Sparkasse kündigt Regierungskritiker
Betreiber des politischen Blogs „Fassadenkratzer“ von Kündigung des Spendenkontos betroffen / Sparkasse Pforzheim-Calw nennt keine Begründung / Betroffener wehrt sich juristisch
(Diese Meldung ist eine Übernahme von multipolar)
Die Sparkasse Pforzheim-Calw hat dem Betreiber des politischen Blogs „Fassadenkratzer“ das Girokonto gekündigt. Nach Angaben des Betroffenen, Herbert Ludwig, endet damit am 31. Oktober 2024 eine jahrzehntelange Geschäftsbeziehung. In den vergangenen knapp zwei Jahren erbat der Blogger öffentlich Unterstützung für seine journalistische Arbeit auf das Konto. Die Kündigung reiht sich ein in das Vorgehen zahlreicher Banken gegen oppositionelle Journalisten und andere Regierungskritiker in den vergangenen Jahren. Laut Multipolar-Recherchen wurden in Deutschland seit 2020 allein rund 40 regierungskritischen Akteuren aus der Medienwelt die Konten gekündigt.
Herbert Ludwig ist vom Vorgehen seiner Bank überrascht, erklärt er auf Multipolar-Anfrage. Mit der Kontoführung zusammenhängende Gründe gebe es nicht. Noch Anfang des Jahres sei er in der Sparkassen-Zweigstelle freundlich zum Beratungsgespräch empfangen worden. 50 Jahre lang seien seine Frau und er Kunden der Bank. Das Konto habe er auch in letzter Zeit wie gewohnt genutzt. Nun weicht Ludwig auf ein Ersatzkonto aus. „Nach den Erfahrungen vieler anderer“ müsse er aber jederzeit mit einer weiteren Kündigung rechnen, erklärt Ludwig, der früher als Lehrer arbeitete. Um das neue Konto zu schützen, hält er die Bankdaten privat und bittet stattdessen um Spenden über den US-amerikanischen Zahlungsdienst Paypal. Für den Blogger bedeutet das einen Gebühren-Abzug.
Ludwig zufolge hat die Sparkasse die Kündigung nicht begründet. Der Vorstandsvorsitzende der Bank, Hans Neuweiler, widerspricht auf Multipolar-Anfrage: Ludwig sei „über die Gründe informiert“. Näheres wollte der Manager mit Blick auf das Bankgeheimnis und die Datenschutzbestimmungen nicht mitteilen. Allerdings findet sich in entsprechenden Schreiben der Sparkasse an Ludwig, die Multipolar vorliegen, tatsächlich keine Begründung für die Kündigung. Unbeantwortet blieb damit auch die Frage, wie die Sparkasse die Kündigung mit ihrem gesetzlichen Auftrag vereinbart. Im Gegensatz zu privaten Geldinstituten haben die öffentlich-rechtlichen Sparkassen einen Versorgungsauftrag. Sie dürfen Konten nicht willkürlich kündigen. Es bedarf dazu eines sachgerechten Grunds, wie der Deutsche Sparkassen- und Giroverband auf Multipolar-Anfrage mitteilt.
Am 30. September 2024 reichte Ludwig nach eigener Aussage Klage gegen die Sparkassenkündigung ein. Ludwigs Anwalt zufolge sei die Kündigung unwirksam, da vonseiten der Sparkasse weder ein sachgerechter Grund für das Ende der Geschäftsbeziehung genannt wurde noch ein solcher ersichtlich sei. Die Bank trägt „für das Vorhandensein eines solchen Kündigungsgrundes die volle Darlegungs- und Beweislast“, erläuterte der Anwalt. Kündigungen, die gegen das „Willkürverbot“ verstoßen, seien nichtig. Der Fall geht nun vor das Landgericht Karlsruhe. Ludwig rechnet mit Prozesskosten in Höhe von einigen Tausend Euro, sollte das Verfahren zu seinen Ungunsten enden.