Streit um Mindestlohn-Gesetz

(09.04.2015/dpa)

Rund einhundert Tage nach dem Inkrafttreten des Mindestlohns in Deutschland spitzt sich der Streit um das Gesetz zu. Arbeitsministerin Andrea Nahles erteilte Forderungen nach Änderungen am Donnerstag eine Absage. Aus der Wirtschaft kamen nachdrückliche Aufforderungen zur Nachbesserung. Der Parlamentskreises Mittelstand der Unions-Fraktion forderte Kanzlerin Angela Merkel auf, „die Ministerin zu Entbürokratisierungsmaßnahmen anzuweisen“.

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An diesem Freitag vor hundert Tagen wurde die Lohnuntergrenze von 8,50 Euro brutto eingeführt. Am 23. April wollen die Koalitionsspitzen mögliche Änderungen beraten. Nahles sicherte – wie in der Koalition verabredet – eine Bestandsaufnahme zu. Der Mindestlohn habe keine erkennbaren Jobverluste oder spürbaren Preissteigerungen gebracht. Viele Menschen würden bessergestellt. Der Mindestlohn sei ein Erfolg.

Änderungsbedarf am Mindestlohngesetz sieht die SPD-Politikerin nicht. Dass der Koalitionsausschuss sich mit einer der größten Sozialreformen auseinandersetze, finde sie gut. „Das heißt nicht, dass wir das Gesetz infrage stellen müssen.“ Sie zeigte sich lediglich mit Blick auf ein anderes Gesetz, das Arbeitszeitgesetz, „gesprächsbereit“ für praxisnähere Ausgestaltungen. Konkret wurde sie dabei nicht.

Dieses Gesetz sieht eine Höchstarbeitszeit von zehn Stunden pro Tag vor – ausnahmsweise von zwölf Stunden. Solche Ausnahmen zu beantragen ist aber heute oft bürokratisch. Experten halten hier Vereinfachungen für möglich. Verstöße werden heute zudem wenig kontrolliert, zuständig sind Landesbehörden. Das könnte sich ändern, weil wegen des Mindestlohns künftig der Zoll den Arbeitgebern stärker auf die Finger guckt.

Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer kritisierte die Pflichten zur Aufzeichnung der Arbeitszeit. „Betriebe, die zum Beispiel viel höhere Löhne als den gesetzlichen Mindestlohn zahlen, müssen vollständig von den bürokratischen Regelungen ausgenommen werden“, sagte Kramer der Passauer Neuen Presse.

Nahles entgegnete, diese Verpflichtungen führten nicht zu monströser Bürokratie. Änderungen seien für sie hier kein Thema. Rückendeckung bekommt die Ministerin von den Gewerkschaften. „Die Pflicht zur Dokumentation der Arbeitszeit ist unverzichtbar, um die Einhaltung des Mindestlohnes kontrollieren zu können“ sagte Verdi-Chef Frank Bsirske der Deutschen Presse-Agentur. Die Chefin der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), Michaela Rosenberger, sagte, für die Kritiker scheine es „eine neue Erkenntnis zu sein, dass man jede geleistete Arbeitsstunde zu bezahlen und entsprechende Sozialgaben zu leisten hat“.

Kritik am Mindestlohngesetz kommt allerdings nicht nur aus Richtung der Arbeitgeber. Der Vorsitzende der Linken, Bernd Riexinger, hält den Mindestlohn für zu niedrig, zudem habe dieser zu viele Ausnahmen.

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