Prozess: Kroatische Kriegsverbrecher zu hohen Haftstrafen verurteilt

(15.04.2011/dpa)

Wegen Mordes, Vertreibungen und Plünderungen  an serbischen Zivilisten in der seinerzeit von Serben bewohnten Region Krajina ist der  kroatische General Ante Gotovina am Freitag vom Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) in Den Haag  zu 24 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Das Gericht sah die Kriegsverbrechen als erwiesen an.

In dem vor drei Jahren eröffneten Prozess mussten sich Gotovina und zwei weitere angeklagte Generäle wegen hunderter Morde  verantworten, die 16 Jahre zurückliegen. Der ebenfalls als Verantwortlicher für die kroatische Militäroperation „turm“ im Jahr 1995 angeklagte Ex-General Mladen Markac erhielt eine Gefängnisstrafe von 18 Jahren. Dabei sei der angegriffene Gesundheitszustand des früheren Chefs der kroatischen Sonderpolizei berücksichtigt worden, sagte der Vorsitzende Richter Alphons Orie bei der Urteilsverkündung. Für Markac hatte die Anklage 23 Jahre Gefängnis verlangt. Ein weiterer Ex-General, der sich neben Gotovina verantworten musste, wurde freigesprochen. Die Vorwürfe von Kriegsverbrechen gegen den früheren Garnisonskommandanten Ivan Cermak seien von der Anklagevertretung nicht hinreichend bewiesen worden.

In Kroatien werden Gotovina und seine Mordkumpane ungeachtet ihrer Bluttaten als Nationalhelden verehrt. Die katholischen Bischöfe des Landes appellierten an die Gläubigen, für Freisprüche zu beten. Kroatiens konservative Regierungschefin Jadranka Kosor äußerte die Überzeugung, dass Gotovina und die Generäle Ivan Cermak und Mladen Markac freigesprochen werden müssen. Sie seien Kommandeure in einem „gerechten Befreiungskrieg“ gewesen. Veteranenverbände riefen zu einer Demonstration im Zentrum von Zagreb auf. Prozessbeobachter hatte nicht ausgeschlossen, dass die Richter das Beweismaterial als nicht ausreichend betrachten und sich deshalb für Freisprüche entscheiden könnten.

Gotovina und die beiden anderen Kommandeure hatten im August 1995 die „Operation Sturm“ zur Rückeroberung der von kroatischen Serben 1991 proklamierten Republik Krajina geleitet. Die militärische Aktion gilt vielen Kroaten als nationaler Befreiungsakt, bei dem alle Mittel gerechtfertigt gewesen seien. Nach Darstellung von Staatsanwalt Alan Tieger wurden dabei mehr als 300 Serben umgebracht und mehr als 90.000 mit brutaler Gewalt vertrieben. Ein unter dem Namen „Documenta“ agierender Zusammenschluss privater Hilfsorganisationen erklärte vor der Urteilsverkündung, es seien mehr als 150.000 Serben vertrieben, mehr als 600 Zivilisten ermordet sowie mehr als 22.000 Häuser zerstört worden.

Gotovina war im Dezember 2005 auf der spanischen Kanareninsel Teneriffa verhaftet und nach Den Haag überstellt worden. Er gehörte zu den am meisten gesuchten mutmaßlichen Kriegsverbrechern des ICTY.

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