Steinmeier: Streit um Äußerungen zur NATO hält an
(20.06.2016/dpa)
SPD-Chef Sigmar Gabriel teilt die kritische Haltung von Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) an der Russland-Politik der NATO. Steinmeier habe völlig Recht, wenn er darauf hinweise, die NATO nicht in Zeiten des Kalten Krieges zurückzuführen, sagte Gabriel am Montag in Berlin. „Wir müssen mit Russland im Gespräch bleiben.“ Das sei die Lehre der Entspannungspolitik.
Der Vorwurf an Steinmeier, dieser bewege sich mit seinen Äußerungen außerhalb des westlichen Bündnisses, „der ist absurd“. Die NATO sei nicht schwach, das wisse auch Russland. Gabriel warnte, erst finde eine Eskalation der Sprache statt, dann Manöver und schließlich würden weitere Waffensysteme gekauft.
Auch Bundespräsident Joachim Gauck verteidigte den Außenminister gegen den Vorwurf mangelnder Bündnistreue. „Wenn führende Politiker sich Gedanken machen, wie ein besseres Gesprächsklima hergestellt werden kann zu Moskau, dann kann das ja wohl nicht bedeuten, dass das gleichzeitig ein Abrücken ist von Vertragstreue, die für uns Deutsche selbstverständlich ist.“
Steinmeier hatte der Bild am Sonntag gesagt: „Was wir jetzt nicht tun sollten, ist durch lautes Säbelrasseln und Kriegsgeheul die Lage weiter anzuheizen. Wer glaubt, mit symbolischen Panzerparaden an der Ostgrenze des Bündnisses mehr Sicherheit zu schaffen, der irrt.“
Am Montag untermauerte der SPD-Politiker seine Kritik an der Russland-Politik des Militärbündnisses. Er habe den Eindruck, dass die NATO den Austausch und Dialog im Augenblick völlig vergesse, sagte Steinmeier am Rande eines Treffens mit EU-Amtskollegen in Luxemburg. Seiner Meinung nach müsse es auch darum gehen, Möglichkeiten zu suchen, um Konflikte zu entspannen. Abschreckung werde am Ende nicht ausreichen.
Bei CDU-Politikern stießen Steinmeiers Äußerungen hingegen auf scharfe Kritik. Während CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn den Außenminister als „Putin-Versteher“ zu verunglimpfen trachtete, forderte der stellvertretende CDU-Vorsitzende Volker Bouffier Steinmeier auf, seine Kritik an den NATO-Manövern zur Abschreckung Russlands klarzustellen. „Ich glaube das ist das falsche Signal an Putin“, sagte der hessische Ministerpräsident am Montag vor einer Sitzung des CDU-Präsidiums in Berlin.
Auch die Frage der gegenüber Russland von der EU verhängten Sanktionen sorgt für Streit. Sigmar Gabriel sprach er sich erneut für eine schrittweise Lockerung der wegen des Ukraine-Konflikts verhängten westlichen Sanktionen aus – wenn Moskau Erfolge beim Minsker Friedensprozess vorweisen kann.
Die CSU und die Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (vbw) haben sich ebenfalls für einen Abbau der Sanktionen ausgesprochen. „Beide Seiten sind sich einig, dass die Sanktionen seit zwei Jahren die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland – in besonderer Weise auch Bayern – und Russland stark beeinträchtigen“, heißt es in einer Erklärung, die CSU und vbw nach einer gemeinsamen Präsidiumssitzung am Montag veröffentlichten. Und weiter: „Sanktionen dürfen kein Dauerzustand sein. Blockdenken ist nicht mehr zeitgemäß.“
Für den Europaexperten der Union, Elmar Brok, steht die anstehende Verlängerung der Strafmaßnahmen der EU für weitere sechs Monate hingegen „außer Frage“. Eine stufenweise Lockerung, wie von einigen EU-Ländern vorgeschlagen, käme für ihn erst im Anschluss in Betracht – „und auch nur dann, wenn es Fortschritte im Friedensprozess gibt“, betonte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Europaparlament gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung. „Die wirtschaftlichen Sanktionen, also die, die richtig weh tun, dürfen nur nach vollständiger Umsetzung (des Friedensabkommens) von Minsk beseitigt werden“, sagte der CDU-Politiker.
Wenige Tage vor einer Entscheidung der EU über eine Verlängerung der Sanktionen hatte Russlands Präsident Wladimir Putin nach einem Treffen mit dem italienischen Regierungschef Matteo Renzi erklärt, Russland könnte seine Sanktionen gegen die EU aufheben, sollte es Fortschritte für eine Friedenslösung in der Ukraine geben. Moskau müsse aber sicher sein, von der EU „nicht reingelegt“ zu werden. Es müsse klar sein, dass Europa Druck auf Kiew ausübe, die Vereinbarungen von Minsk zu erfüllen.
Die Europäische Union hat ab 2014 eine Reihe von Sanktionen gegen Moskau wegen dessen Rolle im Ukraine-Konflikt verhängt. Russland hatte danach seinerseits Sanktionen gegen die EU beschlossen.