Prozessbeginn zehn Jahre nach Tankerunglück und Ölkatastrophe vor der Küste Spaniens
(15.10.2012/dpa)
Der Untergang des Tankers Prestige im November 2002 vor der Nordwestküste Spaniens hatte die größte Umweltkatastrophe in der Geschichte des Landes ausgelöst. Im größten Vogelsterben in Europa verendeten 250.000 Seevögel. Fast zehn Jahre später wird morgen in der galicischen Hafenstadt La Coruña der Prozess vor dem Landgericht eröffnet.
Auf der Anklagebank werden keine Eigentümer des Schiffes, keine Verantwortlichen der Reederei und keine Mitglieder der damaligen spanischen Regierung sitzen. Angeklagt sind vielmehr der griechische Kapitän, der Erste Offizier und der Maschinist des Tankers sowie der damalige Chef der spanischen Hafenbehörde. Für den 77 Jahre alten Kapitän, den Hauptangeklagten, fordert die Staatsanwaltschaft zwölf Jahre Haft wegen eines Umweltvergehens und wegen Missachtung von Anweisungen der spanischen Behörden.
Die Prestige war am 13. November 2002 in einem Sturm im Atlantik leckgeschlagen. Giftiges Schweröl strömte ins Meer. Die Madrider Regierung ließ das Schiff auf das offene Meer hinausschleppen. Dort zerbrach der Tanker in zwei Teile und sank mit seiner giftigen Fracht (insgesamt 77.000 Tonnen Öl) auf den Grund des Meeres.
Die Ermittlungen führte ein Gericht im Küstenstädtchen Corcubión. Die Richter in dem 2000-Seelen-Ort, die sich normalerweise mit Erbstreitigkeiten oder Scheidungsfällen befassen, scheinen dem Geflecht von Reedern, Ölfirmen und Subunternehmen machtlos gegenüberzustehen. Die 26 Jahre alte Prestige gehörte einer Firma in Liberia, fuhr für eine griechische Reederei unter der Flagge der Bahamas, hatte einen griechischen Kapitän sowie eine rumänisch-philippinische Besatzung.
Das Gericht muss auch darüber entscheiden, wer für die Schäden aufkommen soll, die das Tankerunglück verursacht hatte. Die Staatsanwaltschaft beziffert die Summe auf über zwei Milliarden Euro. Einige Fischer, die im Kampf gegen die Ölpest mitgeholfen hatten, leiden noch an Atembeschwerden.