Urteil: Kein Schadenersatz an Eon wegen Zwangspause von Atommeilern

(04.07.2016/dpa)

Der Energiekonzern Eon hat trotz der Zwangspause zweier Atommeiler nach der Reaktorkatastrophe in Fukushima keinen Anspruch auf Schadenersatz. Das Landgericht Hannover wies am Montag eine Klage über rund 380 Millionen Euro ab. Zur Begründung hieß es, dass der Energiekonzern gegen den damaligen Verwaltungsakt vor ein Verwaltungsgericht hätte ziehen müssen. Da diese Anfechtung ausblieb, sah sich das Landgericht nicht veranlasst, über Schadenersatzfragen inhaltlich zu entscheiden. Denn eine Schadenersatzpflicht entfalle, „wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden“.

Im Kern folgte die 19. Zivilkammer unter Vorsitz von Martin Schulz damit dieser Linie: Eon habe damals nicht das Naheliegende versucht, nämlich vor das Verwaltungsgericht zu ziehen, und dürfe sich daher über die Folgen im Nachhinein auch nicht beschweren. Ein Sprecher des Eon-Konzerns sagte: „Wir prüfen die Entscheidung des Gerichts.“ Eon sehe seinen verlangten Schadenersatzanspruch im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung am Bundesgerichtshof BGH, daher sei „eine Berufungseinlegung wahrscheinlich“, teilte er mit.

Im März 2011 hatte die Bundesregierung unter dem Eindruck des Reaktorunglücks an der japanischen Ostküste sieben deutsche Meiler herunterfahren lassen. Nach dem dreimonatigen Moratorium folgte die Änderung des Atomgesetzes mit dem endgültigen Aus für zunächst acht Kraftwerke und dem Ausstiegsszenario für die übrigen Anlagen bis Ende 2022.

Geklagt in Hannover hatte die inzwischen in PreussenElektra umbenannte Tochter Eon Kernkraft GmbH. Sie wandte sich gegen die von Bayern und Niedersachsen 2011 verhängte vorübergehende Betriebseinstellung der Atomkraftwerke Isar 1 und Unterweser. In der Klage ging es um Ansprüche gegen Bayern, Niedersachsen und die Bundesrepublik.

Das Urteil des Gerichts steht vor dem Hintergrund einer politischen Gemengelage über das Für und Wider und die Sicherheit der Atomkraft. Die Kammer argumentiert, dass Eon die aufschiebende Wirkung mit dem Gang zum Verwaltungsgericht durchaus zumutbar gewesen sei: „Für die betroffenen Kernkraftwerke lagen Betriebsgenehmigungen vor.“ Erst kurz vor der Fukushima-Katastrophe sei eine Laufzeitverlängerung für die Kernkraftwerke beschlossen worden. „Die Klägerin trägt zudem selbst vor, die Situation der deutschen Kernkraftwerke sei mit der in Japan nicht vergleichbar.“ Die Kammer ließ daher auch das Argument nicht gelten, dass der öffentliche Druck damals zu groß gewesen sei, um ein Weiterlaufen der Meiler durchzuziehen. Die Kernenergie sei in Deutschland schon immer umstritten, was Eon auch gewusst habe.

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