Türkei: Menschenrechtskonvention teilweise außer Kraft gesetzt

(21.07.2016/dpa)

Die Türkei setzt nach der Verhängung des Ausnahmezustands die Europäische Menschenrechtskonvention Medienberichten zufolge teilweise aus. Vize-Ministerpräsident Numan Kurtulmus verwies nach übereinstimmenden Angaben türkischer Medien vom Donnerstag auf Artikel 15 der Konvention, der einen solchen Schritt in Kriegs- oder Notstandszeiten mit Einschränkungen erlaubt. Auch Frankreich hat die Konvention nach den Anschlägen von Paris teilweise ausgesetzt, ebenso wie die Regierung in Kiew wegen der Gewalt in der Ostukraine.

Kurtulmus sagte nach Angaben der Zeitung Hürriyet: „Unser Ziel ist es, den Ausnahmezustand so kurz wie möglich zu halten.“ Er hoffe, dass er bereits nach einem bis eineinhalb Monaten wieder aufgehoben werden könne – statt der verhängten drei Monate. Er sicherte zu: „Es wird keine Ausgangssperre geben. Bei den Grundrechten werden keine Zugeständnisse gemacht werden.“

Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hatte als Begründung für den Ausnahmezustand angegeben, effektiver gegen Anhänger des Predigers Fethullah Gülen im Staatsdienst vorgehen zu können, den er für den Drahtzieher des am Samstag niedergeschlagenen Putschversuches hält.

In der Konvention ist die Aussetzung bestimmter Grundrechte nicht möglich, etwa das Recht auf Leben. Das Recht auf Leben ist auch nach der türkischen Verfassung nicht vom Ausnahmezustand berührt.

Die Opposition warnte indes vor einer Alleinherrschaft von Präsident Erdogan. Die türkische Gesellschaft sei gezwungen gewesen, zwischen einem Putsch und einem undemokratischen Regime zu wählen, teilte die pro-kurdische Partei HDP am Donnerstag mit. „Diese Wahlmöglichkeit lehnen wir ab.“ Der Putschversuch sei zu einer Gelegenheit geworden, alle Gegner der Regierung auszuschalten und die demokratischen Rechte und Freiheiten weiter einzuschränken, hieß es.

Auch die größte Oppositionspartei CHP verurteilte die Verhängung des Ausnahmezustands. „Das war Illoyalität, Undank und ein ziviler Putsch gegen das Parlament“, sagte CHP-Fraktionschef Özgür Özel dem TV-Sender CNN Türk vor einer Sitzung des Parlaments. Beide Parteien hatten den Putschversuch – wie auch die ultrarechte MHP – kurz nach dessen Beginn Ende vergangener Woche verurteilt.

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