TTIP-Leseraum: Abgeordnete nehmen Einsicht in Geheimunterlagen
(01.02.2016/dpa)
Nach monatelangem Tauziehen können die Abgeordneten des Bundestags seit dem heutigen Montag eine zeitlich strikt begrenzte Einsicht in die Verhandlungsdokumente zum transatlantischen Freihandelsabkommen TTIP nehmen. In einem eigens dafür eingerichteten Leseraum im Bundeswirtschaftsministerium dürfen die Parlamentarier die geheimen Papiere lesen. Für die Abgeordneten gelten allerdings strenge Regeln: So müssen sie beispielsweise ihr Mobiltelefon abgeben, damit sie keine Fotos von den vertraulichen Dokumenten machen können. Ein Sicherheitsbeamter werde „während der gesamten Dauer Ihres Besuches anwesend sein“, wie aus einem Merkblatt für die Parlamentarier hervorgeht.
Über das Gelesene müssen sie Verschwiegenheit wahren, eine Offenlegung von Textinhalten kann strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Zudem sind die Termine im Leseraum auf jeweils zwei Stunden begrenzt. Bis Ende der vergangenen Woche lagen nach Angaben des Bundestags 39 Anmeldungen vor.
Die bisherige Geheimhaltung war ein wichtiger Kritikpunkt an den TTIP-Verhandlungen. Erst nach monatelangen scharfen Protesten hatten die USA und die EU-Kommission eingewilligt, dass auch Bundestagsabgeordnete sich die Unterlagen anschauen dürfen. Bislang konnten nur wenige Vertreter von Bundesministerien in der Berliner US-Botschaft Dokumente unter scharfen Auflagen einsehen, Abgeordnete hatten keinen Zugang.
Der Fraktionsvize der Linken, Klaus Ernst, sprach nach seinem ersten Besuch im Leseraum von einer Farce: „Die vorgelegten handelsrechtlichen Texte sind in Englisch, für drei Abgeordnete stand nur eine Dolmetscherin des Wirtschaftsministeriums zur Verfügung.“
Auch die Grünen-Abgeordnete Bärbel Höhn nahm am Montag einen ersten Einblick in die geheimen Verhandlungsunterlagen und kritisierte die damit verbundenen Auflagen. Eigentlich müsse man die komplizierten Schriftstücke mit Experten diskutieren. „Das ist aber aufgrund der Geheimhaltungsvorschriften nicht möglich.“
Höhn erwartet keine schnelle Einigung bei den Verhandlungen. „In vielen wichtigen Kapiteln gibt es kaum substanzielle Einigungen“, sagte die Abgeordnete. Eine Klärung in der Amtszeit von US-Präsident Barack Obama, die noch ein Jahr läuft, hält Höhn deshalb für sehr unwahrscheinlich. „Damit ist insgesamt fraglich, ob es jemals zu einer Unterzeichnung von TTIP kommt.“