Türkei: Gewalt eskaliert

(10.08.2015/dpa)

Bei einem Bombenanschlag und einem anschließenden Angriff auf eine Polizeiwache in der türkischen Millionenmetropole Istanbul sind mindestens vier Menschen getötet worden. Bei den Toten handele es sich um einen Polizisten und drei der Angreifer, teilte Istanbuls Gouverneur Vasip Sahin mit.

Auch das US-Konsulat in Istanbul wurde am Montag angegriffen. Zwei Terroristinnen hätten das Feuer auf die diplomatische Vertretung eröffnet, teilte der Gouverneur mit. Eine der Frauen sei verletzt festgenommen worden. Ansonsten wurden bei dem Angriff keine Verletzten gemeldet. Das US-Konsulat liegt rund 35 Kilometer Luftlinie von der angegriffenen Polizeiwache entfernt.

Bei einem weiteren Sprengstoffanschlag in der südosttürkischen Provinz Sirnak wurden am Montag vier Polizisten getötet, wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu meldete. Beim Beschuss eines Militärhubschraubers in derselben Provinz kam nach Armeeangaben ein Soldat ums Leben.

Vor der Wache im Istanbuler Viertel Sultanbeyli detonierte gegen 01.00 Uhr Ortszeit eine Autobombe, wie Anadolu meldete. Der Gouverneur teilte mit, dabei seien ein Angreifer getötet sowie sieben Zivilisten und drei Polizisten verletzt worden. Später wurde die Wache beschossen. Bei dem anschließenden Gefecht starben nach Angaben der Nachrichtenagentur DHA der Polizist, der das Bombenentschärfungsteam leitete, und zwei Angreifer, unter ihnen eine Frau.

Zunächst blieb unklar, wer die Tat begangen hat. Der Sender CNN Türk berichtete, es werde davon ausgegangen, dass die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) verantwortlich sei. Auch die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK greift derzeit täglich türkische Sicherheitskräfte an. Ebenfalls in Betracht könnte die ebenfalls verbotene linksextreme Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front (DHKP-C) kommen. Sie sorgte im März für Aufsehen, als sie einen Staatsanwalt in Istanbul zur Geisel nahm.

Die Gewalt eskaliert seit einem schweren Selbstmordanschlag auf die sozialistische Jugendföderation Sosyalist Gençlik Dernekleri Federasyonu (SGDF) in der südtürkischen Grenzstadt Suruc am 20. Juli, der dem IS zugeschrieben wurde. Dort riss ein Attentäter 32 Menschen mit in den Tod. Zwei Tage danach töteten PKK-Kämpfer zwei Polizisten, denen sie Kollaboration mit dem IS vorwarfen. Am 24. Juli griff die türkische Luftwaffe zunächst Stellungen des IS in Nordsyrien und dann solche der PKK im Nordirak an. Fast alle Luftangriffe seitdem galten der PKK.

Seit Beginn der Eskalation des Konflikts zwischen der PKK und der Regierung wurden bei Anschlägen und Gefechten in der Türkei mehr als 40 Menschen getötet, die meisten davon Angehörige der Sicherheitskräfte. Anadolu meldete am Sonntag unter Berufung auf anonyme Sicherheitsquellen, bei den grenzüberschreitenden Schlägen der türkischen Luftwaffe seien bislang 390 PKK-Kämpfer getötet worden, darunter vier Anführer und dreißig Frauen. Die PKK spricht dagegen von geringen eigenen Verlusten, allerdings seien viele Zivilisten getötet worden.

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