgehen gegen Russland erinnere an Deutschlands „Generalplan Ost“ im Zweiten Weltkrieg.

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