Selenski sanktioniert politische Konkurrenten
Zwangsmaßnahmen gegen fünf ukrainische Oligarchen: Ausreise- und Auftrittsverbot sowie Konfiszierung des Vermögens / Betroffener Amtsvorgänger Poroschenko: Selenski missbraucht Kriegsrecht / Ukrainische Medien: Selenski säubert politischen Raum
(Diese Meldung ist eine Übernahme von multipolar.)
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski hat Sanktionen gegen fünf ukrainische Politiker und Konzerneigentümer verhängt. Darunter befinden sich auch frühere und aktuelle politische Konkurrenten Selenskis wie sein Amtsvorgänger Petro Poroschenko oder der ehemalige Oppositionsführer Viktor Medwedtschuk. Der Beschluss gehe auf den Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrat der Ukraine zurück, dessen Mitglied Selenski ist, berichtet die ukrainische Nachrichtenagentur „Unian“. Die Sanktionen umfassen unter anderem die Sperrung von Vermögenswerten, die Verhinderung eines Kapitalabzugs aus der Ukraine und die Einschränkung von Handelsgeschäften. Die Generalstaatsanwaltschaft der Ukraine teilte mit, sie habe gegen alle fünf Personen Ermittlungsverfahren „wegen schwerer und besonders schwerer Verbrechen“ eingeleitet.
Selenski sagte, jeder, der die nationale Sicherheit der Ukraine „zerstört“ und Russland geholfen habe, werde zur Verantwortung gezogen. Die Bürger wären „schockiert“, wenn sie wüssten, „wie während des Krieges Leute Gelder, die angeblich zur Unterstützung des Militärs eingerichtet wurden, dazu verwenden, das Geld zu waschen und es an Mitglieder ihrer Partei weiterzugeben“, erklärte der ukrainische Präsident. „Die Milliarden, die durch den Verkauf der ukrainischen Interessen und der ukrainischen Sicherheit verdient wurden“, würden nun blockiert und für die Verteidigung der Ukraine eingesetzt. Die individuellen Sanktionen seien zeitlich unbegrenzt. Der Sicherheits- und Verteidigungsrat erklärte, die Sanktionen seien Folge einer Bedrohung der nationalen Sicherheit und der territorialen Integrität der Ukraine. Ukrainische Medien debattieren über mögliche Hochverratsprozesse gegen die fünf Betroffenen.
Zu den Sanktionierten gehört der Multimilliardär Petro Poroschenko, der von 2014 bis 2019 Präsident der Ukraine war und weiterhin in der Politik seines Landes aktiv ist. Neben der staatlichen Konfiszierung des Vermögens von Poroschenko, sprach sein Nachfolger Selenski auch ein Ausreiseverbot gegen den Ex-Präsidenten aus. Zudem darf er nicht mehr öffentlich auftreten. Poroschenko erklärte, die Maßnahmen gegen ihn seien „illegal“ und „politisch motiviert“. Selenski missbrauche das Kriegsrecht, um die Ukraine in ein „autoritäres Regime“ zu verwandeln. Anstatt sich für die Verhandlungen mit US-Präsident Donald Trump oder auf die Münchener Sicherheitskonferenz vorzubereiten, habe Selenski sich „den ganzen Tag“ nur mit Sanktionen gegen ihn befasst, kritisierte Poroschenko. Diese verhinderten nun, dass er sein Vermögen für die Belange der ukrainischen Armee einsetzen könne. Abgeordnete von Poroschenkos Partei protestierten mit Transparenten im ukrainischen Parlament.
