Tankwagenmassaker in Afghanistan: Zu Guttenberg gerät in Bedrängnis
(02.11.2009/dpa/hg)
Die SPD hat Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) aufgefordert, zum NATO-Bericht über mögliche Fehler des deutschen Oberst Georg Klein beim Luftangriff auf zwei Tanklastwagen in Afghanistan Stellung zu nehmen.
Auf Anordnung des ISAF-Kommandeurs Klein waren die von Aufständischen entführten Fahrzeuge am 04. September bombardiert worden. Dabei sind nach afghanischen Angaben etwa 100 Menschen getötet worden. Darunter auch Kinder.
Nach Informationen des „Spiegel“ zeigt der NATO-Bericht klare Fehler in der deutschen Operationsführung auf. Klein habe sich nicht an die Einsatzregeln gehalten.
Klein habe die Luftunterstützung mit der Begründung angefordert, seine Truppen hätten Feindberührung. Dabei befanden sich in der Nähe der Tankwagen gar keine ISAF-Soldaten. Klein habe es außerdem abgelehnt, die F-15-Jagdbomber zur Warnung für die um die Fahrzeuge versammelten Menschen zunächst nur im Tiefflug über die entführten Tanklaster hinwegfliegen zu lassen.
Der Generalinspekteur der Bundeswehr, Wolfgang Schneiderhan, hatte dagegen nach einer ersten Auswertung der NATO- Untersuchung gesagt, er habe keinen Grund daran zu zweifeln, dass Oberst Klein und die deutschen Soldaten militärisch angemessen gehandelt haben.
Dem „Spiegel“ zufolge hat die Bundesregierung die NATO gedrängt, sich in dem Untersuchungsbericht mit einer Beurteilung zurückzuhalten.
Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rainer Arnold, sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ am Montag: „Ich habe insgesamt den Eindruck, es soll nach wie vor abgewiegelt werden.“ Aus dem verständlichen Versuch, Klein in Schutz zu nehmen, dürfe nicht resultieren, dass man Fehler nicht offen benenne, betonte Arnold.
SPD und Grüne fordern eine schnelle Einsicht in den geheim gehaltenen Bericht. „Das Parlament muss zeitnah und ohne Verzögerung unterrichtet werden“, sagte Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin dem „Tagesspiegel“ in seiner Montagsausgabe.
Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums sagte der dpa am Sonntag, damit sei Anfang der Woche zu rechnen.
Die in englischer Sprache verfasste NATO-Studie solle zunächst übersetzt werden. Die deutsche Fassung könnten die Fraktionsspitzen dann in der Geheimschutzstelle des Bundestags einsehen, hatte das Verteidigungsministerium mitgeteilt.
Der SPD-Verteidigungsexperte Hans-Peter Bartels sowie Grünen-Fraktionschef Trittin forderten, den Originalbericht unverzüglich einzusehen. „Eine solche rührende Fürsorge des Ministeriums brauchen die Fraktionschefs nicht“, sagte Bartels mit Blick auf die angekündigte Übersetzung.
Unterdessen prüft die sächsische Generalstaatsanwaltschaft , ob gegen Oberst Georg Klein ein Verfahren wegen fahrlässiger Tötung eingeleitet werden muss.