Türkische Botschaft in Berlin eröffnet – Erneut Granatbeschuss aus Syrien
(30.10.2012/dpa)
Die Türkei bekommt nach fast 70 Jahren wieder eine Vertretung im historischen Botschaftsviertel Berlins. Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan eröffnet am Dienstag die neue Botschaft seines Landes. Zu der Zeremonie werden neben Bundesaußenminister Guido Westerwelle mehr als 1400 Gäste erwartet. Die Kosten für das Gebäude werden auf rund 30 Millionen Euro beziffert.
Im Rahmen seines Deutschland-Besuches trifft Erdogan am Mittwoch zu politischen Gesprächen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel. Dabei werde auch um die Lage in Syrien und um die Situation syrischer Flüchtlinge gehen. Die Bundesregierung ist bisher der Ansicht, dass den Flüchtlingen am besten in der Region geholfen werden kann. Berlin hat dafür über 50 Millionen Euro für humanitäre Hilfe zur Verfügung gestellt, vor allem für Flüchtlinge in Syrien selbst, in Jordanien und im Libanon. Über 100 000 syrische Flüchtlinge haben bisher in der Türkei Zuflucht gefunden.
Eine Aufnahme syrischer Flüchtlinge in Deutschland schließt die Bundesregierung nicht aus. Das müsse aber europäisch und international abgestimmt werden, betonte das Auswärtige Amt. Grünen-Chefin Claudia Roth forderte Merkel auf, Erdogan direkte Hilfe zuzusagen. Gegenüber der Nachrichtenagentur dpa sagte sie: „Angela Merkel muss deutlich machen, dass wir angesichts des Flüchtlingsdramas ein glaubwürdiges Angebot machen, Flüchtlinge auch bei uns aufzunehmen.“
Parallel zum Besuch Erdogans reist Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger an diesem Dienstag zu einem viertägigen Besuch in die Türkei. Nahe der türkisch-syrischen Grenze will sie ein Camp für Flüchtlinge aus Syrien besuchen.
Unterdessen nahm das türkische Militär wieder Stellungen der syrischen Armee unter Beschuss, nachdem eine aus Syrien abgefeuerte Granate auf einem Feld in der Nähe des türkischen Dorfes Besaslan einschlug. Nach Angaben der türkischen Nachrichtenagentur Anadolu wurde dabei niemand verletzt.
Wer tatsächlich die Verantwortung für den Granatbeschuss auf türkisches Territorium trägt, ist indes noch offen. „Wir sind nicht sicher, ob diese Granaten von der syrischen Armee, von Rebellen, die die Türkei in den Konflikt ziehen wollen, oder von der PKK stammen“, sagte der Oberbefehlshaber der US-Landstreitkräfte in Europa, Generalleutnant Mark P. Hertling, am Sonntag im türkischen Fernsehen. Auch die Türkei könne die Herkunft der Geschosse momentan nicht genau zurückverfolgen.
Kundgebung in Berlin
Erdogans militärisches Eingreifen in den syrischen Konflikt – er ließ die türkische Armee am Montag erneut auf den Granateneinschlag mit dem Beschuss syrischen Territoriums reagieren – wird nicht nur von der Mehrheit der Bevölkerung in der Türkei abgelehnt. Auch große Teile der in Deutschland lebenden Türken und Kurden lehnen militärische Interventionen der Türkei ab. Mit einer Großkundgebung vor dem Brandenburger Tor in Berlin wollen Migrantenverbände daher am Mittwoch ab 10.30 Uhr gegen die Politik der türkischen Regierung demonstrieren. (1)
(1) http://www.jungewelt.de/2012/10-30/011.php