Die ukrainische Zeitung „Strana“ erklärte bereits in einem Bericht Ende Januar, dass Selenski seit Jahren gegen Poroschenko vorgehen wollte. Allerdings sei dieser durch Joe Biden während dessen Amtszeit als US-Präsident geschützt worden. Der neue US-Präsident Trump werde diesen Schutz jedoch nicht gewähren. Selenski habe nun „freie Hand“, die politische Landschaft „aufzuräumen“. Bereits im Wahlkampf 2019 als Selenski in der Stichwahl direkt gegen Poroschenko antrat, kündigte er an: „Herr Poroschenko, ich bin ihr Urteil!“
Poroschenko wäre bei kommenden Präsidentschaftswahlen in der Ukraine ein gefährlicher Gegner, heißt es weiter bei „Strana“. Nicht nur er selbst sei wegen seiner „anti-russischen“ Haltung eine „Bedrohung“ für den amtierenden Präsidenten, sondern auch Poroschenkos aktive Medien- und Parteistruktur, die von anderen Konkurrenten Selenskis wie dem früheren Armeechef Waleri Saluschni genutzt werden kann. Saluschni, der im Februar 2024 von Selenski als Kommandant der Streitkräfte entlassen und zum Botschafter in London ernannt worden war, führt in ukrainischen Umfragen seit Monaten mit deutlichem Vorsprung und wird von mehreren Oppositionsparteien als Kandidat umworben. Ein geplantes Verbot von Poroschenkos Partei „Europäische Solidarität“ dementierte das ukrainische Justizministerium heute (14. Februar) jedoch.
Ebenfalls von Selenski sanktioniert wurden die ukrainischen Milliardäre Konstantin Schewago, Igor Kolomoiski und Gennadi Bogoljubow. Während der Stahlkonzernbesitzer Schewago und der frühere „Privatbank“-Eigentümer Bogoljubow im Ausland leben, sitzt Kolomoiski in ukrainischer Untersuchungshaft. Der Oligarch und frühere Gouverneur, der auch israelischer Staatsbürger ist, galt lange als Förderer Selenskis, da dessen Comedy-Fernsehshow „95. Quartal“ und die Serie „Diener des Volkes“ auf Kolomoiskis TV-Sender „1+1“ ausgestrahlt wurde. Der fünfte Sanktionierte ist der frühere Parlamentsabgeordnete Viktor Medwedtschuk. Er war Vorsitzender der inzwischen verbotenen ukrainischen „Oppositionsplattform für das Leben“ und nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine vom Geheimdienst SBU festgenommen worden. Im September 2022 wurde Medwedtschuk im Austausch gegen 200 kriegsgefangene ukrainische Soldaten an Russland übergeben.
Bereits im Januar hatte Selenski Sanktionen gegen 18 teils hochrangige ukrainische Politiker im Exil verhängt, die er als „Verräter“ bezeichnete. Darunter sind der frühere stellvertretende Ministerpräsident Juri Boiko vom in der Ukraine verbotenen „Oppositionsblock“, genauso wie Jewgeni Murajew, Vorsitzender der in der Ukraine verbotenen Partei „Unsere“ (Naschi), sowie Petro Simonenko, Vorsitzender der in der Ukraine ebenfalls verbotenen Kommunistischen Partei.
In der ukrainischen Öffentlichkeit wird spekuliert, die Sanktionen Selenskis dienten der Absicherung eines Sieges bei möglichen Präsidentschaftswahlen. Aus dem Umfeld von US-Präsident Trump waren zuletzt baldige Wahlen in der Ukraine gefordert worden. Der russische Präsident Wladimir Putin hatte im Mai 2024 kurz nach dem Auslaufen der regulären Amtszeit Selenskis erklärt, dieser sei nicht mehr legitimer Präsident der Ukraine. Mit ihm könne Russland keinen rechtmäßigen Vertrag abschließen. In einem Interview mit dem Sender „RBK Ukraina“ hatte Selenski am 5. Februar gesagt „Während des Krieges ist unsere Bevölkerung gegen die Wahl. Das ganze Volk ist dagegen.“ Wahlen würden nur Russland helfen, erklärte Selenski. Dafür müsse das Kriegsrecht aufgehoben werden und die Soldaten würden nach Hause zu ihren Familien gehen.